Analyse Neuer AOP-Katalog 2023: Key Facts und To-dos für Kliniken

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Der lange erwartete AOP-Katalog wurde zum Jahreswechsel veröffentlicht. In etwas abgemilderter Form, verglichen mit den Vorschlägen aus dem IGES-Gutachten, das Anfang letzten Jahres für Furore gesorgt hatte. Die Änderungen sind trotzdem nicht ohne, was die folgende Analyse zeigt.

Neuer AOP-Katalog
Der neue AOP-Katalog fordert Kliniken zu fundierten Analysen und angepassten Handlungsweisen auf. – © ipopba (stock.adobe.com)

Der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben den neuen AOP-Katalog bekannt gegeben. Der Katalog regelt die ambulant durchführbaren Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffe sowie einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte gemäß § 115b SGB V.

Mit der Neufassung des AOP-Vertrags und der Erweiterung des AOP-Katalogs auf Grundlage des Gutachtens des IGES-Instituts setzen die Vertragsparteien den gesetzlichen Auftrag des MDK-Reformgesetzes vom 14. Dezember 2019 um. Zum 1. Januar 2024 wird der gesetzliche Auftrag vollständig umgesetzt, dazu gehört eine vollständige Überarbeitung des AOP-Vertrags und eine Erweiterung des AOP-Katalogs um Leistungen mit komplexerem Regelungserfordernis. In den Katalog wurden 208 neue OPS-Kodes aufgenommen, davon 154 in den Abschnitt eins und 54 in den Abschnitt zwei. Der AOP-Katalog wurde auf den OPS 2023 angepasst und umfasst nun 3.089 OPS-Kodes.

Die G-AEP Kriterien (appropriate evaluation protocol = Grundlage für die Beurteilung der Notwendigkeit stationärer Behandlungen) werden durch die im Kasten dargestellten Kontextfaktoren ersetzt, die gemäß § 115b Absatz 1 Satz 3 SGB V als allgemeine Tatbestände anzugeben sind und bei deren Vorliegen die stationäre Durchführung von Leistungen aus Anlage 1 des AOP-Vertrags erforderlich ist. Dadurch wird die Differenzierung der Leistungen im AOP-Katalog in die Kategorien 1 und 2 aufgehoben.

Diese allgemeinen Tatbestände sind in Anlage 2 des AOP-Vertrags aufgeführt. Ein Vorliegen eines solchen Kontextfaktors ist ausreichend, um eine stationäre Durchführung der Leistungen zu rechtfertigen. Allerdings kann jede Leistung auch bei Vorliegen eines oder mehrerer Kontextfaktoren weiterhin ambulant erbracht werden, wenn dies aus medizinischen Gründen vertretbar ist.

Key Facts AOP Katalog
© BinDoc

AOP-Katalog Erste Vorboten der Krankenhausreform

Der große Knall, den viele erwarteten hatten, nachdem das IGES-Gutachten mit einer massiven Erweiterung potenziell ambulant durchführbarer Behandlungen im letzten Jahr für Furore gesorgt hatte, ist zunächst ausgeblieben. Für viele Kliniken ist das sicherlich ein Grund durchzuatmen, denn ohne substanzielle strukturelle und prozessuale Anpassungen der eigenen Klinik, wäre eine derartige Erweiterung nach IGES für die meisten Krankenhäuser sehr anspruchsvoll geworden.

Nichtsdestoweniger dürfen sich die Kliniken nicht in falscher Sicherheit wiegen. Die Anzahl der neuen OPS-Kodes ist zwar deutlich geringer als erwartet ausgefallen, aber dafür sind die Kontextfaktoren verschärft worden. Das bedeutet es gibt weniger Ausnahmen, die zukünftige eine stationäre Behandlung begründen können. Hier ist beispielsweise die Altersgrenze zu nennen, die nun – bis auf Babys – vollständig weggefallen ist. Und auch die 208 neuen Prozeduren sind eine deutliche Ausweitung ambulant zu erbringender Leistungen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Medizinische Dienst (MD), Fälle zukünftig genauer prüfen wird, da die Kontextfaktoren, die einen stationären Aufenthalt begründen lassen, deutlich konkreter gefasst sind als die früheren G-AEP Kriterien. Aus diesem Grund kann der neue AOP-Katalog auch als erster Vorbote der Krankenhausreform eingestuft werden.

Was sind die To-dos für Kliniken?

Der neue AOP-Katalog ist Fluch uns Segen für Kliniken zugleich. Segen, weil den Kliniken mehr Zeit bleibt, um sich analytisch, strukturell und prozessual auf die zunehmende Ambulantisierung vorzubereiten. Fluch, weil mehr Zeit häufig zum „Verdrängen“ verführt und die notwendigen Analysen und daraus folgenden Strukturveränderungen, welche so wichtig für einen qualitativ und wirtschaftlich hochwertigen Prozess sind, nach hinten geschoben werden.

Aus diesem Grund lautet das wichtigste To-do für Kliniken: Analyse, jetzt! Bindoc hat mit dem IGES- und AOP-Grouper 2023 bereits viele Analysen für Kliniken durchgeführt. Die Anzahl der betroffenen Fälle haben sich durch die Abschwächung des AOP-Katalogs 2023 zwar reduziert, aber aufgrund der stärkeren Kontextfaktoren kann das Ergebnis des ambulanten Risikos für eine Klinik nahezu identisch bleiben. Eine beispielshafte Analyse ist in der folgenden Abbildung dargestellt.

AOP-2023 Analyse
© BinDoc IGES-Grouper & AOP-Grouper 2023

Von knapp 23.000 vollstationären Fällen einer Klinik erfüllen circa 29 Prozent aller Fälle die Einschlusskriterien einer ambulanten Behandlung. Nach Prüfung der Kontextfaktoren, die eine stationäre Behandlung rechtfertigen, beträgt das ambulante (Risiko-)Potenzial noch circa 20 Prozent.

Beim ursprünglichen IGES-Gutachten wurden aufgrund des erweiterten AOP-Katalogs zwar deutlich mehr stationäre Fälle als potenziell ambulant eingestuft. Es konnten aber im Anschluss durch die Kontextfaktoren auch wieder deutlich mehr Patienten als stationäre Fälle begründet werden, so dass das ambulante (Risiko-)potenzial nahezu identisch bleibt.

Im neuen AOP-Katalog steckt mehr Sprengkraft als dies auf den ersten Blick ersichtlich ist! Krankenhäuser sollten sich schnellstmöglich und substanziell analytisch mit dem Thema auseinandersetzen, um die eigene Strategie, die Strukturen und die Prozesse anpassen zu können. Damit starten die Kliniken auch bereits die ersten Vorbereitungsschritte für die Krankenhausreform.