IMC ohne unmittelbar ärztliche Verfügbarkeit entspricht keine intensivmedizinische Versorgung mit der Folge, dass Beatmungsstunden bei der Kodierung nicht zu berücksichtigen sind

S 38 KR 674/17 | Sozialgericht Dresden, Urteil vom 19.08. 

Obwohl der Versicherte nach der Dokumentation unstreitig und gutachterlich bestätigt mehr als 95 Stunden beatmet wurde, war nicht berechtigt, die Beatmungsstunden bei der Kodierung in Ansatz zu bringen.

Die spezielle Kodierrichtlinie zur maschinellen Beatmung 1001 DKR 2013 bestimmt, dass (nur) bei intensivmedizinisch versorgten Patienten eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen kann, wenn diese an Stelle der bisher üblichen oder Tracheotomie eingesetzt werden. Die entsprechenden Beatmungszeiten sind nur dann zu kodieren, wenn „die obige Definition“ erfüllt ist.

Die Kammer konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass der Umfang des auf der IMC im streitigen Zeitraum verfügbaren Personals dem Standard einer Intensivstation entsprach. Zu diesem Kriterium hat das gefordert, dass ein Arzt bei auftretenden Krisen unmittelbar eingreifen, entsprechende Notfallkompetenz besitzen und die Intensivapparatur zielgerecht einsetzen können muss […] Darüber hinaus orientiert sich die Kammer für den einer intensivmedizinischen Versorgung an den „Empfehlungen zur Struktur und Ausstattung von Intensivstationen“ der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin vom 30.11.2010 […]

Die Kammer stellt fest, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum auf ihrer IMC zwar mehr Personal als auf einer Normalstation, aber immer noch erheblich weniger als in dem von der DIVI empfohlenen Umfang einsetzte. Denn bei 10 Behandlungsplätzen waren der Station C-0/IMC insgesamt nur zwei Fachärzte und drei Assistenzärzte anstelle des empfohlenen Umfanges (sieben Stellen zuzüglich Leiter und dessen Vertretung) zugeordnet. Auch der empfohlene Schlüssel an (2:1) wurde auf der IMC der Klägerin (4:1) deutlich unterschritten. Die Kammer lässt dahinstehen, ob nur bei Erfüllen aller genannten Kriterien von einer intensivmedizinischen Versorgung ausgegangen werden kann. Im Hinblick darauf, dass auf der IMC der Klägerin am ehesten Patienten mit „Ein-Organ-Versagen“ behandelt werden, könnte ein etwas geringerer Personalbedarf erforderlich sein als auf einer Intensivstation mit Patienten mit „Mehr-Organ-Versagen“. Dagegen kommt dem Erfordernis der Anwesenheit eines Arztes auf der Station selber an 24 Stunden an sieben Tagen der Woche besondere Bedeutung zu. Dieses Erfordernis ist dem lebensbedrohlichen krisenhaften Zustand der Patienten, die einer intensivmedizinischen Versorgung bedürfen, geschuldet und zwar ganz unabhängig davon, ob es sich um ein „Mehr-Organ-Versagen“ oder um ein „Ein-Organ-Versagen“ handelt. Dieser Zustand macht die jederzeitige unmittelbare Verfügbarkeit ärztlicher Hilfe notwendig. Das Kriterium der unmittelbaren ärztlichen Verfügbarkeit wurde bereits vom BSG als wichtiges Kriterium der intensivmedizinischen Versorgung genannt gewinnen (BSG, Urteil vom 28.02.2007 – B 3 KR 17/06 R – juris Rn. 19) und ist nicht abdingbar. Es findet sich auch in der Neufassung der 1001 DKR im Jahr 2020 wieder. Dieses Kriterium war im streitigen Zeitraum auf der IMC nicht erfüllt.

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit

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