Uni-Klinik Charité in Berlin: Kardiologe unter Mordverdacht

Ein 55-jähriger Arzt ist wegen dringenden Verdachts auf zweifachen Mord festgenommen worden. Einen Verdacht gegen ihn gab es bereits seit August 2022.

Blick auf das Bettenhochhaus der Charite in Berlin

Blick auf das Bettenhochhaus der Charité in Berlin-Mitte Foto: dpa

BERLIN dpa | Nach dem Tod von zwei schwer kranken Patienten der traditionsreichen Charité in Berlin steht ein Kardiologe unter Mordverdacht. Der 55-Jährige wurde am Montag festgenommen, wie Staatsanwaltschaft und Polizei mitteilten. Gegen den Arzt bestehe der Verdacht, in zwei Fällen in den Jahren 2021 und 2022 Patienten auf der Intensivstation wissentlich so hohe Dosen eines Sedierungsmittels verabreicht zu haben, dass diese starben. Der Mann wurde laut Staatsanwaltschaft bereits im August 2022 von der Charité freigestellt.

Die Staatsanwaltschaft hatte nach eigenen Angaben damals aufgrund einer Anzeige des Universitätsklinikums Ermittlungen aufgenommen. Der dringende Tatverdacht habe sich aber erst ergeben, nachdem ein medizinisches Gutachten erstellt worden war. Die Staatsanwaltschaft habe daraufhin einen Haftbefehl erwirkt. Am Montagmorgen sei der Mediziner dann festgenommen worden. Der 55-Jährige sollte noch am selben Tag bei einer Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Tiergarten vorgeführt werden.

Bevor das Gutachten vorlag, konnte nach Angaben der Ermittler nicht ausgeschlossen werden, dass die hohe Dosierung des Sedierungsmittels noch medizinisch vertretbar gewesen wäre. Nach Einschätzung des Gutachters sei dies aber zumindest in zwei von insgesamt vier untersuchten Todesfällen nicht der Fall gewesen. Dies soll demnach auch für den Beschuldigten erkennbar gewesen sein.

Keine Hinweise auf Sterbehilfe

Ob weitere Todesfälle in der Charité untersucht werden müssen, ist nach Angaben eines Sprechers der Staatsanwaltschaft noch unklar. Davon, dass der Arzt von den schwer kranken Patienten um Unterstützung gebeten worden sein könnte, gehen die Ermittler bislang nicht aus. „Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen gibt es keine Hinweise darauf, dass von den Patienten Sterbehilfe erbeten worden wäre“, sagte der Behördensprecher.

Die Charité erklärte zum Hintergrund des Verdachts, dass im August 2022 ein anonymer Hinweis zu „einem nicht-rechtmäßigen medizinischen Vorgehen mit Todesfolge“ eingegangen sei. Demnach soll sich dies am Charité-Standort im Wedding ereignet haben – in der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin auf dem Campus Virchow-Klinikum.

„Die Charité hat den Hinweis sehr ernst genommen, den unter Verdacht stehenden Facharzt sofort freigestellt und umgehend alle weiteren notwendigen Maßnahmen zum Schutz potenziell betroffener Personengruppen eingeleitet“, teilte ein Kliniksprecher weiter mit.

Eine der größten Kliniken Europas

Das Universitätsklinikum habe von Beginn an mit der Staatsanwaltschaft „vollumfänglich zur Aufklärung des Sachverhaltes“ kooperiert. Weitere Informationen könne die Charité wegen der andauernden Ermittlungen derzeit nicht publik machen, hieß es.

Die traditionsreiche Charité zählt zu den größten Universitätskliniken Europas und ist einer der größten Arbeitgeber Berlins. Sie ist berühmt für Nobelpreisträger wie Emil von Behring, Robert Koch und Paul Ehrlich. Überregional ist vor allem das Bettenhochhaus in Mitte bekannt – tatsächlich verteilt sich die Krankenversorgung aber auf drei Standorte in Berlin.

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