L 6 KR 1265/15

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 50 KR 598/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1265/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Atemunterstützung eines erwachsenen Patienten über das HFNC-System stellt keine maschinelle Beatmung i.S.d. Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 2010 1001h dar.
Eine Entwöhnung i.S.d. DKR 2010 1001h setzt eine strukturierte Behandlung voraus.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Juni 2015 aufgehoben und die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt 8/10, die Beklagte 2/10 der Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Krankenhausvergütung.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, in dem die bei der Beklagten versicherte C. L. (im Folgenden: Versicherte, geboren 1965) vom 17. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 wegen der Hauptdiagnose C34.1 L (bösartige Neubildung: Oberlappen) und anderer Diagnosen stationär behandelt wurde. Am 21. Dezember 2009 wurde sie operiert. Am 31. Dezember 2009 war eine erneute Operation in Form einer Restpneumonektomie notwendig. Um 22:00 Uhr erfolgten notfallmäßig eine Intubation sowie eine maschinelle Beatmung. Die invasive Beatmung wurde am 1. Januar 2010 um 16:00 Uhr beendet und die Versicherte wurde nichtinvasiv beatmet. Die Therapie wurde bis zum 7. Januar 2010 um 14:00 Uhr fortgesetzt.

Die Klägerin stellte der Beklagten mit Rechnung vom 25. Februar 2010 unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Zuschläge 38.557,23 EUR (Fallpauschale - German Diagnosis Related Group Version 2009 (G-DRG) A13A (Beatmung ) 95 und ( 250 Stunden mit hochkomplexem Eingriff oder intensivmed. Komplexbeh. ) 1656 Punkte oder ) 1104 Punkte mit komplexer OR-Prozedur oder mit kompl. Konstellation, bestimmter OR-Prozedur und Alter ( 16 Jahre oder bei Lymphom und Leukämie) in Rechnung. Die Rechnung beinhaltet die Hauptdiagnose ICD-10-GM (=German Modification, im Folgenden: ICD-10) C34.1 L (Bösartige Neubildung: Oberlappen), weitere Nebendiagnosen und Prozeduren. Die Beklagte zahlte zunächst am 23. März 2010 den in Rechnung gestellten Betrag und beauftragte den M. D. der Krankenversicherung T. (MDK) mit der Überprüfung des Behandlungsfalles hinsichtlich der Notwendigkeit der vollstationären Behandlung für die Dauer vom 17. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 sowie der Korrektheit der von der Klägerin angegebenen Beatmungsdauer. Der MDK bestätigte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. März 2010 die Notwendigkeit der stationären Behandlung; die Beatmungsdauer könne nicht bestätigt werden. Die ermittelte Beatmung betrage 18 Stunden. Daraus ergebe sich eine niedriger bewertete DRG. Die Versicherte sei postoperativ jeweils extubiert worden, daher seien die Beatmungszeiten im Rahmen der Operationen nicht zu zählen. Am 31. Dezember 2009 sei sie gegen 22:00 Uhr reintubiert und bis zum 1. Januar 2010 16:00 Uhr beatmet worden. Dies er-gebe 18 Beatmungsstunden. Die anschließende Optiflow-Therapie sei nur im Rahmen eines Weanings (Entwöhnung) zur Beatmungszeit zu zählen. Ein Weaning habe hier nicht vorgelegen. Zutreffend sei die DRG E01B. Die Beklagte verrechnete daraufhin am 26. Mai 2010 einen Betrag in Höhe von 3.011,02 EUR und am 27. Mai 2010 einen Betrag in Höhe von 21.294,61 EUR mit unstreitigen Forderungen der Klägerin.

