Berechnung der Beatmungsstunden (hier: nach DKR 2010) bei maschinelle nichtinvasive Beatmung durch Masken-CPAP/ASB

L 1 KR 251/14 | Sächsisches , vom 15.07. 

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung, insbesondere über den Umfang berücksichtigungsfähiger Beatmungsstunden.

Nach dem Wortlaut der DKR sind Spontanatmungsstunden als Beatmungsstunden mitzuzählen, wenn der Wechsel von Beatmung und Spontanatmung in einer Phase der „Entwöhnung“ erfolgt. Hierzu hat das BSG entschieden, dass eine Entwöhnung im Sinne der DKR 1001h nur dann vorliegen soll, wenn sich der Patient zuvor an die maschinelle Beatmung gewöhnt habe […]

Dieser Auslegung des BSG vermag der Senat nicht zu folgen, weil sie weder in dem Wortlaut der DKR 1001h noch im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch eine Grundlage findet. Anders als der Begriff der „Entwöhnung“ taucht der Begriff der „Gewöhnung“ in der DKR 1001h an keiner Stelle auf und wird daher dort auch nicht definiert, schon gar nicht als erhebliche Einschränkung oder Verlust der Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmen zu können. Dagegen ist in der DKR 1001h von „Entwöhnung“ mehrfach in verschieden Zusammenhängen die Rede, so von „Periode der Entwöhnung“, „Methode der Entwöhnung“, „Dauer der Entwöhnung“, „Ende der Entwöhnung“. Diesen Bestimmungen lässt sich entnehmen, dass die Beatmung im vergütungsrechtlichen Sinne während der Periode der Entwöhnung noch nicht beendet ist, obwohl diese Periode durch ein Nebeneinander von künstlicher Beatmung (Atemunterstützung) und beatmungsfreien Intervallen gekennzeichnet ist. Da die Entwöhnung Beatmungsintervalle voraussetzt, kann sie nach unterschiedlichen Methoden erfolgen. Eine (Mindest-)Dauer der Atemunterstützung ist während der Entwöhnung nur bei einer Methode, nämlich bei der Masken-CPAP, festgesetzt. Das Ende der Entwöhnung ist mit Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation erreicht. Die im Normtext nicht erwähnte „Gewöhnung“ liest das BSG in die DKR 1001h hinein, weil sie „begrifflich“ in der „Entwöhnung“ mit enthalten sei. Argumentiert wird also mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem es entspreche, dass einer Entwöhnung eine Gewöhnung vorauszugehen habe. Die so in die DKR 1001h hineingelesene Gewöhnung definiert das BSG ersichtlich in Analogie zu Suchterkrankungen als eine über einen längeren Zeitraum erworbene Abhängigkeit, der nur mit einer Entwöhnungsbehandlung begegnet werden kann (vgl. die Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger bei der Akutbehandlung [Entzugsbehandlung] und der medizinischen Rehabilitation [Entwöhnungsbehandlung] Abhängigkeitskranker vom 04.05.2001). Außer Betracht bleibt dabei, dass die „Entwöhnung“ von der künstlichen Beatmung ein spezifisch medizinischer Begriff ist, dem der Sinngehalt zukommen muss, der ihm im medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch beigemessen wird. […]

Nach einer eng am Wortlaut orientierten und den medizinisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauch berücksichtigenden Auslegung setzt die Entwöhnung im Sinne der DKR 1001h keine vorherige Gewöhnung an die künstliche Beatmung voraus

Der Senat habe hingewiesen, dass die DKR 1001h nach ihrem eindeutigen Wortlaut eine Mindestdauer der Atemunterstützung von sechs Stunden nur im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung verlangt, nicht aber für die maschinelle nichtinvasive Beatmung durch Masken-CPAP/. Vorliegend erfolgte bei der Versicherten zu keinem Zeitpunkt eine maschinelle Unterstützung der Atmung allein durch CPAP, sondern zuletzt eine maschinelle nichtinvasive Beatmung durch Masken-CPAP/ASB. Die DKR 1001h unterscheidet aber zwischen „assistierter nichtinvasiver Beatmung“ (CPAP/ASB) und „Atemunterstützung“ (CPAP). Nur wenn die Entwöhnung mit Unterstützung durch Masken-CPAP erfolgt, gilt die Einschränkung, dass die Spontanatmung zuletzt mindestens sechs Stunden durch Masken-CPAP unterstützt (und nicht assistiert nichtinvasiv beatmet) wurde. Dies war vorliegend nicht der Fall. […]

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit

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