Abrechnung von Transportkosten zu Lasten der GKV, wenn Verlegungsfahrten ausschließlich aus zwingenden medizinischen Erfordernissen geboten sind

S 1 KR 3340/18 | Sozialgericht Reutlingen, Urteil vom 08.01.2020 rechtskräftig  

Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass mit den hier streitgegenständlichen Transportleistungen der Klägerin Verlegungen von zwischen den Kliniken V.-S und den Kliniken D. bzw. umgekehrt erfolgt sind, die aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich waren.

Während bei einer Verbringung ein Patient während eines stationären Krankenhausaufenthaltes zur Mitbehandlung in ein anderes Krankenhaus verbracht wird und er an demselben Tag wieder in ersteres Krankenhaus zurückkehrt, ist kennzeichnend für eine Verlegung, dass der Patient im Anschluss an den Transport in das Zielkrankenhaus eingegliedert wird. Entscheidend für eine Verlegung ist, dass der Patient dort in die stationären Abläufe des aufnehmenden Krankenhauses integriert wird, so dass die Gesamtverantwortung für die Behandlung vollständig vom Ausgangskrankenhaus auf das Zielkrankenhaus übergeht.

Ebenso unstreitig ist, dass die hier streitgegenständlichen Transportleistungen aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig bzw. erforderlich waren. Mit der Einfügung des Merkmals „aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich“ in § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V zum 01.01.2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (Bundesgesetzblatt I Seite 2190) sollte ausweislich der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 15/1525, Seite 94) sichergestellt werden, dass Verlegungsfahrten zwischen den an der Erbringung stationärer Leistungen beteiligten Krankenhäusern nur dann zu Lasten der gesetzlichen abgerechnet werden können, wenn diese Verlegungsfahrten ausschließlich aus zwingenden medizinischen Erfordernissen geboten sind. Krankenkassen sollten nur dann mit den Aufwendungen zu Fahrkosten zusätzlich belastet werden dürfen, wenn die Verlegung allein aus zwingenden medizinischen Gründen, wie z.B. bei Notfällen, geboten ist. Damit muss ein erforderlich sein, um eine der in § 11 SGB V genannten medizinischen Hauptleistungen in Anspruch nehmen zu können, beispielsweise um nach § 27 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 SGB V mittels Krankenhausbehandlung eine Krankheit erkennen, heilen, ihre Verschlimmerung verhüten oder Krankheitsbeschwerden lindern zu können. Eine Verlegung ist dann im dargestellten Sinn medizinisch zwingend erforderlich, wenn ein Patient im abgebenden Krankenhaus nicht ausreichend fachgerecht behandelt werden kann. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass es dabei keine Rolle spielt, ob dies auf dem Zustand des Patienten oder der Ausstattung des Krankenhauses gründet. Eine Verlegung kann auch deshalb medizinisch zwingend erforderlich sein, weil sich abgebendes und aufnehmendes Krankenhaus im Rahmen ihrer Zusammenarbeit jeweils auf bestimmte Bereiche spezialisiert haben. Wie dargestellt sind Fachabteilungen entweder in den Kliniken V.-S. oder in den Kliniken D. angesiedelt. Erfordert deshalb das Krankheitsbild des Patienten – wie vorliegend – zwingend eine Behandlung in einer , die am Ausgangskrankenhaus (Kliniken V.-S. oder Kliniken D.) nicht vorhanden ist, ist eine Verlegung in das Zielkrankenhaus, das über eine entsprechende Fachabteilung verfügt (Kliniken D. oder Kliniken V.-S.), aus medizinischen Gründen zwingend erforderlich.

Nach Überzeugung der Kammer handelt es sich bei den Kliniken V.-S. und den Kliniken D. auch wechselseitig um „ein anderes Krankenhaus“, sodass mit den hier streitgegenständlichen Transporten eine Verlegung „in ein anderes Krankenhaus“ im Sinne des § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V durchgeführt wurde. […]

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit

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