SARS-CoV-2

„Selbst extrem hohe Corona-Zahlen können wir abfedern“

Sind die Krankenhäuser hierzulande auf das Coronavirus vorbereitet oder droht ein Chaos? Experten sind in der Antwort nahezu einhellig.

Denis NößlerVon Denis Nößler Veröffentlicht:
Corona-Stützpunkt an einer Uniklinik: Die Krankenhäuser sehen sich vorbereitet.

Corona-Stützpunkt an einer Uniklinik: Die Krankenhäuser sehen sich vorbereitet.

© Uwe Anspach/dpa

Neu-Isenburg. Experten haben sich zuversichtlich gezeigt, dass Deutschland auch bei einer deutlichen Ausweitung der SARS-CoV-2-Epidemie die stationäre Versorgung gewährleisten kann. Selbst „extrem hohe Erkrankungszahlen könnte unser System abfedern“, sagte der Gesundheitsökonom und Mediziner Professor Reinhard Busse von der TU Berlin am Mittwoch in Berlin bei einem Pressegespräch.

Hintergrund sind Alarmrufe von italienischen Ärzten aus der schwer vom neuen Coronavirus belasteten Lombardei. Es bestehe die Gefahr, dass die Zahl der Patienten in Kürze die Kapazitäten der Krankenhäuser übersteige, klagen italienische Ärzte. Aus Italien werden derzeit über 12.000 Fälle gemeldet, über 820 Menschen sollen mit der COVID-19-Erkrankung gestorben sein.

„Auch italienische Verhältnisse würden uns nicht überlasten“, sagte Busse am Mittwoch. Er verwies auf rund 28.000 Intensivbetten an den Krankenhäusern hierzulande. Damit sei die Bundesrepublik „deutlich besser“ ausgestattet als Italien, etwa um den Faktor 2,5.

Nach seiner Rechnung würden selbst bei 20.000 COVID-19-Neuerkrankungen pro Tag die stationären Ressourcen hierzulande ausreichen. Nach ersten Berichten schwankt die Zahl jener Patienten, die intensivpflichtig werden, zwischen 10 und 20 Prozent.

Nachdem der Bund am Dienstag entschieden hatte, Intensivkapazitäten zentral zu beschaffen, und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit Mittwochabend von einer Pandemie spricht, richten sich auch die Kliniken hierzulande auf mehr Erkrankungsfälle ein.

„Sicheres Signal“ von Krankenkassen gefordert

„Wir bereiten uns auf eine Pandemie vor“, sagte Professor Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie am Klinikum München Schwabing. Täglich gebe es Krisensitzungen mit Kollegen. In der Klinik seien „Pandemiezonen“ mit Isolierzimmern ausgewiesen und Personal dafür „zugeschaltet“ worden. Neue Patienten würden dort „triagiert“. Wendtner und Kollegen hatten die ersten deutschen Patienten mit SARS-CoV-2 versorgt.

Die Infektiologin Professor Uta Merle vom Uniklinikum Heidelberg berichtete von Reanimationsübungen des Klinikpersonals in Schutzausrüstung. Damit könnten dem Personal „Ängste genommen“ werden.

Merle forderte von den Krankenkassen, Kliniken müssten das „sichere Signal bekommen, dass jetzt Corona angesagt ist“. Damit hob sie auf Befürchtungen ab, Häuser mit vielen COVID-19-Patienten könnten durch Abschläge bestraft werden, während andere Häuser mit elektiven Eingriffen - etwa Gelenkersatz - höhere Erlöse aus den DRG-Pauschalen generieren.

Mit Blick auf die Situation warnten alle Experten vor vorschnellen Vergleichen. Laut Merle müsse man für Italien davon ausgehen, „dass das Virus schon sehr viel länger da ist“. „Es gibt wohl sehr viel mehr positive Fälle als bei uns. Wir sehen dort den Eisberg.“ Womöglich gebe es dort sehr viel mehr Fälle, die bislang gar nicht erfasst sind, was für einen Erfassungsbias sprechen könnte. Die „Letalität wird in Italien so sein wie in China“.

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