Für die Anerkennung als Intensivbehandlung / Abrechnung von Beatmungsstunden reicht es nicht aus, dass bei einem Patienten wegen schwerer Krankheiten und Behinderungen ein stark erhöhter Pflege- und Betreuungsbedarf besteht

L 1 KR 16/17 | Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , Urteil vom 23.05.2019

Eine 17 jährige Patientin litt u.a. an Enzephalomyelitis, Tetraparese, Polyneuropathie und einem apallischen Syndrom. Sie war mit einem Tracheostoma versorgt und musste künstlich beatmet und ernährt werden. Mit vertragsärztlicher Verordnung von wurde sie wegen eines akuten Harnweginfekts zur Behandlung aufgenommen. Nach der Behandlung auf der Kinderintensivstation wurde die Patientin in stabilem Allgemeinzustand entlassen.

Die Klinik rechnete hierfür die A11G 290 Beatmungsstunden ab. Der MDK  verneinte eine intensivmedizinische Behandlung und somit auch die Kodierung der Beatmungsstunden.

Das Potsdatum urteilte in der 1. Instanz für das Krankenhaus. Die Auslegung des Begriffs „intensivmedizinische Versorgung“ sei eine reine Rechtsfrage, die ohne die Hinzuziehung von Sachverständigen zu beantworten sei. Hinzuweisen sei auf die vom BSG in seinem Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R gegebene Definition der intensivmedizinischen Betreuung. Die Kammer sei der Überzeugung, dass sich eine intensivmedizinische Versorgung hier aus der Grunderkrankung der Versicherten ergebe, die eine besondere auf einer Intensivstation erforderlich gemacht habe. Nur auf einer Intensivstation sei die zeitnahe Reaktion auf besondere Umstände und Risiken möglich gewesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme es nicht darauf an, dass akut keine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen habe. Aus dem Wortlaut der Kodierrichtlinie ergebe sich kein Anhaltspunkt für ein solches Verständnis. Die legte gegen das Sozialgerichtsurteil Berufung ein.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg sieht die Berufung der Krankenkasse als begründet an. Das Potsdamer Sozialgericht habe zu Unrecht die Klage abgewiesen.
Zwar belegt die Beatmungspflichtigkeit eines grundsätzlich, dass mit der Atmung eine seiner Vitalfunktionen gestört ist. Wenn das aber bereits die intensivmedizinische begründen würde, wären alle heimbeatmeten Patienten bei ihrer Aufnahme in ein Krankenhaus grundsätzlich intensivbehandlungspflichtig. Die Kodierrichtlinien gehen indessen davon aus, dass es auch beatmungspflichtige Patienten gibt, die nicht intensivmedizinisch versorgt werden müssen. Deswegen müssen weitere Umstände über die Beatmungspflichtigkeit hinaus gegeben sein, um die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Versorgung im Sinne der Kodierrichtlinien für den hier fragliches Patientenkreis begründen zu können. Ausgehend von diesem Maßstab hat die Beklagte keine intensivmedizinische Behandlung der Versicherten der Klägerin vorgenommen. Dafür reicht nicht aus, dass die Versicherte auf einer Intensivstation untergebracht worden war und eine verstärkte Überwachung und pflegerische Betreuung stattgefunden haben mag. […] Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts vermag auch der völlig hilflose Zustand der Versicherten nicht eine Intensivbehandlungspflichtigkeit zu begründen … Denn dieser Zustand begründete noch nicht einmal eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit […]

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit

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