Am 4. Februar 2013 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 24.305,63 EUR nebst Zinsen erhoben. Zur Begründung der Kodierung der DRG A13A führte die Klägerin aus, nach zunächst komplikationsfreien Eingriffen habe sich die respiratorische Situation der Versicherten postoperativ verschlechtert. Es sei eine respiratorische Insuffizienz aufgetreten, so dass am 31. Dezember 2009 notfallmäßig um 22:00 Uhr eine Intubation und die anschließende maschinelle Beatmung erforderlich geworden seien. Die Trachea sei intubiert und die Versicherte invasiv beatmet auf die Intensivstation verlegt worden. Um eine Langzeitbeatmung möglichst zu vermeiden, sei die invasive Beatmung am 1. Januar 2010 um 16:00 Uhr beendet und die Versicherte nichtinvasiv mittels Maskenbeatmung weiter beatmet worden. Diese Flow-CPAP-Therapie sei kontinuierlich bis zum 7. Januar 2010 um 15:00 Uhr fortgesetzt worden. Erst dann sei die respiratorische Situation so stabilisiert gewesen, dass die kontinuierliche nichtinvasive Beatmung beendet werden konnte. Am 11. Januar 2010 habe die Versicherte auf die Normalstation verlegt werden können. Allein streitig sei zwischen den Beteiligten, ob es sich bei der im Anschluss an die invasive Beatmung erforderlichen kontinuierlichen Flow-CPAP-Therapie über Nasenmaske um eine maschinelle Beatmung im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR Version 2010) gehandelt habe. Die Beklagte meine, die Flow-CPAP-Therapie sei nur im Rahmen einer Entwöhnung berücksichtigungsfähig; eine Entwöhnung ha-be hier jedoch nicht vorgelegen. Die Versicherte habe nach der Extubation am 1. Januar 2010 eine deutliche Beeinträchtigung der Atmung mit muskulärer Schwäche gezeigt. Die unter invasiver Beatmung bei 100 v.H. gehaltene Sauerstoffsättigung sei zunächst auf 98 v.H. und weiter auf 94 v.H. gesunken. Aufgrund der respiratorischen Insuffizienz sei die Fortführung der künstlichen Beatmung zwingend erforderlich gewesen. Um eine erneute Intubation mit gegebenenfalls erforderlicher Gabe bewusstseinsdämpfender Medikamente (Sedativa) und eine danach ggf. erforderliche Tracheotomie bei Langzeitbeatmung zu vermeiden, habe sich das intensivmedizinische Ärzteteam zur nichtinvasiven Beatmung entschlossen. Die Versicherte sei deshalb nach der Extubation kontinuierlich mit einer Flow-CPAP-Beatmung versorgt worden. Hierbei handle es sich um eine mechanische Beatmung bzw. Unterstützung der Atmung ohne endotrachealen Zugang. Es erfolge eine Überdruckbeatmung über eine Gesichtsmaske, einen Beatmungshelm oder eine Nasenmaske. Diese Beatmungsform sei deutlich komplikationsärmer. Die Atemluft werde zuvor angewärmt und befeuchtet. Die Möglichkeit, die eigene Atemmuskulatur zu trainieren und so in ihrer Funktion zu verbessern, bleibe erhalten. Nach der Definition in der speziellen Kodierrichtlinie D 1001h habe es sich um eine nichtinvasive maschinelle Beatmung gehandelt, eine Beatmungsform, bei der über ein Beatmungsgerät - mithin eine mechanische Vorrichtung - ein positiver respiratorischer Druck eines Sauerstoff-Gasgemisches erzeugt und damit mehr Luft in die Lunge bewegt werde, so dass eine Überblähung entstehe. Das führe zur Vergrößerung der funktionellen Residualkapazität. Dieses Verfahren ersetze nicht die eigene Atemleistung des Patienten, die Atmung werde jedoch durch das Verstärken der eigenen Atemleistung unterstützt. Die DKR unterschieden gerade nicht zwischen invasiver oder nichtinvasiver Beatmung. Maschinelle Beatmung sei vielmehr jede Unterstützung der Atemleistung. Die Aufnahme der Beatmung über Maskensysteme sei darüber hinaus dem medizinischen Fortschritt und dem Umstand geschuldet, dass es nichtinvasive Verfahren zur Beatmung von Patienten gebe, die den invasiven Beatmungen hinsichtlich Patientenfreundlichkeit und Risikoprofil deutlich überlegen seien. Durch diese Vervollständigung der Definition maschineller Beatmung habe sichergestellt werden sollen, dass die deutlich vorteilhafteren Verfahren zur Anwendung kommen und der darauf basierende teils erheblichere Aufwand auch entsprechend vergütet werde. Konsequent sei deshalb bei der Definition der maschinellen Beatmung im Rahmen der DRG auch darauf verzichtet worden, eine Kodierung zwingend an eine Intubation oder Tracheotomie zu knüpfen. Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde, dass es sich nicht um eine maschinelle Beatmung im Sinne der DKR gehandelt habe, sei diese als Phase der Entwöhnung der Beatmungsdauer hinzuzurechnen. Die DKR setzten das Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation voraus, in der der Patient über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unter-stützung spontan atme. Bei der Versicherten sei nach der Extubation keine respiratorische Stabilität erreichbar gewesen. Dies sei erst am 7. Januar 2010 der Fall gewesen. Daraus ergebe sich eine Beatmungsdauer von 143 Stunden.

