Fallzusammenführung: Bei der Prüfung wirtschaftlichen Alternativerhaltens ist keine ex-post-Betrachtung vorzunehmen

L 4 KR 72/17 | Landessozialgericht , vom 25.01.2019

Zur Frage der Fallzusammenführung bei (noch) fehlendem Therapieplan mit zur (weiteren) stationären Weiterbehandlung zum Zeitpunkt der Entlassung

Hintergrund waren die stationären Behandlungen eines wegen Magenkarzinom. Es erfolgte eine Bauchspiegelung. Laut Operationsbericht zeigte sich makroskopisch kein Anhalt für eine Peritonealkarzinose. Einige Tage nach Entlassung des Patienten ging der pathologische Befund der entnommenen Proben ein, wonach im entnommenen Probematerial kein Anhalt für Malignität vorliege. Bei der interdisziplinären Tumorkonferenz empfahlen die Ärzte deshalb eine Magenresektion. Von einer Biopsie der Nierentumore wurde Abstand genommen. Bezüglich dieser sollte eine Resektion angestrebt werden. Zunächst sollten jedoch die Ergebnisse der Magenresektion abgewartet werden. Im Entlassungsbericht empfahlen die Ärzte von chirurgischer Seite eine primäre Operation des Magenkarzinoms. Einige Tage nach der Tumorkonferenz befand sich der Patient dann zur Magenresektion in vollstationärer Behandlung.

Für den Aufenthalt in der die Laparoskopie erfolgte,  wurde die Fallpauschale (DRG = Diagnosis Related Group) G19A (Andere Eingriffe an Magen, Ösophagus und Duodenum mit komplizierender Konstellation oder bei bösartiger Neubildung) berechnet. Wegen Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer um drei Behandlungstage nahm das Krankenhaus einen entsprechenden Abzug vor. Für den Aufenthalt nach Vorliegen der Histologie und Entschluss zur Magenresektion berechnete das Krankenhaus die DRG G03C (Große Eingriffe an Magen, Ösophagus und Duodenum ohne hochkomplexem Eingriff, ohne komplizierende Konstellation).

Die Krankenhaus beauftragte  ihren Sozialmedizinischen Dienst (SMD) mit einer „Vollprüfung“ der Abrechnungen für beide Aufenthalte wegen Zweifel an der Wirtschaftlichkeit. Die beiden Krankenhausaufenthalte seien auffällig. Aufgrund der übermittelten Diagnosen und Operationsschlüssel handele es sich bei dem zweiten Aufenthalt um eine Komplikation des ersten Aufenthalts, weshalb eine im Sinne des § 2 Abs. 3 Fallpauschalenvereinbarung () vorliege. Der MDK kam zum Ergebnis, dass es sich Medizinisch bei beiden Aufenthalten um dasselbe Krankheitsbild handelte. Die invasive und die operative Therapie seien im Rahmen eines einzigen stationären Krankenhausaufenthalts unter Nutzung der oberen Grenzverweildauer und unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots ausreichend möglich gewesen.

Das Krankenhaus widersprach dieser Vorgehensweise und verwies darauf, dass die Voraussetzungen des § 2 FPV nicht erfüllt seien.

Bereits in der Vorinstanz bekam das Krankenhaus . Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, es habe kein Grund für eine Zusammenfassung der Falldaten der Krankenhausaufenthalte  bestanden. Die Voraussetzungen von § 2 FPV lägen nicht vor. Der zweite Aufenthalt sei keiner „Komplikation“ im Zusammenhang mit dem ersten geschuldet gewesen. Davon gehe mittlerweile auch die Krankenkasse aus, die sich nur noch auf das Wirtschaftlichkeitsgebot berufe. Aber auch dieses rechtfertige vorliegend keine Fallzusammenführung.

Das Landessozialgericht urteilte zu Gunsten des Krankenhauses. Das Krankenhaus berechnete die Höhe der für die zwei Krankenhausaufenthalte sachlichrechnerisch zutreffend.

  • Die Voraussetzungen einer Fallzusammenführung nach § 2 FPV lagen nicht vor
  • Das Krankenhaus verstieß auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot
  • Eine Beurlaubung lag nicht vor.
  • Die vollstationäre Weiterbehandlung im ersten Aufenthalt des Patienten hätte keinem „wirtschaftlichen Alternativerhalten“ entsprochen

Zu den Anforderungen an eine Aufrechnung nach § 9 PrüfvV 2015

Nach einem Hinweis des Senats auf § 9 Satz 2 PrüfvV hat die Krankenkasse ausgeführt, es ergebe sich keine Verschärfung der Anforderungen an die Aufrechnungserklärung. Es genüge, wenn der Zahlungsverkehr zwischen Krankenkasse und Krankenhaus durch Zahlungsavis nachvollziehbar sei. Das der Krankenkasse genüge weder den allgemeinen Anforderungen an eine Aufrechnungserklärung noch den Anforderungen des § 9 Satz 2 PrüfvV, weil die Hauptforderung, gegen die die Krankenkasse aufrechnen will, nicht bezeichnet und auch die Gegenforderung nicht in der Höhe des Betrages ausgewiesen wird, den sie in der Folge von Rechnungen vom Krankenhauseinbehalten hat, so das LSG. Mit der Erklärung, den überzahlten Betrag von „einer der nächsten Rechnungen“ einzubehalten, sind außerdem möglicherweise Forderungen umfasst, die noch gar nicht entstanden waren. Gegen eine künftige Forderung kann jedoch nicht aufgerechnet werden.

Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg

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