Das gesetzliche Aufrechnungsverbot darf nicht durch eine Vereinbarung nach Satz 3 der PrüfvV vollständig ausgehebelt werden
S 18 KR 732/22 | Sozialgericht Nürnberg, Urteil vom 27.04.2023
Nach § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V können in der vereinbarung nach § 17c Absatz 2 Satz 1 KHG abweichende Regelungen vorgesehen werden. Satz 3 schließt sich an Satz 2 an, welcher ausdrücklich zwei Ausnahmen vom gesetzlichen aufrechnungsverbot enthält, nämlich bei unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen.
§ 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V ermächtigt daher nach Ansicht der Kammer allenfalls zur Vereinbarung über die in Satz 2 explizit genannten Ausnahmen zum gesetzlichen Aufrechnungsverbot, Satz 1 ist steht aber nicht zur völligen Disposition. Das gesetzliche Aufrechnungsverbot darf nicht durch eine Vereinbarung nach Satz 3 vollständig ausgehebelt werden.
Die im August 2021 erklärte aufrechnung der Beklagten mit einer Forderung aus einem im Jahr 2021 entstandenen Behandlungsfalls verstößt mithin gegen das gesetzliche Aufrechnungsverbot des § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V und geht folglich ins Leere. […]
Unter Anwendung dieser Übergangsvorschriften der prüfvv wäre eine Aufrechnung zulässig, jedoch ist die Regelung einer vollständigen Aushebelung des gesetzlichen Aufrechnungsverbots nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 17c KHG gedeckt. Die PrüfvV ist ein untergesetzlicher Normvertrag der gemeinsamen Selbstverwaltungen der Krankenhäuser und krankenkassen. Für diesen bedarf es einer gesetzlichen Rechtsgrundlage, wie sie in § 17c KHG gegeben ist. Jedoch muss der vereinbarte Normvertrag auch von der Reichweite der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den Abschluss des Normvertrags gedeckt sein. […]