Winterberg. Das St. Franziskus-Hospital hat einen Insolvenzantrag gestellt. Der Betrieb wird fortgeführt. Ein Experte unterstützt die Geschäftsführung.

Die Geschäftsführung der St. Franziskus-Hospital Winterberg gGmbH hat am beim Amtsgericht Arnsberg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Dem Antrag hat das zuständige Amtsgericht Arnsberg unter dem Aktenzeichen 10 IN 150/19 am Montag stattgegeben und Rechtsanwalt Andreas Schoß zum vorläufigen Sachwalter bestellt.

Von dem Insolvenzantrag sind insgesamt 213 Arbeitnehmer betroffen, die am Montag in zwei Mitarbeiterversammlungen über die aktuelle Situation informiert wurden. Die Rahmenbedingungen für Krankenhäuser im ländlichen Raum sei seit Jahren äußerst schwierig, heißt es in einer Mitteilung der Klinik. Diese müssten Ihre Leistungen zu den vom Gesetzgeber und den Krankenkassen vorgegebenen Einheitspreisen erbringen, obwohl die geringe Bevölkerungsdichte in schwächer besiedelten Regionen eine kostendecke Belegung grundsätzlich ausschließe.

Erträge reichen nicht aus

„Die Erträge reichen nicht aus, um die Kosten zu decken, es entstehen jährlich strukturelle Defizite. Diesen Systemfehler versucht der Gesetzgeber über einen sogenannten Sicherstellungszuschlag zu reparieren. An der Bewilligung und der Umsetzung wirken sowohl das NRW-Gesundheitsministerium als auch die Krankenkassen mit“, heißt es weiter. Das Krankenhaus in Winterberg erhalte einen solchen Sicherstellungszuschlag seit 2016, allerdings zeitlich deutlich verzögert, nicht in voller Höhe und zum Teil nur auf dem Klageweg. „Wir bewegen uns in einem von den Krankenkassen und dem Gesetzgeber geregelten Markt. Mehrleistungen oder die Erweiterung des Angebots werden, wenn überhaupt nur teilweise vergütet oder von vornherein untersagt. Dies führt in Winterberg seit Jahren zu Defiziten von bis zu 2 Millionen Euro jährlich. Tendenz steigend. Eine Entwicklung, die unsere finanziellen Reserven schon längst aufgebraucht hat.“ so die im März 2019 neu berufene Geschäftsführerin Agnes Hartmann.

Das Problem, der Fallpauschalen im ländlichen Raum

„Ohne die zusätzliche finanzielle Unterstützung durch die Krankenkassen können in Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte Krankenhausleistungen der Grund- und Regelversorgung auf Basis von Fallpauschalen nicht mehr kostendeckend angeboten werden. Daher sehen wir ohne diese zusätzliche Unterstützung keine Möglichkeit, in der bisherigen Ausrichtung des St. Franziskus-Hospitals die stationäre Versorgung der Menschen in der Region sicherzustellen“, so Hartmann weiter.

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Beim Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung obliegt die Unternehmensfortführung weiterhin der bisherigen Geschäftsführung. Diese wird unterstützt durch den zum Generalbevollmächtigten bestellten Sanierungsexperten Dr. Christoph Niering, Niering Stock Tömp Rechtsanwälte, Köln. Zentrale Aufgabenstellung ist es, den Krankenhausbetrieb trotz des Insolvenzantrages zu stabilisieren.

Ausgangsbedingungen für eine Neuausrichtung sind günstig

„Die Ausgangsbedingungen für eine Neuausrichtung sind günstig, da die Geschäftsführung den Schritt zum Eigenverwaltungsverfahren frühzeitig und aus eigener Entscheidung heraus gegangen ist. Die fälligen Lieferantenverbindlichkeiten und die Gehälter der Mitarbeiter sind gezahlt. Damit ist der Krankenhausbetrieb in den nächsten Monaten gesichert“, so der Generalbevollmächtigte Niering.

Über die Agentur für Arbeit und das von dieser finanzierte Insolvenzgeld sind die Gehälter der über 200 Mitarbeiter für die nächsten Monate vollständig abgesichert. Damit wird die notwendige wirtschaftliche Basis für eine mögliche Neuausrichtung der stationären Grund- und Regelversorgung in Winterberg geschaffen. „Es sind nunmehr alle Verantwortlichen gefragt, an einer schnellen und nachhaltigen Lösung mitzuarbeiten. Dies gilt vor allem für das Gesundheitsministerium NRW und die Kostenträger“, so Niering. „Das Krankenhaus in Winterberg darf nicht das Opfer der nordrhein-westfälischen Sparpolitik im Krankenhausbereich sein. Es müssen alle Beteiligten über ihren Schatten springen und nach einer tragfähigen Zukunftslösung suchen“, so Niering weiter.

Neuer Träger: Verhandlungen auf verschiedenen Ebenen

In den vergangenen Monaten hatten die Verantwortlichen nach eigenen Angaben zahlreiche Gespräche und Verhandlungen auf verschiedenen Ebenen geführt, auch mit dem Ziel einen anderen als den bisherigen Träger zu finden. In diese Gespräche waren auch die betroffenen Städte Winterberg, Hallenberg und Medebach eingebunden, welche sich einer partiellen finanziellen Unterstützung ebenso wenig verschlossen haben wie der katholische Träger des Krankenhauses. „Weder die betroffenen Städte, der Landkreis noch der bisherige Träger sind in der Lage die Strukturschwächen der Krankenhausfinanzierung im ländlichen Raum auf Dauer auszugleichen. Zuständig sind und bleiben das Land und die Krankenkassen“, so die Geschäftsführerin Hartmann.