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»Wir brauchen weniger Kliniken«

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Einer von 22 Krankenhausstandorten: Agaplesion-Klinik in Frankfurt. © Red

Agaplesion-Vorstandsvorsitzender Markus Horneber spricht im Interview über unterbelegte Kliniken, die Vorteile des Wett- bewerbs und den von Personalmangel getriebenen Zwang zu Reformen.

Mit vier Krankenhäusern hat Agaplesion vor 20 Jahren angefangen. Jetzt ist es nach Helios, Sana und Asklepios der viertgrößte Gesundheitskonzern der Republik. Das Besondere an der Aktiengesellschaft ist die Gemeinnützigkeit. Und dass sie Erfahrung mit dem Zusammenlegen von Kliniken hat.

Herr Horneber, woher haben Sie das Geld für die vielen Zukäufe von Krankenhäusern und Pflegeheimen?

Wir kaufen keine Häuser. Wir machen das viel intelligenter. Unsere meisten Krankenhäuser gehörten früher einer kirchlichen GmbH, einem Verein oder einer Stiftung. Beim Agaplesion-Elisabethenstift in Darmstadt zum Beispiel war es eine Stiftung. Sie hat 60 Prozent der Gesellschafteranteile abgeben und bekam dafür Aktien an Agaplesion. Das ist ein ideeller Wert.

Warum ist es wichtig, den alten Betreiber mit ins Boot zu holen?

Die enge Bindung der Stadt und ihrer Bevölkerung an das Krankenhaus und den früheren Alleineigentümer bleibt. Agaplesion übernimmt das Management, aber die bisherigen Alleineigentümer bleiben in der regionalen Gesellschaft dabei, und zusätzlich sind sie als Aktionäre in der Hauptversammlung unserer Aktiengesellschaft vertreten.

Ist es das, was Sie unter ideellem Wert verstehen?

Ja. Wer sein Krankenhaus gegen Geld verkaufen will, kommt nicht zu uns. Das Modell passt nur jenen, die die Identität, die Kultur ihres evangelischen Krankenhauses oder einer anderen diakoni-schen Einrichtung bewahren wollen. Wir garantieren dies vertraglich. Wir sind Deutschlands größtes diakonisches Unternehmen.

Krankenhäuser zu betreiben, ist angeblich nicht mehr so lukrativ. Die Politik will die Zahl der Krankenhäuser senken. Haben wir zu viele Kliniken in Deutschland?

Ja. Und das Problem wird immer größer wegen des Personalmangels in allen Bereichen - Pflege, ärztlicher Dienst, aber auch in der IT oder Speiseversorgung. Weniger Krankenhäuser bedeutet eine bessere Auslastung. Man kommt in Summe mit weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Es gibt Krankenhäuser, die sind nur zu 50 Prozent belegt, aber es muss trotzdem die komplette Belegschaft da sein.

Sie behaupten, Agaplesion sei bei Krankenhauszusammenlegungen Weltmeister. Warum ist das Ihrer Meinung nach so?

In Frankfurt hatten wir zur Gründungszeit vier Krankenhäuser. Das am Mühlberg, das Diakonissenkrankenhaus im Nordend, das Bethanienkrankenhaus und das Markus. Die ersten beiden haben wir geschlossen und ins Markus verlegt. Die Mitarbeiter haben kaum weitere Wege. Und die Patienten haben den Vorteil, dass sie nicht in einer reinen geriatrischen Fachklinik liegen. Wir können sie im Agaplesion-Markuskrankenhaus auch orthopädisch oder urologisch oder gynäkologisch versorgen. Zusammenlegen verbessert die Versorgungsqualität. Dasselbe Konzept haben wir an vielen anderen Standorten in Deutschland realisiert.

Was ist das Erfolgsrezept für eine Zusammenlegung?

Bei unterschiedlichen Trägern wird es wegen der unterschiedlichen Interessen schwierig. Bei den Öffentlichen kommt hinzu, dass jeder Bürgermeister oder Landrat sein Krankenhaus behalten will. Deshalb passiert so wenig in Richtung der aus medizinischer und wirtschaftlicher Sicht so notwendigen Zusammenlegung. Auf dem Land muss das eine oder andere Krankenhaus am Netz bleiben, um eine Grundversorgung zu gewährleisten, damit die Wege nicht zu weit werden.

In der politischen Diskussion ist eine Arbeitsteilung. Was halten Sie davon?

Nicht jedes Krankenhaus muss alles machen. Wenn es eine Kardiologie hat, bietet sich als Ergänzung eine Angiologie an, vielleicht noch Gefäßchirurgie und Pneumologie. Oder man spezialisiert sich wie wir an manchen Standorten auf ältere Menschen - Geriatrie, mit Orthopädie, wegen des häufigen Oberschenkelhalsbruchs. Da sind die Patienten besser aufgehoben als in einer orthopädischen Fachklinik. Sinnvolle Schwerpunkte setzen, davon mehr Patienten behan-deln - weil mit Erfahrung die Qualität steigt. Es ist richtig, dass der Gesetzgeber Mindestmengen in vielen Bereichen vorschreibt.

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