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Kreis Minden-Lübbecke

Pikant: Mühlenkreiskliniken haben keinen Beauftragten für Gleichstellung

Die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten ist noch bis zum Sommer vakant. Das ist bemerkenswert, auch angesichts der Diskriminierungsvorwürfe der jüngsten Zeit

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Erneut in der Kritik: Die Mühlenkreis-Kliniken, hier das Mindener Haus, das Johannes Wesling Klinikum. | © MKK

Erneut in der Kritik: Die Mühlenkreis-Kliniken, hier das Mindener Haus, das Johannes Wesling Klinikum. | © MKK

09.05.2019 | 09.05.2019, 12:11

Minden. Die Mühlenkreiskliniken haben keine Gleichstellungsbeauftragte – obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist. Das ist besonders pikant angesichts der Vorwürfe, die Mitarbeiter gegen das Mindener Johannes-Wesling-Klinikum Minden erheben, das zum Klinikverbund gehört: Ein Arzt aus dem arabischen Raum soll deutlich gemacht haben, dass er höchst ungern mit Frauen zusammenarbeitet. Eine Gleichstellungsbeauftragte wäre eine Stelle, an die sich Betroffene in solchen Fällen wenden könnten.

Frage nach dem "Warum" bleibt unbeantwortet

Warum die Stelle vakant ist, lässt die MKK-Pressestelle unbeantwortet. Auch auf die Frage, wie die Mühlenkreiskliniken sicherstellen, sich ohne feste Ansprechpartnerin um das wichtige Thema Gleichstellung zu kümmern und diese zu fördern, gibt es keine Auskunft. Immerhin: Der Klinikverbund möchten die Vakanz bald beenden. „Die Gleichstellungsbeauftragte der Mühlenkreiskliniken soll im Sommer ihre Arbeit aufnehmen", teilt Unternehmenssprecherin Ramona Schulze mit. Die Stelle sei im Plan für dieses Jahr vorgesehen. „Derzeit wird die Ausschreibung vorbereitet", erklärt Schulze.

"Die Stelle müsste es schon geben"

Klaus Habbe, Vorsitzender des MKK-Personalrates, hatte in der Vergangenheit die Klinikleitung bereits mehrfach auf die Notwendigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten hingewiesen. Er bestätigt, dass die Mühlenkreiskliniken als Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) – sie gehören dem Kreis Minden-Lübbecke – schließlich gesetzlich dazu verpflichtet seien.„Die Stelle müsste es eigentlich schon geben."

Die neue Gleichstellungsbeauftragte werde ab Sommer sowohl die Mitarbeiterinnen als auch die Mühlenkreiskliniken hinsichtlich des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern beraten und unterstützen, sagt MKK-Sprecherin Ramona Schulze. Bis sie ihren Dienst aufnehme, könnten sich alle Beschäftigten weiterhin vertrauensvoll an verschiedene interne Stellen wenden: an den Personalrat, an Vorgesetzte, die Betriebsleitungen der Standorte, die Leiterin der Rechtsabteilung, den Informationssicherheitsbeauftragten der MKK (auch anonym über das Intranet), an zwei externe Vertrauensleute sowie an den MKK-Vorstand. Klaus Habbe ermutigt Mitarbeiterinnen, Probleme mitzuteilen und den Kontakt zu suchen. „Im Personalrat stehen auch Frauen als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung – die Gespräche sind vertraulich", betont der Personalratsvorsitzende.

Wie verhalten sich andere Kliniken?

Wie verhalten sich im Vergleich zu den MKK andere Kliniken in der Region beim Thema Gleichstellung? Gibt es feste Ansprechpartnerinnen? Das Klinikum Herford (2.000 Mitarbeiter) hat zum Beispiel bereits seit 2004 eine Gleichstellungsstelle. Die Gleichstellungsbeauftragte setze sich für eine geschlechtergerechte Personalpolitik und Unternehmenskultur zur Verbesserung der Chancengleichheit ein, sagt Sprecherin Monika Bax. Außerdem habe sie das Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern, und sie entwickele Maßnahmen gegen Benachteiligung, Diskriminierung und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. „Ihre Arbeit trägt zur Identifikation unserer Mitarbeiter mit dem Klinikum bei und ist somit ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensphilosophie", so Bax.

Das Agaplesion Klinikum Schaumburg in Vehlen (Obernkirchen) ist in konfessioneller Trägerschaft und müsste formal keine Gleichstellungsbeauftragte benennen, erklärt Geschäftsführerin Diana Fortmann. Die Mitarbeitervertretung soll aber insbesondere für die Gleichstellung und die Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Dienststelle eintreten, Projekte zum Erreichen dieser Ziele anregen und an deren Umsetzung mitwirken. Das Thema Gleichstellung sei dem Unternehmen, das knapp 1.000 Mitarbeiter beschäftigt, sehr wichtig, „da unter anderem eine Chancengleichheit für Männer und Frauen sichergestellt und gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz agiert wird", sagt Fortmann.

Das Klinikum Region Hannover (7.500 Mitarbeiter) hat seit 2007 zwei hauptamtlich beschäftigte Gleichstellungsbeauftragte, berichtet Sprecher Steffen Ellerhoff. Sie machen sich stark für die Förderung der Chancengleichheit, beraten bei gleichstellungsrelevanten Fragestellungen zu betrieblichen Entwicklungen sowie in Einzelfällen und setzen sich für Familienfreundlichkeit im Unternehmen ein. „Gleichstellung und Chancengleichheit sind für uns wichtige Themen, da sie unserem Selbstverständnis entsprechen. Zudem hilft uns diese Expertise auch, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein", betont der Sprecher und nennt ein Beispiel: „Unser Gleichstellungsreferat koordiniert derzeit ein erfolgreiches EU-Projekt zur Förderung weiblicher ärztlicher Nachwuchskräfte, die Führungspositionen anstreben."

Information

Gesetzlich geregelt

Die Gleichstellung von Mann und Frau bleibt eine kontinuierliche Aufgabe – in Minden und auch im Rest Deutschlands. Nach wie vor haben Frauen oft schlechter bezahlte Jobs und treten für die Familie beruflich kürzer.
Gleichstellungsbeauftragte sollen die Vorgaben des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG NRW) vor Ort umsetzen. Prinzipiell können sie sich überall dort einmischen, wo geschlechterspezifische Belange eine Rolle spielen. Gerade bei Neueinstellungen muss ihre Meinung berücksichtigt werden