Die mögliche Schließung des Krankenhauses Stühlingen, löst bei den Menschen im östlichen Landkreis große Emotionen aus. Der SÜDKURIER befragte die Bürgermeister der angrenzenden Kommunen nach ihrer Einschätzung. Wegen des politischen Bestrebens, Zentralkliniken zu bevorzugen, geben sich alle Rathauschefs aber skeptisch, ob das kleine Haus in bisherigem Umfang erhalten werden kann.

„Infrastruktur beibehalten“

Georg Eble, Bürgermeister in Wutöschingen, plädiert für den Erhalt des Loreto-Krankenhauses. Zum einen für die Akutversorgung, besonders aber für die Nachsorge von Patienten im östlichen Landkreis. „Neben der stationären Behandlung ist auch die ambulante Versorgung durch die dort niedergelassenen Ärzte mit ein wesentliches Argument. Sie können jederzeit auf die vorhandene Infrastruktur zurückgreifen.“

Georg Eble, Bürgermeister Wutöschingen. Bild: Gerald Edinger
Georg Eble, Bürgermeister Wutöschingen. Bild: Gerald Edinger | Bild: Edinger, Gerald

Größe und die familiäre Atmosphäre würden von den Patienten besonders geschätzt. Eble führt bei einer Schließung die weiteren Wege nach Waldshut, später nach Albbruck als Nachteil ins Feld. Sein Appell an den Betreiber: Die Infrastruktur beibehalten. Allerdings fürchtet er, dass die Krankenhauslandschaft sich durch die Tendenz zu größeren Zentren weiter verändern wird. „Auch wenn mit der Einführung die Tragweite dieser Entscheidung nicht erkannt worden ist. Dieses Rad wird sich nicht mehr zurückdrehen lassen.“

„Wichtige Pfeiler der medizinischen Versorgung“

Karlheinz Gantert, Bürgermeister in Eggingen, betont im Schulterschluss mit seinem Stühlinger Amtskollegen die Bedeutung des Krankenhauses für die Region. „Ein wohnortnahes Krankenhaus stellt für alle ein hohes Gut dar.“ Es sei heute schon schwierig, innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Schwellenwerts von 30 Minuten das Krankenhaus in Waldshut mit dem Auto zu erreichen. Wenn das zentrale Klinikum 2028 in Albbruck in Betrieb geht, ist dieser Wert ganz sicher nicht mehr zu erfüllen.“ Das Klinikum Stühlingen und das Medizinische Versorgungszentrum seien wichtige Pfeiler der medizinischen Versorgung auch für den Landkreis.

Karlheinz Gantert, Bürgermeister der Gemeinde Eggingen
Karlheinz Gantert, Bürgermeister der Gemeinde Eggingen | Bild: Daniel Zaus

Aufgrund des zunehmenden Ärztemangels im ambulanten Sektor deute sich bereits heute eine eklatante Verschlechterung, die sich aufgrund der demografischen Entwicklung der niedergelassenen Ärzte in den nächsten Jahren verstärken dürfte. Deshalb plädiert er zumindest für den Erhalt des MVZ.

„Die Kommunalpolitiker der Region können letztendlich nicht mehr tun, als an den Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz zu appellieren, alles erdenkliche zu tun, um die Schließung zu verhindern. Man muss aber auch ehrlich genug sein, um zu wissen, dass ein Krankenhaus in der Größe von Stühlingen mit 44 Betten viel zu klein ist, um zu überleben.“ Grundsätzlich sieht er den Landkreis Waldshut in der Verantwortung, die stationäre Klinikversorgung sicherzustellen, das gehöre zu den Pflichtaufgaben der Landkreise.

