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Landgericht München

Urteil: BMG/Google-Kooperation ist kartellrechtswidrig

Die Zusammenarbeit des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit Google, um das staatliche Gesundheitsportal gesund.bund.de prominent an die erste Stelle der Google-Liste zu setzen, ist kartellrechtswidrig. Das stellte das Landgericht München I am Mittwoch in zwei Urteilen fest. Die Vereinbarung reduziere die Meinungs- und Medienfreiheit und verdränge private, seriöse Gesundheitsportale. Die Urteile sind nicht rechtskräftig, alle Parteien können Berufung einlegen.
Charlotte Kurz
10.02.2021  11:36 Uhr

Wer zurzeit Informationen zu Krankheitsbildern, etwa Migräne oder Covid-19, über die Suchmaschine Google sucht, der bekommt als erstes eine bunte Box mit Informationen des staatlichen Gesundheitsportals gesund.bund.de zu sehen. Dieses Phänomen beruht auf einer Kooperation zwischen dem US-Internetriesen Google und dem deutschen Bundesgesundheitsministerium (BMG). Das Ziel: seriöse Gesundheitsinformationen prominenter zu platzieren. So kündigten es zumindest Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gemeinsam mit Google-Deutschlandchef Philipp Justus am 10. November 2020 an. Daraufhin erntete das Vorhaben viel Kritik. Medienverbände und Pressevertreter sprechen von Missachtung der Pressefreiheit und Diskriminierung anderer journalistischer Angebote. Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein leitete im Dezember 2020 zudem ein medienrechtliches Verfahren gegen Google ein.

Auch das Online-Gesundheitsportal Netdoktor aus dem Verlagshaus der Hubert Burda Media hatte rechtliche Schritte gegen die Kooperation eingeleitet. Am 27. November 2020, also gut zwei Wochen nach der Pressekonferenz von Spahn und Justus, reichte Netdoktor die Klage gegen Google und gegen die Bundesrepublik Deutschland ein, erklärte ein Sprecher des Hubert Burda Media Verlags. In einem Eilrechtsschutzverfahren am Landgericht München I klagte Netdoktor demnach in zwei Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Internetkonzern und gegen den Bund. Laut Pressemitteilung des Landgerichts ist Netdoktor dabei der Auffassung, dass die Zusammenarbeit gegen das Wettbewerbs- und Kartellrecht verstoße, da sie privatwirtschaftliche Anbieter von Gesundheitsportalen diskriminiere und wirtschaftlich schädige.

Die 37. Zivilkammer des Landgerichts München I unter der Vorsitzenden Richterin Gesa Lutz verkündete am heutigen Mittwoch, dass die Kooperation als Kartellverstoß zu bewerten sei. Damit wurde den beiden Anträgen gegen den Bund und gegen Google stattgegeben. In den beiden Urteilsabschriften, die der PZ vorliegen, heißt es, dass den Beklagten, also Google und der Bund, »im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu vollziehen an einem der Geschäftsführer« untersagt wird, die Inhalte des BMG-Portals in den Infoboxen von Google anzuzeigen. Dabei handelt es sich um noch nicht rechtskräftige Urteile. Die Urteile gelten aber unverzüglich, Netdoktor müsse nur die Vollstreckung der Urteile einreichen. Danach müsse die Zusammenarbeit gestoppt werden, erklärte eine Pressesprecherin des Landgerichts. Laut Rechtsanwalt Professor Thomas Höppner von der Kanzlei Hausfeld, die Netdoktor in dieser Sache vertritt, soll die Vollstreckung betrieben werden. Damit könnten die Infoboxen innerhalb von zwei Wochen verschwinden.

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