Die Beklagte hat nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 26. Juni 2013 anerkannt, dass an die Klägerin aufgrund der Abrechenbarkeit der DRG E01A (Revisionseingriffe, beidseitige Lobektomie, erweiterte Lungenresektion und andere komplexe Eingriffe am Thorax mit Revisionseingriff mit komplizierender Konstellation, hochkomplexem Eingriff oder komplizierender Diagnose) ein weiterer Betrag von 2.064,16 EUR nebst Zinsen ab dem 27. Mai 2010 in Höhe des Basiszinssatz zu zahlen ist. Im Übrigen hat sie an ihrer Ansicht festgehalten. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen.

Das SG hat ein internistisch-pneumologisches Gutachten des Dr. M. vom 23. Dezember 2014 eingeholt, wonach die Versicherte mit einer High-Flow-Therapie behandelt wurde, die nicht in jedem Fall eine CPAP-Therapie darstelle. Deshalb könne der von der Klägerin verwendete Begriff Flow-CPAP-Therapie nicht in jedem Fall zutreffend sein. Eine CPAP-Therapie (Con-tinuos Positive Airway Pressure), die durch ein Gerät, das einen kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck erzeuge oder durch ein PEEP-Ventil bedingt werde, werde üblicherweise nicht als Flow-CPAP, sondern einfach als CPAP-Therapie bezeichnet und üblicherweise mit einer Nasenmaske, einer Mund- und Nasenmaske, einer Vollgesichtsmaske oder auch einem Helm vorgenommen. Der seitens der Klägerin benutzte Begriff Flow-CPAP-Therapie lasse in Übereinstimmung mit den Eintragungen in der Patientenakte nur den Schluss zu, dass es sich um eine nasale High-Flow-Therapie (=HFNC-Therapie) gehandelt habe. Dies stelle nach der Definition der DKR 2010 - D 1001h keine künstliche Beatmung dar. Bei der HFNC-Therapie, wie mit dem Optiflow-Verfahren, werde über eine Nasenkanüle kein Gas mittels einer mechanischen Vorrichtung in der Lunge bewegt. Die Atmung werde zwar unterstützt, aber nicht durch das Verstärken oder Ersetzen des eigenen Atemantriebs der Patienten. Auch eine CPAP-Therapie mit einem Druckniveau über eine Nasenmaske stelle keine Beatmung dar. Die bis zum 11. Januar 2010 nachzuvollziehende kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter sei als Intensivüberwachung anzusehen und damit als intensiv-medizinische Versorgung. Das Weaning umfasse den gesamten Prozess der Loslösung des Patienten von mechanischer Unterstützung und vom endotrachealen Tubus. Während des Weanings fänden Modifikationen bei der Beatmung statt, wobei beatmungsfreie Intervalle nicht vorausgesetzt werden. Bei der so genannten Flow-CPAP-Therapie der Versicherten habe es sich nicht um eine Episode der Entwöhnung von der künstlichen Beatmung entsprechend der DKR 2010 gehandelt. Falls die Versicherte jedoch mit einer CPAP-Therapie beispielsweise über eine Mund-, Nasen- oder Vollgesichtsmaske behandelt worden sei, wäre eine andere Bewertung in Betracht zu ziehen. Nach den vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen, dass vom 1. Januar 2010, 16:00 Uhr, bis 7. Januar 2010, 14:00 Uhr, eine HFNC-Therapie eingesetzt wurde, die nicht bei der Berechnung der Dauer der mechanischen Beatmung nach den DKR 2010 zu berücksichtigen sei.

