Die Kodierung einer Sepsis kann nicht abgelehnt werden, weil die Erkrankung noch nicht lebensbedrohlich war oder weil die Klinik kein bestimmtes vom MDK für erforderlich gehaltenes Behandlungsmanagement durchgeführt hat

L 11 KR 1049/18 | Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.01.2019

Die Kodierung einer Sepsis kann nicht abgelehnt werden, weil die Erkrankung noch nicht lebensbedrohlich war oder weil die Klinik kein bestimmtes vom MDK für erforderlich gehaltenes Behandlungsmanagement durchgeführt hat. Beides ist weder in der ICD-10-Klassifikation noch in den DKR 2016 noch in den Hinweisen der FAQ Nr 1007 als Voraussetzung für die Kodierung einer Sepsis enthalten. Auch der Verweis der Beklagten auf die erforderliche Gesamtbetrachtung steht der Kodierung als Sepsis nicht entgegen. Die Bewertung der Befunde muss im Hinblick auf ggf andere, gleichzeitig bestehende Krankheitszustände erfolgen und es muss feststehen, dass die Sepsis-Kriterien maßgeblich durch die Infektion begründet sind. Die Beklagte und der MDK vermochten dem Senat nicht plausibel zu machen, welche andere Krankheitszustände der Patientin außer der nachgewiesenen Infektion das Fieber, die erhöhte Herzfrequenz und die Leukozytose verursacht haben könnten. Soweit deshalb eine Sepsis schon dann kodiert werden darf, wenn beim Nachweis einer Bakteriämie (positive Blutkultur) zusätzlich zwei der sog SIRS-Kriterien erfüllt sind, ohne dass bereits eine lebensbedrohliche Organkomplikation eingetreten ist, muss dies hingenommen werden, solange die DKR oder die ICD-10-Klassifikation hierzu keine eindeutigen Regelungen enthalten. Wie zu entscheiden ist, wenn neue Leitlinien vorliegen, die dann möglicherweise mit den in der FAQ Nr 1007 enthaltenen Hinweisen nicht (mehr) übereinstimmen, lässt der Senat offen. […]

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit


Nach der sog Sepsis-3-Definition steht seit einigen Jahren das lebensbedrohliche Organversagen im Mittelpunkt. Sepsis ist jetzt als lebensbedrohliche Organdysfunktion infolge einer dysregulierten Immunantwort auf eine mutmaßliche Infektion definiert.

Dieser “Paradigmenwechsel” im Verständnis der Sepsis hatte allerdings im Jahr 2016 noch keinen Eingang in Leitlinien gefunden. Soweit deshalb eine Sepsis schon dann kodiert werden darf, wenn beim Nachweis einer Bakteriämie (positive Blutkultur) zusätzlich zwei der sog. SIRS-Kriterien erfüllt sind, ohne dass eine lebenbedrohliche Organkomplikation eingetreten ist, muss dies hingenommen werden, solange die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) und die ICD-10-Klassifikation hierzu keine eindeutigen Regelungen enthalten. Wie zu entscheiden ist, wenn neue Leitlinien vorliegen, lässt der Senat offen.

Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg

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