„Gesamtgesellschaftliche Aufgabe“

Marlon Jost, Bürgermeister der Stadt Bonndorf, betont, dass jede Ausdünnung der Gesundheitsversorgung, besonders in unmittelbarer Nähe, zu „berechtigten Ängsten der Bevölkerung“ führe. „Das Krankenhaus Stühlingen steht seit Jahrzehnten für kompetente Beratung und Betreuung. Die Krankenschwestern und Pfleger sind engagiert Tag und Nacht für uns da. Mit jedem Wegfall eines stationären Krankenhausstandortes verliert die Region qualitativ hochwertige Angebote.“ Eine Schließung bedeute noch weitere Anfahrtswege für die Patienten und Angehörige. „Wir brauchen eine Grundversorgung, die rasch erreichbar ist.“

Marlon Jost, Bürgermeister von Bonndorf
Marlon Jost, Bürgermeister von Bonndorf | Bild: Juliane Kühnemund

Er vertraut in dieser Frage auf den Sachverstand des Kreisrates. „Für mich ist die Sicherstellung dieser ortsnahen Klinik vordringlich und wir dürfen dabei nicht übersehen, dass viele Gemeinden und Kommunalpolitiker sich für den Erhalt von Arztpraxen einsetzen.“ Ein Mittel der Wahl werde hier die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sein.

„Wir müssen neue Ärzte für unsere Region gewinnen. Mit fachübergreifenden Ärztepartnerschaften könnte auch für das Stühlinger Krankenhaus eine Chance bestehen, in einer anderen Form weitergeführt zu werden.“ Dies gelte für all diejenigen, die gesundheitliche Hilfe brauchen. „Wir nicht nur den Schulterschluss der östlichen Kreisgemeinden, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“

„Patienten sind gut aufgehoben“

Ozan Topcuogullari, Bürgermeister in Klettgau, hält das Stühlinger Krankenhaus für sehr wichtig. „Es stellt die medizinische Versorgung auch für die Bürger aus Klettgau sicher. Es ist ein familiäres Krankenhaus, in dem Patienten gut aufgehoben sind. Es wird nicht nur von älteren Menschen mit kleinen Beschwerden sehr geschätzt. Das Stühlinger Krankenhaus stellt auch eine Entlastung der anderen Kliniken dar.“ Ein Wegfall dieses medizinischen Angebots würde die ganze Region betreffen.

Ozan Topcuogullari
Ozan Topcuogullari | Bild: Gemeinde Klettgau

Er stellt allerdings klar, dass die Möglichkeiten für den Erhalt begrenzt sind. „Die Frage der Finanzierbarkeit wird auschlaggebend sein. Ich hoffe, dass hier Lösungen gefunden werden.“ Dazu müsse ein tragfähiges Konzept entwickelt werden, das zukunftsorientiert ist. „Ohne eine Finanzspritze vom Land oder Bund wird es schwierig.“ Die Bürgermeister des östlichen Landkreises seien sich einig, dass eine Ausdünnung der medizinischen Versorgung gerade im ländlich geprägten Raum verhindert werden muss.

„Kommunalpolitiker können Schließung kaum verhindern“

Thomas Schäuble, Bürgermeister der Gemeinde Lauchringen, erklärt, dass nach seiner Wahrnehmung das Krankenhaus Stühlingen für die Bevölkerung Lauchringens eine untergeordnete Bedeutung habe. Grundsätzlich orientiere man sie deutlich mehr zum Klinikum Hochrhein. Eine Schließung des Stühlinger Krankenhause habe daher für die stationäre Versorgung „keine gravierenden Folgen“.

Thomas Schäuble, Bürgermeister Lauchringen
Thomas Schäuble, Bürgermeister Lauchringen | Bild: Gemeinde Lauchringen

Kommunalpolitiker könnten eine Schließung kaum verhindern. Der Landkreis Waldshut habe allerdings beim Land Baden-Württemberg einen Antrag für eine Primärversorgung in Stühlingen gestellt, so Schäuble. Der Kreistag werde sich in seiner nächsten Sitzung (11. Mai) damit beschäftigen.

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