Eine Verlegung zur geriatrischen Komplexbehandlung (OPS 8-550) bei nachvollziehbar, dokumentierten Grund (hier: Bettenkapazitätsmangel) verletze das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht

S 60 KR 2053/20 | Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 30.03.2022

Die Beteiligten streiten über die durch die Verlegung einer behandelten Patientin verursachten Mehrkosten.
Der MDK gelangte in seiner gutachtlichen Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass eine primäre Fehlbelegung vorgelegen habe. Im verlegenden sei eine vorhanden. Das Wirtschaftlichkeitsgebot hätte eine Verlegung in die klinik-interne Geriatrie gefordert. Es lägen keine medizinischen Gründe für die Verlegung vor. Die Verweildauer im aufnehmenden Krankenhaus sei um fünf auf zehn Belegtage zu kürzen.

Zur Überzeugung der Kammer verstößt eine Verlegung ohne medizinische oder organisatorische Gründe gegen den Versorgungsauftrag und begründet eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 BGB.

Denn zum einen ist der Krankenhausträger nach § 17c Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 KHG verpflichtet, vorzeitige Verlegungen oder Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen zu verhindern. Zum anderen bezweckt die Zuordnung der Frührehabilitation zu den allgemeinen Krankenhausleistungen nach § 2 Absatz 2 Nr. 5 KHEntgG, das Rehabilitationspotential im Rahmen der Krankenhausbehandlung konsequenter zu nutzen und die Qualität der Versorgung der Versicherten zu verbessern […] Vorliegend scheidet eine Pflichtverletzung zur Überzeugung der Kammer allerdings aus, da das Krankenhaus durch die Vorlage des Verlegungsbriefes der behandelnden Ärzte einen organisatorischen Grund für die Verlegung nachgewiesen hat. […]

Eine Erschöpfung der Betten auf einer speziell für die Erbringung dieser Leistung vorgehaltenen indiziert indes zur Überzeugung der Kammer die Erschöpfung der Kapazitäten im verlegenden Haus. Denn die Anzahl der im Feststellungsbescheid für die Erbringung der Leistung festgesetzten Betten ist eng mit den jeweiligen Personalschlüsseln verknüpft, zumal das im Operationen- und Prozedurenschlüssel 8-550 der geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung eine überwiegende Tätigkeit der in der zugehörigen geriatrischen Einheit fordert. Überdies fordern die Mindestmerkmale einen „teamintegrierten Einsatz“ der Therapiebereiche sowie ein multiprofessionelles Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung, das sich eng bezüglich der Behandlungsergebnisse und Behandlungsziele abzustimmen hat. Diese enge Abstimmung und der teamintegrierte Einsatz der Therapien wird zur Überzeugung der Kammer bei Erbringung der Leistung ausschließlich auf Betten der Akutstationen, die zudem in aller Regel in unterschiedlich weit entfernten verschiedenen Stationen des jeweiligen Krankenhauses liegen dürften, erheblich erschwert, was letztlich zu einer Einbuße bei der Qualität der Behandlung der Versicherten und damit wiederum zu einer unwirtschaftlichen Leistung führt. Vor diesem Hintergrund ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass eine geriatrische Frührehabilitation bereits auf der Akutstation begonnen werden darf. Wenn allerdings absehbar ist, dass in der Folge – wie vorliegend – mangels kurzfristig verfügbarer Kapazitäten in der klinikeigenen geriatrischen Station keine Folgebehandlung auf dieser spezialisierten Station durchgeführt werden kann, ist – wie erfolgt – eine möglichst frühzeitige Verlegung in ein anderes Haus zu veranlassen.

Es genüge der Hinweis auf den Mangel eines kurzfristig verfügbaren Platzes (in der klinikeigenen Geriatrie) in dem unterschriebenen Verlegungsbrief zum Nachweis eines organisatorischen Grundes. Die Vorlage der Bettenstatistik oder von Dienstplänen ist nicht erforderlich. […]

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