EBM-Abrechnungsbetrug: Nachträglich eingereicht, frei erfundene Dokumentationen erfüllen den Tatbestand des Betrugs und Fälschung
2 Ls 106 Js 10145/22 | Amtsgericht Neu-Ulm, Urteil vom 26.06.2024
Ein Vertragsarzt, der Abrechnungsdokumente durch frei erfundene Anamneseprotokolle ergänzt, um die Plausibilität von Abrechnungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung zu rechtfertigen, erfüllt sowohl den Tatbestand des Betrugs (§ 263 StGB) als auch der Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB).
Der Angeklagte, ein Facharzt für Allgemeinmedizin, betrieb mehrere Praxen und rechnete im Zeitraum von 2019 bis 2020 Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung (GOP 35100 EBM) in 7.016 Fällen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) ab. Diese Leistung erfordert eine mindestens 15-minütige differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Zusammenhänge sowie deren schriftliche Dokumentation.
Trotz Kenntnis der Dokumentationspflicht und der Abrechnungsvorgaben erstellte der Angeklagte nur unzureichende oder gar keine Dokumentationen. Dennoch gab er in den Quartalsabrechnungen an, die Leistungen korrekt erbracht zu haben. Dadurch entstand der KVB ein Schaden von 96.357,14 Euro.
Im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung forderte die KVB später die fehlenden Dokumentationen an. Der Angeklagte ergänzte daraufhin die Dokumente nachträglich mit frei erfundenen Protokollen.
Das Gericht sah die Tatbestände des Betrugs (§ 263 StGB) sowie der Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB) als erfüllt an. Es handelte sich um einen besonders schweren Fall des Betrugs, da der Angeklagte wiederholt und systematisch handelte, um sich eine Einnahmequelle von erheblicher Dauer und Gewicht zu sichern.