Forchheim
Corona-Krise

"Krankenhausfeindlich": Klinikum durch Corona hart getroffen - Geschäftsführer kritisiert Politik

Die Corona-Krise trifft das Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz hart. Isolierfälle in Mehrbettzimmern, aufgeschobene Operationen: Das ist aufgrund begrenzter Kapazitäten nicht mehr aufzuholen. Der Geschäftsführer fordert Ausgleichszahlungen - und eine grundlegende Reform.
Im Klinikum in Forchheim (v. l.):  Kathrin Hamler (Betriebsratsvorsitzende), Jürgen Gschossmann (Chefarzt, Ärztlicher Direktor Standort Forchheim), Hermann Ulm (Landrat Forchheim, Aufsichtsratsvorsitzender Klinikum), Sven Oelkers (Geschäftsführer), MdB Andreas Schwarz und Elisabeth Battran (Pflegedirektorin)  Foto: Franka Struve/Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz
Im Klinikum in Forchheim (v. l.): Kathrin Hamler (Betriebsratsvorsitzende), Jürgen Gschossmann (Chefarzt, Ärztlicher Direktor Standort Forchheim), Hermann Ulm (Landrat Forchheim, Aufsichtsratsvorsitzender Klinikum), Sven Oelkers (Geschäftsführer), MdB Andreas Schwarz und Elisabeth Battran (Pflegedirektorin) Foto: Franka Struve/Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz
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Andreas Schwarz (SPD), Mitglied im Haushaltsausschuss und Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags, informierte sich auf seiner Sommertour im Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz über die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise auf das kommunale Krankenhaus.

2018 erwirtschaftete das Klinikum laut Pressemitteilung einen Ertrag von rund 40 Millionen Euro. Für das Corona-Jahr 2020 kann Sven Oelkers, Geschäftsführer der Klinikum-gGmbH, keine Prognose aufstellen. Er rechnet mit einem starken Rückgang an Behandlungsfällen an beiden Standorten bei gleichbleibenden Kosten. Das bisherige Finanzierungssystem mit Fallpauschalen - die Vergütung von stationären Leistungen pro Behandlungsfall - müsse überprüft werden, fordert Oelkers. Die durch das Finanzierungssystem geforderte jährliche Steigerung der Fallzahlen sei nicht mit der hohen Zahl der Isolierfälle durch Covid-19 oder anderen ansteckenden Krankheiten vereinbar, wenn in einem Mehrbettzimmer nur ein zu isolierender Patient liege.

Corona-Krise trifft Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz: Operationen abgesagt

Durch die Aufforderung auf elektive, also planbare Eingriffe zu verzichten, schiebe das Klinikum eine Welle von Operationen vor sich her, welche nicht einfach nachgeholt werden können. Denn die Kapazitäten von Personal, verfügbaren Betten oder Zeitfenstern im Operationssaal seien begrenzt bei gleichzeitig laufendem Normalbetrieb unter Corona-Bedingungen. Der Geschäftsführer regt an, die Krankenhausfinanzierung grundlegend zu reformieren: "Die Corona-Pandemie mit OP-Absagen und entsprechender Isolierung von Verdachtsfällen sind mit den Anforderungen des aktuellen Finanzierungssystems, der ständigen Leistungssteigerung, unvereinbar." Für das Ausnahmejahr 2020 fordert Sven Oelkers das corona-bedingte Defizit für die Kliniken auszugleichen. "Das ist nicht bezahlbar", erwidert Andreas Schwarz. Der Bundestagsabgeordnete (Wahlkreis Bamberg/Forchheim) möchte Lehren aus der Corona-Pandemie ziehen: "Wenn wohnortnahe Krankenhäuser als Daseinsvorsorge wahrgenommen würden, wären wir alle froh und hätten keine Sorgen für die Zukunft. Aber vielleicht tragen die letzten Monate dazu bei, die Denkweise in eine andere Richtung zu schubsen. Die Aufgabe der Politik muss es sein, jetzt etwas zu ändern."

Sven Oelkers erbost sich: "Am Anfang hieß die Devise: ,Koste es, was es wolle.' Jetzt verlieren wir uns im Kleinklein." Als Beispiel nennt er die politische Zusage, dass sich in Bayern jeder auf das Coronavirus testen lassen dürfe. Die notwendigen Formulare für die Kostenübernahme der präventiven Testung für Krankenhausmitarbeiter seien aber nach wie vor nicht verfügbar. Die Intention zur Entlastung der Krankenhäuser sei gut gedacht in vielen Gesetzesentwürfen und Initiativen, aber die Resultate, welche nach dem Gesetzgebungsverfahren bei den Kliniken ankommen, seien eher krankenhausfeindlich, kritisiert der 43-Jährige.

Andreas Schwarz bittet den Geschäftsführer des Klinikums, aufzuzeigen, wo konkreter Handlungsbedarf bestehe. Er werde diese Punkte bei den Gesundheitsministern in Land und Bund, Melanie Huml (CSU) und Jens Spahn (CDU), vorbringen. Der Ärztliche Direktor des Klinikums am Standort Forchheim, Professor Jürgen Gschossmann, dankte Andreas Schwarz für den Besuch: "Es ist sehr schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben." Der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums, der Forchheimer Landrat Hermann Ulm (CSU), hatte den Bundestagsabgeordneten im Haus in Forchheim begrüßt.