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Krankenhaus in Not

OSK will sich als Arbeitgeber modernisieren

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Das Krankenhaus kann ohne ausreichend Pflegekräfte nicht die ganze Leistungsfähigkeit ausschöpfen. Die OSK nimmt jetzt Geld in die Hand, um die Lage zu verbessern.
Veröffentlicht:03.04.2023, 19:00

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Der Oberschwabenklinik (OSK) fehlt Pflegepersonal. Das wird zunehmend auch zum finanziellen Problem für die Klinik. Denn das Krankenhaus kann ohne ausreichend Pflegekräfte nicht die ganze Leistungsfähigkeit ausschöpfen. Die Übergangs–Geschäftsführung, die seit Oktober 2022 im Amt ist, will die OSK deshalb jetzt als Arbeitgeber modernisieren, Personal halten und weiteres gewinnen — auch mithilfe finanzieller Prämien.

2019 wurde der Mangel auf einen Schlag sichtbar

Zwei von zehn OP–Sälen und 142 von 542 Betten werden allein am Standort Ravensburg nicht betrieben. 110 Pflegekräfte fehlen für die Vollauslastung der OSK, wie der Ärztliche Direktor Oliver Rentzsch sagt. Ärztestellen seien alle besetzt, allerdings kommen auch Leihärzte zum Einsatz, die nicht fest angestellt sind.

Oliver Rentzsch ist der Ärztliche Direktor der Oberschwabenklinik.
Oliver Rentzsch ist der Ärztliche Direktor der Oberschwabenklinik. (Foto: Felix Kästle/OSK)

„Wir haben zu lange den aufkommenden Fachkräftemangel ignoriert“, sagt Rentzsch über den Pflegebereich. Die Einführung der Pflegepersonaluntergrenze 2019 habe das Problem dann auf einen Schlag im Klinikalltag sichtbar gemacht. Früher habe man Stationen einfach überbelegt. Die Pflegepersonaluntergrenze habe aber zum Ziel, Pflegepersonal zu schützen und für eine Qualitätssteigerung auf der Station zu sorgen. Sie führe aber zu einem finanziellen Problem für alle Kliniken, weil nicht mehr so viele Patienten aufgenommen werden können.

Neue Chefs setzen auf mehr Beteiligung der Mitarbeiter

Um den Personalmangel zu lindern, müsse man zunächst bestehende Mitarbeiter besser halten, findet Rentzsch. Dafür müsse die interne Kommunikation besser werden, habe man aus einer internen Umfrage gelernt. „Man kann eine schwierige Situation eher mittragen, wenn man sie kennt“, so der promovierte Mediziner. Durch ein neues Beteiligungsforum für Mitarbeiter und häufigere Abteilungsbesprechungen will Rentzsch signalisieren: „Eure Ideen sind genau so wichtig wie meine.“

Um Pfleger zu halten und zu gewinnen, setzt die OSK jetzt aber auch wieder vermehrt auf finanzielle Prämien.

Diese Prämien werden neuerdings gezahlt

Mitarbeiter werben Mitarbeiter: Die neue Geschäftsführung zahlt nicht mehr 1000, sondern 2500 Euro für die erfolgreiche Empfehlung einer Arbeitskraft.

Antrittsprämie: Wer als Pflegekraft an die OSK wechselt, bekommt 2500 Euro zum Start. Wer nach einem Jahr noch da ist, erhält diese Summe erneut.

Einspringprämie: Seit März erhalten OSK–Mitarbeiter wieder zusätzliches Geld, wenn sie kurzfristig für Kollegen einspringen. Die Einspringprämie besteht aus einem 30–prozentigen Vergütungszuschlag für die geleistete Arbeitszeit. Und sie habe schon Wirkung gezeigt, sagt Rentzsch. Mitarbeiter seien dadurch eher bereit, kurzfristig Dienste zu übernehmen. Ein weiterer OP–Saal könne auch deshalb ab 8. Mai betrieben werden.

Betriebsrat hat guten Kontakt zu neuer Geschäftsführung

Für solche Prämien und die Eigenwerbung gebe die Klinik pro Jahr über eine halbe Million Euro aus. „Dahinter steckt eine leichte Rechnung: Wenn wir mehr Personal haben, können wir mehr Patienten behandeln und mehr Geld verdienen“, sagt Rentzsch. 

Was wir aber nicht tun: ein Geldfüllhorn ausschütten und die Leute mit allen möglichen Tricks kaufen. Das hätte nur sehr kurzfristige Effekte.

Der Betriebsratsvorsitzende Bernd Hofmann bewertet diese ersten Schritte positiv. Die Klinikleitung habe zum Beispiel die Einspringprämie, die Ex–Geschäftsführer Oliver Adolph einst abgeschafft hat, ohne großen Widerstand eingeführt, nachdem der Betriebsrat darauf gedrängt hatte. „Die neue Geschäftsführung kommt uns da sehr aufgeschlossen vor“, sagt Hofmann. Angesichts starker Konkurrenz am Arbeitsmarkt sei dieser Zuschlag aus seiner Sicht auch nötig.

Erstes Quartal 2023 lief für die Klinik gut

Für die Umsetzung weiterer Ideen müsse man dem Führungsquartett etwas Zeit geben, schließlich sei eine Klinik eine komplexe Organisation, so die wohlwollende Betriebsrats–Einschätzung nach rund 170 Tagen mit den neuen Kapitänen am OSK–Steuer. „Man versucht, sich zu modernisieren als Arbeitgeber, ob das gelingt, wird man sehen.“ Das hänge auch von den politischen Rahmenbedingungen ab. Dazu zähle auch die Frage, ob die im Mai 2022 vom Kreistag beschlossene Medizinstrategie für den Landkreis eins zu eins umgesetzt werde oder ob noch Modifikationen möglich seien.

Im ersten Quartal 2023 hat die Klinik nach eigenen Angaben mehr Personal gewonnen als verloren. Und Rentzsch ist überzeugt: „Wir geraten nicht in eine Situation, in der wir in der Gesundheitsversorgung nicht mehr handlungsfähig sind.“ Dafür müsse künftig die Anzahl stationärer Behandlungen sinken. Der Aufbau eines ambulanten OP–Zentrums am Ravensburger Krankenhaus ist für Oktober angekündigt. Durch weniger stationäre Aufnahmen würden weniger Pfleger gebraucht, was den Personalmangel entschärfe.