Wilhelmshaven - Für die meisten Mitglieder des Wilhelmshavener Stadtrats kam die Entwicklung völlig überraschend: Nachdem der Tagesordnungspunkt „Umbesetzung von Ausschüssen“ abgearbeitet schien, setzte sich die Ratsgruppe „Grün-Unabhängig-Sozial“ (GUS) für eine Erweiterung des Antrags um den Punkt „Neubesetzung des Aufsichtsrats der Klinikum gGmbH“ ein. Unter diesem Punkt sollte nun der von der GUS in den Aufsichtsrat entsandte Erste Stadtrat Armin Schönfelder abberufen und GUS-Sprecher Michael von den Berg neu berufen werden.
Kontroverse Diskussion
Es folgte eine heftige und kontroverse Debatte über die Frage, ob diese Personalentscheidung rechtlich zulässig sei. Schließlich sei der Punkt weder klar und deutlich in der Tagesordnung benannt noch im Verwaltungsausschuss vorbereitet worden. Die Diskussion wurde schließlich vom Ersten Stadtrat Schönfelder beendet, indem er während der Ratssitzung sein Amt als Aufsichtsratsmitglied niederlegte.
Wegen der unklaren Rechtssituation soll der Rat nun in seiner Dezembersitzung über die Neubesetzung der bisherigen Schönfelderstelle entscheiden; voraussichtlich wird der Rat den GUS-Vorsitzenden von den Berg entsenden.
Mit dem ehemaligen Grünen-Vorsitzenden kehrt dann ein Kommunalpolitiker in eine zentrale Aufgabe zurück, der nach seiner klaren Niederlage bei der Oberbürgermeisterwahl im vergangenen Jahr angekündigt hatte, sich nach und nach aus dem kommunalpolitischen Geschehen zurückziehen zu wollen.
Erhöhte Verantwortung
Stattdessen will er nun erhöhte Verantwortung für das komplizierteste Feld der Wilhelmshavener Politik übernehmen, nämlich die Aufsicht über das schlagzeilenträchtige und verlustreiche städtische Krankenhaus. Dort steht derzeit nicht nur ein Neubau in der Größenordnung von annähernd 200 Millionen Euro an, sondern auch die Neubesetzung der Geschäftsführung, nachdem der bisherige Geschäftsführer Reinhold Keil aus seinem abberufen und fristlos entlassen worden war.
Der jetzt zurückgetretene Schönfelder hatte nach seinem Amtsantritt als Erster Stadtrat auf Wunsch des Rates zunächst den Vorsitz des Aufsichtsrats des Klinikums übernommen – und war noch vor seinem Amtsantritt vom damaligen Krankenhaus-Manager Keil mit einer später gescheiterten Dienstaufsichtsbeschwerde empfangen worden.
Keil hatte Gespräche, die Schönfelder sofort nach seiner Wahl im Rat aber noch vor der formalen Vorsitzübernahme in dem Aufsichtsgremium zum Thema Klinikum geführt hatte, als Amtsanmaßung empfunden.
Vor einem Jahr gab es dann einen Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats: Carsten Feist übernahm als neu gewählter Oberbürgermeister den Vorsitz und die GUS schickte Schönfelder auf einen ihr zustehenden Platz in dem Gremium.
Der Aufsichtsrat hatte in der Vergangenheit immer wieder sehr komplizierte Aufgabenstellungen bei einer äußerst schwierigen Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer Keil zu bewältigen. Der vorläufige Gipfel war eine offizielle Rüge des Klinikchefs durch das Aufsichtsgremium.
Klimaverbesserung
Am Ende stand dann zunächst die Abberufung Keils als Geschäftsführer, der dann nach einigen Wochen eine fristlose Kündigung folgte, weil es keine hinreichende Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit gebe.
Warum die GUS-Gruppe jetzt den Ersten Stadtrat Schönfelder nicht mehr im Aufsichtsrat haben will, blieb in der Ratssitzung unklar. Gegenüber der Ð erklärte GUS-Sprecher von den Berg, man habe helfen wollen, das Klima zwischen dem Oberbürgermeister und seinem Gesundheitsdezernenten und Rechtsdezernenten zu verbessern: „Der Gesundheitsdezernent soll an der Seite des Oberbürgermeisters und nicht an der Seite der GUS stehen.“ Deshalb habe man am Dienstag während einer digitalen Gruppensitzung diesen Beschluss gefasst.