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Pflegenotstand: Mangel im Überfluss

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In Deutschland gibt es zwar mehr Klinikpersonal pro Einwohner als im EU-Durchschnitt, aber weniger pro Patient.
In Deutschland gibt es zwar mehr Klinikpersonal pro Einwohner als im EU-Durchschnitt, aber weniger pro Patient. © dpa / Britta Peders

Wir haben zu wenig Pflegerinnen und Pfleger in viel zu vielen Krankenhäusern.

Die Gespräche zwischen den Krankenhausträgern und den Krankenkassen über Personaluntergrenzen in der Pflege sind in eine Sackgasse geraten. Die von den Kassen vorgeschlagene Senkung der Mindestbesetzung in Intensivstationen auf unter 2,5 beziehungsweise 3,5 (nachts) Patientinnen und Patienten pro Fachkraft wird von der Deutschen Krankenhausgesellschaft als nicht erfüllbar abgelehnt. Sie fordert eine flexible Regelung, da es sonst dazu kommen könnte, dass Notfälle abgewiesen werden müssten.

Das Bundesgesundheitsministerium will diesen Streit mit einer Ersatzvornahme beenden. Auf seine Entscheidung darf man gespannt sein, denn beide Seiten haben gute Sachargumente. Die Belastungen der Pflegenden sind nicht nur in den Intensivstationen zu hoch. Man kann sie nur durch einen verbesserten Personalschlüssel senken. Aber die dafür erforderlichen Fachkräfte sind nur begrenzt verfügbar.

Eine der Ursachen dieses Problems liegt in dem kürzlich von Experten im Auftrag der Bertelsmann Stiftung untersuchten Paradoxon eines durch Überfluss erzeugten Mangels. Wir haben eine Überversorgung mit Krankenhäusern. Ihre Zahl liegt um 65 Prozent über dem Durchschnitt vergleichbarer EU-Länder, die der Krankenhausbetten um 70 Prozent. Das vorhandene ärztliche und pflegerische Personal reicht nicht aus, um diese Kapazitäten angemessen auszustatten.

Für eine rund um die Uhr besetzte Facharztstelle benötigt man 5,5 Ärztinnen oder Ärzte, eine von kleinen Krankenhäusern kaum zu finanzierende Quote. In Deutschland gibt es zwar mehr Klinikpersonal pro Einwohner als im EU-Durchschnitt, aber weniger pro Patient. Das knappe Potenzial an qualifizierten Fachkräften wird auf zu viele Krankenhäuser verteilt.

Die Lösung dieses Problems liegt im Abbau stationärer Kapazitäten und dem Aufbau regionaler Versorgungsnetze mit leistungsfähigen Krankenhäusern und Medizinischen Versorgungszentren als Ankerpunkten, zu denen kleine Krankenhäuser umgebaut werden können. Es ist überfällig, die mehrere Regalmeter füllenden Vorschläge zur Schaffung solcher integrierten Einrichtungen konsequent umzusetzen. Hier sind vor allem die Landespolitiker gefordert, die in unserem politischen System die Verantwortung für die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung tragen.

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