Inanspruchnahme von besonderen Mittel des Krankenhauses begründet vollstationäre Abrechnung auch bei Entlassung am gleichen Tag

L 11 KR 1930/16 |   Baden-Württemberg , Urteil vom 16.01.2018 (nicht rechtskräftig)

2 jähriger Patient wurde in einer Augenklinik zur Durchführung der Netzhautkontrolluntersuchung mit Funduskopie in Vollnarkose aufgenommen und nach stationärer Überwachung noch am selben Tag um 17:00 Uhr nach Hause entlassen. Das kodierte die Hauptdiagnose nach ICD-10 mit Z03.8 („Beobachtung bei sonstigen Verdachtsfällen“) und hierauf gestützt die  Z64B („Andere Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und Nachbehandlung nach abgeschlossener Behandlung ohne komplexe Radiojoddiagnostik“).

Der MDK kommentierte, dass die stationäre Behandlung medizinisch nicht notwendig gewesen sei. Es habe sich um eine primäre Fehlbelegung gehandelt. Es habe keine Operation und somit keine invasive Behandlung stattgefunden. Die Maßnahmen hätten sich rein auf die Diagnostik beschränkt. Es hätten keine Anhaltspunkte vorgelegen, dass es postinterventionell zu Komplikationen hätte kommen können. Außerdem hätten die Maßnahmen in der Augenklinik in der allgemeinen Ambulanz erfolgen und entsprechend abgerechnet werden können. Da die Versicherte bereits am Aufnahmetag wieder entlassen worden sei, fehle es außerdem an der physischen und organisatorischen Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses, weshalb eine stationäre Behandlung nicht vorliege.

Das LSG Baden Württemberg hat in 2 Instanz am 16.01.2018 entschieden, dass die Augenuntersuchung des als vollstationäre erforderlich war. Der Kläger hat hierfür zu Recht die DRG Z64B in Ansatz gebracht und gegenüber der Beklagten abgerechnet. Bei der vorliegenden Augenuntersuchung handelt es sich auch nicht um eine vorstationäre Behandlung im Sinne des § 115a Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V sowie einer Erstuntersuchung nach § 5 des Baden-Württembergischen Landesvertrages (LV) nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V.

Die vorzunehmende Gesamtabwägung ergibt daher, dass die Untersuchung des Augenhintergrunds bei bestehendem Verdacht auf ein Retinoblastom bei der im Zeitpunkt der Untersuchung knapp zweijährigen Versicherten nur unter Inanspruchnahme der besonderen Mittel des Krankenhauses vorgenommen werden konnte. Abzustellen ist auf die im konkreten Einzelfall medizinisch begründeten Behandlungsnotwendigkeiten. Neben der eigentlichen Diagnose können dies auch weitere Gründe sein, die maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung der im konkreten Einzelfall erforderlichen Behandlungsmaßnahmen haben, wie vorliegend neben dem Alter der Versicherten (knapp 2 Jahre) die Vorhaltung einer bestimmten apparativen Ausstattung, wie sie in der Ambulanz der Klägerin nicht vorhanden ist, und die Hinzuziehung eines in der Kinderanästhesie erfahrenen Anästhesisten.

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit


Bei Kindern im Alter zu ca drei Jahren ist zur Untersuchung der Netzhaut zum Ausschluss eines Retinoblastoms eine vollstationäre Krankenhausbehandlung als notwendig iSv § 39 SGB V zu betrachten.

Dem steht nicht entgegen, dass bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus eine Entlassung des Kindes noch am selben Tag geplant ist.

Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg

Das könnte Dich auch interessieren …