Zulässigkeit der Abrechnung des Zusatzentgelts ZE131 (PKMS) trotz individueller Pflegesatzvereinbarungen nach VBE 2019
L 16 KR 171/23 | Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.02.2025
Ein Krankenhaus, das als „Besondere Einrichtung“ im Sinne der VBE 2019 anerkannt ist und mit den Kostenträgern tagesgleiche Pflegesätze vereinbart hat, kann daneben ein bundesweit kalkuliertes Zusatzentgelt (hier: ZE131.02 für Hochaufwendige Pflege) abrechnen, wenn die Voraussetzungen der FPV erfüllt seien. Die individuelle Budgetvereinbarung schließt die Abrechnung solcher bundeseinheitlichen Zusatzentgelte nicht aus.
Ein Fachkrankenhaus für neurologische Frührehabilitation (Phase B) für Kinder und Jugendliche in Brandenburg, behandelte im Jahr 2019 einen Versicherten vollstationär. Neben den vereinbarten tagesgleichen Pflegesätzen verlangte sie die Vergütung des Zusatzentgeltes ZE131.02 (Hochaufwendige Pflege von Kleinkindern oder von Kindern und Jugendlichen), welches bundesweit mit einem Festbetrag von 6.481,56 € belegt war.
Die beklagte Krankenkasse verweigerte die Zahlung unter Hinweis darauf, dass der Pflegeaufwand bereits durch die vereinbarten Pflegesätze abgegolten sei. Das Sozialgericht in Potsdam wies die Klage ab. Nach seiner Auffassung sollten die Pflegesätze den gesamten Pflegeaufwand abdecken. Das Zusatzentgelt ZE131.02 sei nicht separat vereinbart worden und daher nicht abrechnungsfähig.
Die Berufung der klagenden Klinik hatte Erfolg. Das Landessozialgericht hob das Urteil auf.
Bundesweit vereinbarte Zusatzentgelte nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 KHEntgG dürfen grundsätzlich neben individuellen Pflegesatzvereinbarungen abgerechnet werden. Die individuelle Budgetvereinbarung (VBE 2019) zwischen Krankenhaus und Kostenträgern schließe die Abrechnung solcher Zusatzentgelte nicht aus, da sie ausschließlich die individuell verhandelten Entgelte regelt, nicht jedoch bundeseinheitliche Zusatzentgelte abändert oder verdrängt. Zudem verweist § 3 Satz 3 der VBE ausdrücklich auf die Möglichkeit, zusätzliche Entgelte gemäß den Fallpauschalenvereinbarungen (FPV) abzurechnen.
Das LSG betonte, dass die Systematik der Krankenhausfinanzierung Besonderer Einrichtungen wie dem klagenden Fachkrankenhaus nicht dazu führen dürfe, diese gegenüber anderen Krankenhäusern schlechter zu stellen. Eine Interpretation, wonach die Vereinbarung von Pflegesätzen die Möglichkeit zur Abrechnung bundeseinheitlicher Zusatzentgelte ausschlösse, widerspräche dem gesetzgeberischen Willen und dem Zweck der Sonderregelungen für Besondere Einrichtungen.
Abschließend führte das Gericht aus, dass der hohe pflegerische Aufwand, der durch das Zusatzentgelt ZE131.02 abgegolten wird (über 100 Pflegepunkte), einen besonderen Mehraufwand darstelle. Dieser Mehraufwand ist nicht durch die pauschalen tagesgleichen Pflegesätze abgedeckt und rechtfertige daher die zusätzliche Abrechnung des Zusatzentgeltes.