Hierzu hat die Klägerin ausgeführt, dass die Ausführungen des Sachverständigen in Bezug auf dem medizinischen Sachverhalt nachvollziehbar seien. Bei der Frage, ob die Nasen-CPAP-Therapie unter die DKR 1001h zu fassen sei, handle es sich um eine Rechtsfrage in der Ge-stalt, ob aufgrund der lediglich beispielhaften Ausführungen zu Entwöhnungsmethoden in den DKR 1001h auch andere (CPAP-) Verfahren von den DKR erfasst werden. Werde dies bejaht, müsse anhand der Feststellungen des Sachverständigen auch die Beatmung mit Optiflow mit Hilfe des nasalen Interface als Phase der Entwöhnung anerkannt werden. Der Sachverständige bestätige ihre Auffassung, dass über das Optiflow-System ein positiver Atemwegsdruck erzeugt werden könne. "CPAP" bedeute letztendlich nichts anderes, als dass dies erfolge. Es handle sich in jedem Fall um eine im Rahmen der Phase der Entwöhnung zur Beatmungsdauer hinzuzurechnende Therapie. Soweit der Sachverständige die DKR 1001h in der Weise interpretiere, dass eine Entwöhnung im Sinne der DKR nur dann vorliege, wenn eine "Maske" als Interface für das CPAP verwendet werde, sei dem jedoch entgegenzuhalten, dass die DKR 1001h das Masken-CPAP nur beispielhaft nenne. Soweit also auch durch ein anderes Interface ein positiver Atemwegsdruck (=CPAP) erzeugt werden können, sei dies im Sinne der DKR ebenfalls als Entwöhnungsmethode anzuerkennen. Durch die aktive Atemunterstützung entspreche die HFNC-Therapiemethode auch den Vorgaben der DKR, weil nicht lediglich Sauerstoff gegeben werde. Sie hat auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. März 2015 (Az.: S 28 KR 341/13) verwiesen. In der mündlichen Verhandlung hat sie weiter ausgeführt, sowohl durch das CPAP-Gerät als auch durch das Gerät zur HFNC-Therapie könne ein positiver kontinuierlicher Atemwegsdruck erzeugt werden. Es könne nicht die Begrifflichkeit dafür entscheidend sein, ob eine Methode der Entwöhnung vorgelegen habe oder nicht, wenn tatsächlich die gleiche Wirkungsweise wie bei einem klassischen CPAP-Gerät erzeugt wurde.

Mit Urteil vom 26. Juni 2015 hat das SG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 22.241,47 EUR nebst Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes ab dem 27. Mai 2010 zu zahlen. Die vorliegend durchgeführte Atemunterstützung sei als Methode der Entwöhnung nach der DKR 2010 1001h anzusehen und deshalb die Dauer dieser Entwöhnung insgesamt der Berechnung der Beatmungsdauer der Versicherten hinzuzuzählen. Das hier verwendete Gerät erzeuge durchgängig wie ein anderes CPAP-Gerät einen positiven Atemwegsdruck und der Patient könne auch über die eigene (Mund-) Spontanatmung die Wirkung des Gerätes nicht verdrängen, auch wenn keine Maske eingesetzt werde. Dies stehe letztlich im Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen. Bestehe aber in der Wirkungsweise der hier verwendeten HFNC-Therapie und der üblicherweise durch Masken erfolgende CPAP-Therapie kein Unterschied, dann liege auch hier in der Sache eine CPAP-Therapie vor. Diese gelte wiederum als Methode der Entwöhnung nach den DKR 2010 Nr. 1001 h.

