Keine Fallzusammenführung aufgrund wirtschaftlichen Alternativverhaltens wegen – fiktiver – Beurlaubung ohne Einwilligung des Patienten

S 11 KR 649/17 | Sozialgericht , Urteil vom 07.11.2018 

Ein Patient wurde wegen eines bekannten Plasmozytoms und Wirbelkörpermetastasen in TH12/LWK5 är behandelt. Durchgeführt wurde eine Stabilisierung der Wirbelkörper. Laut Entlassungsbrief sei dem Versicherten von den behandelnden Ärzten die Stabilisierung an beiden Trochanterregionen bei sehr ausgedünnten Corticalis bei Plasmozytom-Befall mittels PFN zur Frakturprophylaxe empfohlen worden. Diesen Eingriff habe der Patient jedoch abgelehnt und für die nächsten Wochen die häusliche Erholung gewünscht. Die Behandlung wurde mit Rechnung  auf Grundlage der DRG E09A mit einem Behandlungskostenerlös in Höhe von 20.399,67 EUR abgerechnet.

Im Rahmen einer weiteren stationären Krankenhausbehandlung zum späteren Zeitpunkt erfolgte eine Osteosynthese des Femurs. […]

Der kam zum Ergebnis, dass eine Fallzusammenführung aufgrund „wirtschaftlichen Alternativverhaltens“ wegen – fiktiver – des Patienten vorzunehmen sei.

Auch unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor urteilte das Sozialgericht. Denn die erste stationäre Behandlung des Versicherten war bei Entlassung bereits abgeschlossen, so dass auch eine – fiktive – Beurlaubung von vornherein nicht gegeben sein kann. Darüber hinaus setzt auch eine – fiktive – Beurlaubung im Sinne dieser Vorschrift denknotwendig einen entsprechenden – geäußerten – Willen bzw. eine erklärte Einwilligung des Patienten, sich beurlauben zu lassen, voraus, die zum Zeitpunkt seiner Entlassung gerade nicht feststellbar sind. Entgegen der Auffassung der Krankenkasse ist diese Voraussetzung schon aufgrund des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts „Patientenautonomie“ unverzichtbar und daher nicht im Sinne einer mutmaßlichen Einwilligung interpretationsfähig.

Die Patientenautonomie als verfassungsrechtlich geschütztes kann nicht durch das des § 12 SGB V – auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. „wirtschaftlichen Alternativverhaltens“ – außer Kraft gesetzt bzw. eingeschränkt werden. Die Annahme einer „Zwangsbeurlaubung“ eines Patienten bei Entlassung aus dem Krankenhaus, d. h. ohne geäußerten Willen bzw. ohne erklärte Einwilligung des Patienten in eine in diese Klinik zur Durchführung der empfohlenen Behandlung, kommt daher von vornherein nicht in Betracht.

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit

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