Von Andrea Hilscher

Das Carl-Thiem-Klinikum hat sich viel vorgenommen: in den kommenden fünf bis acht Jahren soll die Pflege völlig umgestellt werden. Vorbilder dafür finden sich in zahlreichen Kliniken Europas. Pflegedirektorin Andrea Stewig-Nitschke fasst das Projekt kurz zusammen: „Wir wollen die Pflege zum Patienten bringen.“ Die Primärschwester ist von der ersten Minute an für den Patienten da. Angefangen von der Aufnahme bis zur Entlassung.

Was genau das heißt, erleben derzeit die Patienten der Neurologischen Stationen. Hier läuft die Umstellung auf die sogenannte Primärpflege bereits an. Das Prinzip ist einfach: Jeder Patient bekommt eine Pflegekraft, die für ihn zuständig ist. Sie macht die Pflegeanamnese, ist Ansprechpartner für Angehörige, Ärzte, Therapeuten. Ein Modell, das auch Brandenburgs Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) interessiert. Sie hat sich die Primärpflege im Rahmen eines kleinen Praktikums im CTK angeschaut.

Katja Peterle, Teamleiterin für rund 30 Pflegekräfte auf der Neurologie, ist begeistert von dem neuen Konzept. „Denn für uns bedeutet das eine deutliche Aufwertung unseres Berufes.“ Bisher mussten sowohl Ärzte als auch Patienten sich mit täglich wechselnden Pflegern auseinandersetzen. Die Kommunikation war oft schwierig, wichtige Details blieben manchmal ungesagt.

„Jetzt wissen die Angehörigen genau, wen sie nach dem Befinden des Patienten fragen können, wenn es um seine Stimmung, sein Essverhalten oder seine Mobilität geht“, sagt Katja Peterle. Mit Ärzten könne sie nun, als gut informierte Primärschwester, auf Augenhöhe reden.

Andrea Stewig-Nitschke weiß aus anderen Krankenhäusern, dass die Primärpflege von Patienten von Angehörigen und vom Personal gut angenommen wird. Am CTK wurde im Vorfeld der Umstellung eine groß angelegte Befragung durchgeführt, um Bedarfe in der Beziehung zwischen Pflege und Patient herauszufiltern. Nach der Einführung der Primärpflege soll diese Befragung wiederholt werden. „Aber schon jetzt sagen uns die Patienten, dass sie sich mit der neuen Struktur sehr wohl fühlen“, sagt die Pflegedirektorin.

Ein kleines aber wichtiges Detail: Die Übergabe zwischen Früh- und Spätschicht wurde bisher im Stationszimmer vollzogen. Jetzt gehen die Pfleger dazu ans Bett des Patienten. „Der hat dadurch eine Chance, wirklich wahrzunehmen, wie sehr uns sein Wohl am Herzen liegt und wie detailliert wir ihn im Blick haben“, sagt Katja Peterle.

Für die Schwestern sei das kein wirklicher Mehraufwand, beteuert sie. Noch aber müssen sie und ihre Kollegen Überzeugungsarbeit leisten. Der Schulungsaufwand, der der Umstellung auf den Stationen vorangeht, ist enorm. Am Ende aber, davon ist Peterle überzeugt, gibt es eine Win-Win-Situation. „Die Patienten fühlen sich wohler, die Pflege klappt besser und wir können genau das tun, wofür wir eigentlich angetreten sind – uns um den Patienten kümmern.“

Was halten Sie von der neuen Primärpflege? Welche Erfahrungen haben Sie oder Ihre Angehörigen in den Krankenhäusern der Region gemacht? Schreiben Sie uns eine E-Mail an [email protected], Stichwort „Pflege“.