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Thesenpapier CDU will Bremen zu "Silicon Valley" für Medizin und Pflege machen

Die CDU-Fraktion in Bremen befürchtet einen Notstand bei der Patientenversorgung - unter anderem durch Fachkräftemangel: Wie dieser verhindert werden soll, hat sie in einem Thesenpapier formuliert.
25.11.2021, 18:57 Uhr
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CDU will Bremen zu
Von Sabine Doll

Ärzte- und Pflegekräftemangel, fehlende Investitionen in die Krankenhäuser, teure Doppelstrukturen bei den 14 Kliniken im Land, zu wenig Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung, zu viel Bürokratie wegen fehlender Digitalisierung: Die Bremer CDU-Fraktion hat eine Reihe von Defiziten in der medizinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten in Bremen ausgemacht. "Wir laufen Gefahr, abgehängt zu werden", sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Rainer Bensch. Er wirft dem rot-grün-roten Senat organisatorisches und finanzielles Missmanagement vor – und damit einen zukünftigen Notstand bei der medizinischen Versorgung in der Hansestadt zu provozieren. Am Donnerstag hat die Fraktion ein Thesenpapier für "kluge Investitionen" vorgestellt.

Krankenhäuser: Die CDU fordert eine neue Krankenhauspolitik. "Bislang ist die Landeskrankenhausplanung vor allem von Besitzstandswahrung geprägt, die allein auf die Bettenzahl ausgerichtet ist und nicht am tatsächlichen Versorgungsbedarf. Es geht auch um die Frage: Haben wir in manchen Bereichen eine Fehl- oder Überversorgung?", so Bensch. Nicht jede Klinik müsse alles anbieten. Einzelne Kooperationen wie sie bisher etwa bei der Geburtshilfe zwischen dem Diako und dem Klinikum-Nord stattfänden, seien gut. "Das reicht aber nicht aus, wir brauchen eine sektorenübergreifende Gesamtstrategie, in die auch die niedergelassene Ärzteschaft eingebunden werden muss", fordert der Gesundheitspolitiker. Bremen verschlafe zudem "Mega-Trends" wie die Ambulantisierung, Digitalisierung und Spezialisierung von Krankenhausleistungen. Andere Bundesländer seien hierbei deutlich weiter. Die CDU fordert auch eine bessere Verzahnung der Krankenhausplanung mit Niedersachsen, jeder dritte Patient komme aus dem Nachbarbundesland.

Angesichts eines Investitionsstaus von mehr als 600 Millionen Euro an den 14 Kliniken in Bremen müsse das Land seiner Verpflichtung bei den Investitionsmitteln nachkommen: "Der jährliche Mindestbedarf zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs beträgt 90 Millionen Euro, tatsächlich bewilligt werden jährlich aber nur 36 bis 38 Millionen Euro", kritisiert Bensch. Schluss müsse vor allem mit einer rein auf den kommunalen Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) ausgerichteten "Geno-Defizit-Ausgleichs-Politik" sein.

Der neue Landeskrankenhausplan, der Mitte 2022 vorgelegt werden soll, war in der vergangenen Woche Thema in der Bürgerschaft. Die CDU-Fraktion hatte eine Machbarkeitsstudie zur Neuausrichtung der Kliniklandschaft gefordert, der Antrag scheiterte an den Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken. Auch die FDP kritisierte, eine strategische Planung sei überfällig. Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) wies Vorwürfe zurück, die Landeskrankenhausplanung werde lediglich fortgeschrieben. An den Kliniken spiegele sich zudem der Trend wider, Behandlungen in hohem Maß ambulant oder nur noch teilstationär zu erbringen.

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Ausbildung von Fachkräften: Angesichts eines sich verschärfenden Ärztemangels fordert die CDU-Fraktion den Aufbau einer Medizin-Fakultät an der Universität Bremen – als Vollstudium. "Das Durchschnittsalter unter Ärztinnen und Ärzten ist im Land Bremen mit 55 Jahren am höchsten, auch der Anteil der über 65-jährigen noch praktizierenden Mediziner ist im Bundes- und Großstädtevergleich hier der höchste", so Bensch. Bis 2030 würden reihenweise Arztpraxen aus Altersgründen schließen. Bremen sei jedoch das einzige Bundesland ohne eigene Ärzte-Ausbildung.

Die Debatte über die Einrichtung eines Medizin-Studiums in der Hansestadt läuft seit etwas mehr als drei Jahren: Die rot-grün-rote Regierung hatte sich gegen ein medizinisches Vollstudium ausgesprochen. Die Einrichtung eines solchen Angebotes, das auch die vorklinische Ausbildung an der Universität umfassen müsste, würde das kleinste Bundesland finanziell überfordern. Laut einer Senatsantwort von Anfang Oktober rückt offenbar nun auch die abgespeckte Version – also der klinische Teil eines Medizin-Studiums in Bremen – in die Ferne. Es fehle an geeigneten Kooperationspartnern für den vorklinischen Ausbildungsteil, hieß es. Für den CDU-Gesundheitspolitiker sind das "Ausreden, weil die Bemühungen halbherzig sind. Wir verfügen in Bremen über eine hervorragende medizinische und wissenschaftliche Infrastruktur, und zwar für ein Medizin-Vollstudium und die Möglichkeiten zu Kooperationen in der Gesundheitsregion Nordwest", so Bensch.

Überregionale Kooperationen seien auch ein Schlüssel zur Bewältigung des Fachkräftemangels in der Pflege und anderen nicht-ärztlichen Heilberufen: Die CDU schlägt vor, durch Investitionen in Infrastruktur und Personal "den größten und attraktivsten Gesundheitscampus in Norddeutschland" zu schaffen.

Künstliche Intelligenz: Die CDU will Bremen, Bremerhaven und Oldenburg als Metropolregion Gesundheit Nordwest zu einem "Silicon Valley" der Medizin, Pflege und Gesundheitswirtschaft machen. Dafür soll ein "Kooperationsverbund Künstliche Intelligenz" – bestehend aus Universitäten, Hochschulen, Forschungsinitiativen und Investoren – geschaffen werden. Deutschland und speziell auch das Gesundheitswesen hinke der Entwicklung bei Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) hinterher. Gerade in Bremen bündele sich Wissen dafür, heißt es in dem Thesenpapier. Als Beispiele werden der Technologiepark Bremen an der Universität, Forschungsinstitute wie Mevis, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz oder die Robotik-Entwicklung an der Universität, die Neuausrichtung der Jacobs University auf KI sowie die Hochschule Bremerhaven mit Studiengängen für Medizintechnik und Digitalisierung genannt. Erste Aufgabe eines Kooperationsverbundes Künstliche Intelligenz könne der Aufbau einer digitalen Plattform für Diagnostik-, Therapie-, Produktions- und Dienstleistungsangebote auf fachlicher Ebene sein, regt die CDU-Fraktion an.

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