Erweise sich die Gabe von Dibotermin alfa (OPS 6-003.4) als Überlegen gegenüber der Gabe von Knochenersatzstoffen oder Eigenknochen insbesondere hinsichtlich der Fusionsrate, dem Blutverlust, und der OP-Dauer, so ist die medizinische Notwendigkeit und das Wirtschaftlichkeitsgebot begründet

S 18 KR 409/16 | Sozialgericht Wiesbaden, Urteil vom 30.08.2017

Im Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30.08.2017 (Az.: S 18 KR 409/16) wurde über die medizinische und wirtschaftliche Notwendigkeit der Anwendung von Dibotermin alfa bei einer komplexen Wirbelsäulenoperation entschieden. Der Fall thematisiert die Frage, ob der Einsatz eines spezifischen Medikaments zur Stabilisierung der Wirbelsäule unter Berücksichtigung der geltenden Regelungen zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung gerechtfertigt war. Das Gericht stellte sich im Rahmen der Prüfung sowohl den medizinischen Erfordernissen als auch den ökonomischen Gesichtspunkten.

Sachverhalt

Die Patientin wurde aufgrund seit Monaten zunehmender Beschwerden der Lendenwirbelsäule sowie pseudoradikulärer Schmerzen in beide Beine stationär aufgenommen. Eine radiologische Untersuchung zeigte eine Lockerung der Schrauben im Wirbelkörper L5, was zur Indikation einer operativen Versorgung führte. Diagnostiziert wurden eine Schraubenlockerung im Bereich Th9 sowie in den Wirbelkörpern L3, L4 und L5 beidseits, begleitet von einem Vakuumphänomen im Bereich L4/L5 sowie L5/S1, was auf eine kausale Spondylodese Th9-L5 zurückzuführen war. Im Rahmen des Eingriffs kam das Medikament Dibotermin alfa zum Einsatz, welches bereits bei einer früheren Operation im Jahr 2010 mit Erfolg verwendet worden war.

Die Klinik stellte für den Eingriff Kosten in Höhe von 21.318,72 € in Rechnung. Grundlage der Abrechnung war die Fallpauschale I06C sowie das Zusatzentgelt ZE2011-63 in Höhe von 2.950,- €.

Entscheidungsgründe

Das Sozialgericht Wiesbaden entschied zugunsten der Klinik und stellte fest, dass die Anwendung von Dibotermin alfa im konkreten Fall gerechtfertigt und notwendig war. Zentrale Argumentationspunkte waren:

  1. Medizinische Notwendigkeit: Die Klinik konnte schlüssig darlegen, dass Dibotermin alfa bei der Patientin aufgrund der multisegmentalen Lockerung der Schrauben und der schlechten Knochenqualität medizinisch indiziert war. Die bereits im Jahr 2010 durchgeführte Fusion unter Verwendung von Dibotermin alfa hatte eine feste knöcherne Verbindung geschaffen, weshalb das Medikament erneut zur Sicherstellung einer stabilen Fusion eingesetzt wurde.
  2. Alternativenprüfung: Nach den Regeln der ärztlichen Kunst war Dibotermin alfa hinsichtlich der Fusionsrate, des Blutverlusts und der Operationsdauer überlegen gegenüber der Verwendung von Knochenersatzstoffen oder Eigenknochen. Dies wurde durch aktuelle Fachliteratur bestätigt, was die Klinik überzeugend darlegte.
  3. Wirtschaftlichkeitsgebot: Das Gericht befand, dass der Einsatz von Dibotermin alfa den Anforderungen des Wirtschaftlichkeitsgebots entsprach. Trotz der höheren Kosten im Vergleich zu alternativen Materialien erwies sich das Medikament als die kosteneffizienteste Lösung, da es eine langfristig stabile Fusion ermöglichte und somit erneute Eingriffe oder postoperative Komplikationen vermied.

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