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und verweist auf das Gutachten des Dr. M. Ein permanenter positiver Atemwegsdruck könne durch Verwendung (nur) einer Nasenkanüle gerade nicht erzeugt werden. Permanenter positiver Atemwegsdruck beziehe sich auf die gesamte Atemaktion, also Inspiration und Exspiration (Ein- und Ausatmen). Der Sachverständige habe in seinem Gutachten zutreffend dargestellt, dass über die HFNC-Therapie lediglich in der endexspiratorischen Phase positiver Druck erzeugt werden könne, quasi wie "Gegenwind" beim Ausatmen. In der inspiratorischen Phase hingegen seien noch negative Drücke zu verzeichnen, insoweit könne nicht von einem kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck ausgegangen werden. Für ein CPAP-Gerät mit klassischer Gesichtsmaskenversorgung treffe Letzteres uneingeschränkt zu. Bei einem angewendeten High-Flow-Gerät würden jedoch lediglich "Nasenkanülen" eingesetzt. Der Mund bleibe vollständig frei. Ein Einatmen durch die Nase mit geöffnetem Mund lasse aber die parallele Erzeugung eines gleichzeitig permanent positi-ven Atemwegsdruckes nicht zu. Eine vermeintliche CPAP-Therapie mit einem permanenten Druckniveau über hier angelegte Nasenkanülen in den Nasenlöchern werde so weder in der Beschreibung des Herstellers dargestellt, noch sei dies eine klassische Beatmungsform. Unter der Kodierempfehlung 317 bestätige der Fachausschuss für ordnungsgemäße Kodierung und Abrechnung (FoKA) die Kodierempfehlung der SEG-4, dass die nasalen Applikation von Atemgas über Nasenbrille mit hohem Fluss nicht der Definition einer maschinellen Beatmung in der DKR 1001h entspreche. In der DKR 1001h (Seite 102) werde insofern auch unterschieden: " Sauerstoffinsufflation bzw. - inhalation über Maskensysteme oder O2-Sonden gehören jedoch nicht dazu." In der Kodierempfehlung 524 bestätigte der FoKA ebenfalls die Kodierempfehlung der SEG-4. Die HFNC sei definitorisch und klassifikatorisch von CPAP abzugrenzen. Die DKR gestatteten explizit die Erfassung von CPAP bei Ermittlung von Beatmungsstunden. Bei der Anwendung von High-Flow-Nasenkanülen (HFNC-System) handle es sich dagegen nicht um maschinelle Unterstützung der Atmung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, auf die von der Beklagten angeführte Bewegung eines Gases mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge komme es nicht an. Es sei falsch, wenn die Beklagte vortrage, über die HFNC-Therapie könne kein positiver Atemwegsdruck erzeugt werden. Dies sei durch Studien bewiesen. Schließlich sei das SG auch nicht an die Rechtsausführungen des Sachverständigen gebunden. Auch die weitere Auslegung des Sachverständigen, die HFNC-Therapie könne nicht als Phase der Entwöhnung angesehen werden, habe das SG nicht geteilt und zutreffend die gesamte Dauer der maschinellen Beatmung einschließlich der Phase der Entwöhnung bei der Berechnung der Beatmungsdauer zu Grunde gelegt. Die Kodierempfehlung Nr. 524 des FoKA betreffe die vorliegende Fallkonstellation nicht, weil durch die HFNC-Therapie ein kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck erzeugt worden sei.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Patientenakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung in Höhe von 22.241,47 EUR. Diesen Anspruch machte die Klägerin zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers - wie der Klägerin - auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 KR R m.w.N., nach juris).

Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung eines anderen Versicherten erlosch dadurch in Höhe von 22.241,47 EUR, dass die Beklagte wirksam mit ihrem Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten aufrechnete. Der Klägerin stand kein Anspruch auf eine weitere Vergütung in Höhe des Differenzbetrages zwischen der DRG A13A Version 2009 und DRG E01B Version 2009 zu.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung eines Versicherten zunächst ein Anspruch auf die abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats ist daher nicht erforderlich (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 - Az.: B 1 KR 16/11 R, nach juris). Die Zahlungs-verpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes (§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 57/12 R m.w.N., nach juris). Die Krankenhausvergütung bemisst sich nach den in Rechnung gestellten vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - Az.: B 1 KR 8/11 R, nach juris). Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten der Beklagten erlosch dadurch in Höhe von 22.241,47 EUR, dass sie wirksam mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufrechnete. Der Vergütungsanspruch und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch waren fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 22.241,47 EUR waren erfüllt, weil die von der Beklagten bezahlte Rechnung über die Behandlung der Versicherten um diesen Betrag überhöht war und sie diesen ohne Rechtsgrund an die Klägerin gezahlt hat. Die Klägerin durfte nicht )95 und (250 Beatmungsstunden mitteilen.

Rechtsgrundlage des von der Beklagten abgerechneten und von der Klägerin durch Zahlung erfüllten Vergütungsanspruchs aus der im Jahr 2009/2010 erfolgten stationären Behandlung der Versicherten ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 74 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz &8722; GKV-WSG) vom 26. März 2007 - BGBl. I 2007, Seite 378 ff) i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (i.d.F. des Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz - KHRG) vom 17. März 2009, BGBl I 534) sowie § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG, i.d.F. KHRG (a.a.O.). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge/Fallpauschalenverordnungen) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbarten sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (hier: Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2009 (FPV 2009)).

Dieses Vergütungssystem orientiert sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) und ist jährlich weiterzuentwickeln und anzupassen. Das Vergütungssystem der allgemeinen Krankenhausleistungen soll nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG durchgängig, leistungsorientiert und pauschalierend sein. Dieses auf Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft beruhende Vergütungssystem wurde nach § 17b Abs. 6 Satz 1 KHG verbindlich für alle Krankenhäuser zum 1. Januar 2004 eingeführt. Der in Ausführung dieser gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung nach Gegenstand und prägenden Merkmalen nach einem vom DIMDI herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Der sich ergebende Kode ist in zu diesen Zwecken entwickelte Computerprogramme (sog. Grouper) einzugeben, die dann nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG vornehmen. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von dem Krankenhaus zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - Az.: B 1 KR 8/11 R, nach juris). Nach der Rechtsprechung des 1. und 3. Senats des BSG ist der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011, a.a.O., m.w.N.). Maßgebend sind hier die Fallpauschalenvereinbarung 2009 und die DKR in der Version 2009.

