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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

© Foto: IMAGO/Metodi Popow

Lauterbach über Klinik-Finanzierung: „Die Entökonomisierung muss in der Kindermedizin beginnen“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach will die Finanzierung deutscher Krankenhäuser grundsätzlich reformieren. Das Fallpauschalen-System habe sich überlebt.

Kliniken, Fallpauschalen, wütende Ärzte – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich am Freitag jenen Themen widmen müssen, die seine Amtszeit wohl prägen werden.

Auf der Tagung des Marburger Bundes in Berlin bekräftigte Lauterbach sein Vorhaben, die Finanzierung der deutschen Krankenhäuser grundsätzlich zu reformieren. Die größte Ärztegewerkschaft Europas, der mehr als 50 Prozent aller Klinikmediziner Deutschlands angehören, traf sich im Estrel-Hotel zur Jahresversammlung.

Das von Lauterbach selbst 2003 mitentwickelte System der Fallpauschalen habe sich überlebt, sagte der Minister. Inzwischen folge die Medizin viel zu stark der Ökonomie. Aus der von Lauterbach eingesetzten Experten-Kommission heraus werde man das System der Fallpauschalen komplett überarbeiten und die Abstimmung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung verbessern. 

Der Marburger Bund fordert von Lauterbach eine Krankenhausreform. Und zwar die „größte seit 20 Jahren“, wie die Bundesvorsitzende der Ärztegewerkschaft, Susanne Johna, sagte. Dazu gehört auch die Überwindung des Fallpauschalensystems.

Werden landeseigene, konfessionelle und private Kliniken als für die Landesversorgung notwendig anerkannt, erhalten sie von den Krankenkassen pro Diagnose eine Fallpauschale, in Fachkreisen oft mit DRG abgekürzt. Es gibt Eingriffe, von denen Chefärzte wissen, dass sie mehr kosten, als die Versicherungen zahlen, und solche, bei denen tendenziell Geld übrig bleibt.

Für die Kliniken gibt es gute und schlecht bezahlte Behandlungen

Wiederholt kritisieren Ärzte, dass das aktuelle Abrechnungssystem zu viele Fehlanreize setze. Es zwinge die Krankenhäuser zum Aufbau von Spezialabteilungen, um auskömmlich vergütete Operationen anzubieten, obwohl dafür aus medizinischer Sicht vielleicht kaum Bedarf bestehe. Zugleich störe sich das Klinikmanagement tendenziell an jenen Eingriffe, deren Pauschalen weniger ergeben als die Behandlungen kosteten.

Nötig sei ein System, dass die tatsächlichen Aufwand in den Krankenhäusern decke, fordert der Marburger Bund, also letztlich eine Finanzierung die nicht nur die jeweilige Behandlung, sondern auch sogenannte Vorhaltekosten für Notfälle, Pannen und Großlagen berücksichtigt.

Bis zur umfassenden Überarbeitung des Fallpauschalensystems dauere es aber noch, sagte Lauterbach am Freitag. Neben den Ärzte- und Pflegeverbänden, den Krankenkassen und den Bundestagsfraktionen müssten auch die Landesregierungen konsultiert werden.

„Klar ist, die Entökonomisierung muss zuerst in der Kindermedizin beginnen“, sagte Lauterbach. Danach werde man sich der Notfallversorgung widmen. Diese beiden Felder gelten in den Krankenhäusern als besonders defizitär.

Hintergrund ist, dass etwa Kinderkliniken sehr personalintensiv sind und die aktuelle Finanzierung dafür nicht ausreicht, weshalb Krankenhäuser diese Abteilungen aus betriebswirtschaftlichen Gründen eigentlich schließen müssten. Nun soll der Anfang vom Ende der Fallpauschalen in das laufende Verfahren des Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz eingebracht werden.

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