Die Durchführung einer transvaskulären Aortenklappen-Implantation (TAVI) in einer Klinik ohne herzchirurgische Abteilung entsprach im Jahr 2013 nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse/Qualitätsgebot

B 1 KR 18/20 R | Bundessozialgericht, Entscheidung vom 16.08.2021 – Terminbericht 33/21

Die Durchführung einer transvaskulären Aortenklappen-Implantation (TAVI) in einem Krankenhaus ohne herzchirurgische Fachabteilung verstieß im Jahr 2013 gegen das allgemeine Qualitätsgebot. Dieses stellt auch Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität der Behandlung. Dies ergibt sich auch aus § 135a Abs 1 Satz 2 SGB V. Danach müssen nicht nur die Leistungen als solche dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen, sondern sie müssen auch in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden. Konkretisiert werden die Mindestanforderungen an die Struktur- und Prozessqualität nach § 137 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V in der hier noch maßgeblichen Fassung in erster Linie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA). Mindestanforderungen an die Struktur- und Prozessqualität, die von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute aufgrund des Standes der medizinischen Erkenntnisse befürwortet werden, sind vom Krankenhaus auch ohne verpflichtende Vorgabe des GBA oder durch Normenverträge zu beachten. […]

Danach entsprach die Durchführung der TAVI im Krankenhaus der Klägerin im Jahr 2013 nicht dem Qualitätsgebot. Es existierten keine rechtlich verbindlichen Vorgaben über die bei der Durchführung von TAVI-Behandlungen zu beachtenden Anforderungen an die Strukturqualität. Diese sind mit der MHI-RL des GBA erst im Jahr 2015 in Kraft getreten. Die Durchführung der TAVI in einer Klinik ohne herzchirurgische Abteilung entsprach nach den Feststellungen des LSG im Jahr 2013 nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Es gab jedenfalls keinen breiten fachlichen Konsens darüber, dass TAVI-Leistungen auch in Krankenhäusern ohne herzchirurgische Fachabteilung erbracht werden konnten. Einen solchen breiten fachlichen Konsens gab es auch nicht für das von der Klägerin praktizierte Kooperationsmodell. Zudem handelte es sich bei der TAVI im Jahr 2013 noch um eine relativ neue und hochkomplexe Behandlungsmethode. Auch aus diesem Grund war es geboten, im Interesse des Versichertenschutzes den „sicheren“ Weg zu wählen und die TAVI-Behandlung spezialisierten Krankenhäusern vorzubehalten, in denen beide Fachabteilungen vorhanden waren.

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