§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Buchst f KHEntgG bestimmt u.a. ausdrücklich, dass das Krankenhaus bei Beatmungsfällen die Beatmungszeit in Stunden entsprechend der Kodierregeln nach § 17b Abs. 5 Nr. 1 KHG mitzuteilen hat. Die Voraussetzungen für die Kodierung der Anzahl der Beatmungsstunden ergeben sich weder aus dem ICD-10 noch aus dem OPS, sondern allein aus der DKR 1001h, die auch 2009 galt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. Dezember 2017 - Az.: B 1 KR 18/17 R, Rn. 15, nach juris).

In den DKR 1001h heißt es u.a.: "10 KRANKHEITEN DES ATMUNGSSYSTEMS 1001h Maschinelle Beatmung Definition Maschinelle Beatmung ("künstliche Beatmung”) ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten. Bei der künstlichen Beatmung ist der Patient in der Regel intubiert oder tracheotomiert und wird fortlaufend beatmet. Bei intensivmedizinisch versorgten Patienten kann eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese an Stelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden

Beginn Die Berechnung der Dauer der Beatmung beginnt mit einem der folgenden Ereignisse:

• Endotracheale Intubation

• Maskenbeatmung Die Berechnung der Dauer der künstlichen Beatmung beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem die maschinelle Beatmung einsetzt.

Ende Die Berechnung der Dauer der Beatmung endet mit einem der folgenden Ereignisse: • Extubation • Beendigung der Beatmung nach einer Periode der Entwöhnung. 101 Die Methode der Entwöhnung (z.B. CPAP, SIMV, PSV) von der künstlichen Beatmung wird nicht kodiert.

Die Dauer der Entwöhnung wird insgesamt (inklusive beatmungsfreier Intervalle während der jeweiligen Entwöhnung) bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines Patienten hinzugezählt. Es kann mehrere Versuche geben, den Patienten vom Beatmungsgerät zu entwöhnen.

Das Ende der Entwöhnung kann nur retrospektiv nach Eintreten einer stabilen respiratorischen Situation festgestellt werden.

Eine stabile respiratorische Situation liegt vor, wenn ein Patient über einen längeren Zeitraum vollständig und ohne maschinelle Unterstützung spontan atmet.

Zur Entwöhnung vom Respirator zählt auch die maschinelle Unterstützung der Atmung durch intermittierende Phasen assistierter nichtinvasiver Beatmung bzw. Atemunterstützung wie z.B. durch Masken-CPAP/ASB oder durch Masken-CPAP jeweils im Wechsel mit Spontanatmung ohne maschinelle Unterstützung. Sauerstoffinsufflation bzw. –inhalation über Maskensysteme oder O2-Sonden gehören jedoch nicht dazu.

Im speziellen Fall einer Entwöhnung mit intermittierenden Phasen der maschinellen Unterstützung der Atmung durch Masken-CPAP im Wechsel mit Spontanatmung ist eine Anrechnung auf die Beatmungszeit nur möglich, wenn die Spontanatmung des Patienten insgesamt mindestens 6 Stunden pro Kalendertag durch Masken-CPAP unterstützt wurde.

Die Berechnung der Beatmungsdauer endet in diesem Fall nach der letzten Masken-CPAPPhase an dem Kalendertag, an dem der Patient zuletzt insgesamt mindestens 6 Stunden durch Masken-CPAP unterstützt wurde.

Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP) Kodes aus

8-711.0 Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck (CPAP)

Wenn CPAP bzw. Masken-CPAP als Entwöhnungsmethode von der Beatmung verwendet wird, sind Kodes aus 8-711.0 nicht zu verwenden; die Beatmungsdauer ist hingegen zu berücksichtigen (s.o.), d.h. zur gesamten Beatmungsdauer dazuzurechnen (siehe: Definition der "maschinellen Beatmung"; "Methode der Entwöhnung"; "Dauer der Entwöhnung", "Ende der Beatmung").

Die Atemunterstützung der Versicherten über das HFNC-System auf der Intensivstation der Klägerin stellt keine maschinelle Beatmung i.S.d. DKR 2010 1001h Abs. 1 Satz 1 oder Satz 4 dar. Durch dieses System werden keine Gase mittels einer mechanischen Vorrichtung künstlich bzw. maschinell in der Lunge bewegt. Dies behauptet auch die Klägerin nicht (mehr). Soweit bei intensiv medizinisch versorgten Patienten eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen kann, wenn diese anstelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt werden, fehlte es auch an der Verwendung eines Maskensystems.

Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. M., dem die Klägerin bezüglich der medizinischen Feststellungen nicht widersprochen hat. Allerdings konnte auch der Sachverständige nur indi-rekt darauf schließen, dass die Atemunterstützung - soweit sie hier streitig ist - über das HFNC-System bei der Versicherten durchgeführt wurde. Bei der High-Flow-Therapie handelt es sich um ein Verfahren, bei dem ein Sauerstoffgemisch mit hohem Flow optimal angefeuchtet und erwärmt bestimmungsgemäß über eine Nasenkanüle, wie bei dem Optiflow-Verfahren, zugeführt wird. Die Zufuhr von ausreichend Wärme und eines hohen Maßes an Feuchtigkeit zum Atemgas erlaubt hohe Flussraten, die dem Patienten über eine Nasenmaske zugeführt werden. Sie kann positiven Atemwegsdruck erzeugen. Festzustellen ist, dass High Flow über eine Nasenkanüle zumindest endexspiratorisch positiven Druck erzeugt. Evident ist jedoch, dass High Flow nicht in jedem Fall mit einem CPAP, einem kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck oder gar einer Beatmung gleichgesetzt werden kann. Es liegt eine Unterstützung der Atmung, aber nicht durch das Verstärken oder Ersetzen des eigenen Atemantriebs des Patienten vor.

Letzteres ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG, Beschluss vom 10. März 2015 - Az.: B 1 KR 82/14 B) erforderlich. In diesem Fall hat das BSG im Fall von CPAP mittels Maskensystem eine maschinelle Beatmung verneint, weil die CPAP ein Modus ist, indem die Beatmungsmaschine nur einen gewissen Druck in den Atemwegen aufrecht erhält, die Atembewegungen jedoch nicht aktiv unterstützt. Unterfällt bereits die Atemunterstützung mit kontinuierlichem positivem Atemwegsdruck nicht der Definition der maschinellen Beatmung, gilt dies für eine Atemunterstützung durch eine High-Flow-Nasenkanüle erst recht (vgl. Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Februar 2019 - Az.: L 5 KR 166/18, Rn. 13, m.w.N., nach juris).

Zudem fehlt es an der Verwendung eines "Maskensystem" im Sinne des Satzes 4 der Definition in DKR 1001h. Aus Satz 3 und Satz 4 der Definition ergibt sich, dass bei einer maschinellen Beatmung der Patient im Regelfall intubiert oder tracheotomiert sein muss, oder das bei intensivmedizinisch versorgten Patienten ein "Maskensystem" verwendet wird. Die bei der HFNC-Therapie verwendeten Nasenkanülen bedecken nicht etwa - wie eine Maske - Teile des Gesichts, sondern werden nur in die Nase eingeführt. Im Hinblick auf das vom BSG aufgestellte Erfordernis der wortlautgetreuen Auslegung verbietet es sich, Gegenstände, die schon begrifflich keine Maske darstellen, unter den Maskenbegriff zu subsumieren (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13. November 2017 - Az.: I-6 U 54/16, 6 U 54/16, nach juris). Dementsprechend hat die Klägerin in ihrer Endabrechnung auch nicht die Prozedur OPS-Version 2009 8-706 (Anlegen einer Maske zur maschinellen Beatmung Inkl.: Anpassen einer Gesichtsmaske oder Nasenmaske) genannt. Der Hersteller der Optiflow Nasales High Flow stellt auch heraus, dass sich durch die Verwendung von Nasenkanülen nach einer Studie signifikant Hautverletzungen reduzieren und die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte sinke. Die Patienten könnten essen, trinken und schlafen mit der Optiflow-Kanüle. Ebenso spricht er nicht von einem kontinuierlichen positiven Atemwegsdruck, sondern von einem dynamischen positiven Druck, in Abhängigkeit vom Atemmuster des Patienten und des zugeführten Flow (vgl. https://www.fphcare.com/de/hospital/adult-respiratory/optiflow/mechanismus-of-action/ - Abruf am 17. April 2019).

Die Zeit der Beatmung der Versicherten erhöht sich auch nicht dadurch auf über 95 Beatmungsstunden, dass ihre Versorgung mittels des HFNC-Systems ab dem 1. Januar 2010 16:00 Uhr bis zum 7. Januar 2010 als Entwöhnung von der zuvor durchgeführten maschinellen Beatmung zu behandeln ist.

Nach der Überzeugung des Senats hat die Klägerin das HFNC-System nicht zur Entwöhnung der Versicherten von der maschinellen Beatmung eingesetzt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017, a.a.O.). Im erstinstanzlichen Verfahren hat sie noch vorgetragen, es habe sich um eine maschinelle Beatmung gehandelt. Der MDK hatte in seinen Gutachten vom 23. März 2010 und vom 26. Mai 2013 den Einsatz der Optiflow-Therapie im Rahmen eines Weanings verneint. Ebenso kommt auch der Sachverständige Dr. M. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass es sich bei der eingesetzten High-Flow-Therapie nicht um eine Entwöhnung im Sinne der DKR 1001h handelt. Entsprechend der 6. Internationalen Konsensuskonferenz über Intensivmedizin umfasst das Weaning den gesamten Prozess der Loslösung des Patienten von mechanischer Unterstützung und vom endotrachealen Tubus. Laut DKR 1001h würden offensichtlich beatmungsfreie Intervalle nicht vorausgesetzt. Tatsächlich jedoch werden in dem Statement der oben genannten Konferenz Spontanatmungsversuche an einem T-Stück ohne Beatmung empfohlen. Allerdings kann in der sogenannten Spontanatmungsphase noch eine inspiratorische Druckunterstützung auf niedrigem Niveau erfolgen, sodass noch eine Beatmung vorliegt. Betrachtet man den gesamten Prozess der Loslösung von der Beatmung als Weaning, so müssen Modifikationen bei der Beatmung vorgenommen werden, da ansonsten die Beatmung unbegrenzt fortgesetzt würde. Tatsächlich gibt es Empfehlungen zu bestimmten Beatmungseinstellungen, wie dem PEEP oder der inspiratorischen Sauerstoffkon-zentration, die erreicht werden sollten, bevor ein Spontanatmungsversuch unternommen wird. Unterschieden wird ein diskontinuierliches Weaning von einem kontinuierlichen Weaning. Auch computergestützte Systeme, wie die ASV (adaptive support ventilation) können das Ausmaß des maschinell erzeugten Atemminutenvolumens von 100 v.H. der Ventilation bis zum Spontanatmungsversuch reduzieren. Bei dem diskontinuierlichen Weaning wird die Beatmung intermittierend unterbrochen und der Patient atmet für einige Minuten bis mehrere Stunden über eine feuchte Nase oder ein T-Stück. Beim kontinuierlichen Weaning kann mit partiellen Beatmungsverfahren, wie SIMV, ASV, PSV, der maschinelle Atemantrieb schrittweise vermindert und der Anteil der Spontanatmung entsprechend erhöht werden. Eine vollständige Reduktion der maschinellen Ventilation und des PEEP vor der Extubation ist nicht erforderlich. Während des Weanings finden also Modifikationen bei der Beatmung statt. Es handelt sich danach beim Weaning um einen strukturierten Prozess. Dies lässt sich auch den DKR entnehmen, die von intermittierenden Phasen assistierter nichtinvasiver Beatmung bzw. Atemunterstützung oder durch Masken-CPAP jeweils im Wechsel mit Spontanatmung sprechen. Ein solcher kontinuierlicher Prozess der Entwöhnung ist in der Patientenakte nicht dokumentiert. Am 1. Januar 2010 ist z.B. vermerkt: "22:00 CPAP Flow 20/20", am 2. Januar 2010: "22:00 Flow CPAP 20/15". Intermittierende Phasen assistierter nichtinvasiver Beatmung bzw. Atemunterstützung oder Spontanatmungsversuche ab dem 1. Januar 2010 sind hier nicht dokumentiert. Eine Beatmungsstrategie zur Entwöhnung lässt sich der Patientenakte nicht entnehmen. Die Versicherte wurde danach bis zum 7. Januar 2010 weiter bei der Atmung unterstützt, ohne dass sich um eine maschinelle Beatmung oder eine Entwöhnung i.S.d. DKR 1001h handelte. Eine Abrechnung als Beatmungsstunden ist danach nicht möglich. Insoweit bedarf es keiner weiteren Ausführungen dazu, dass sie sich bei der HFNC-Therapie nicht um eine CPAP-Therapie handelt.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bzw. im Hinblick auf das erstinstanzliche Teilanerkenntnis der Beklagten § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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