Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 34/20 R

Krankenversicherung - MDK-Prüfverfahren - Krankenhausabrechnung - nachträgliche Korrektur

Verhandlungstermin 18.05.2021 14:00 Uhr

Terminvorschau

In den Fällen 3 bis 9 streiten die Beteiligten jeweils über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung. Streitig ist dabei, ob die Regelungen in § 7 Abs 2 Satz 4 der Prüfverfahrensvereinbarung vom 1.9.2014 (PrüfvV 2014, Fälle 3 <B 1 KR 24/20 R > und 4 <B 1 KR 32/20 R>) sowie § 7 Abs 5 der PrüfvV 2014 (Fälle 6 <B 1 KR 34/20 R> und 8 <B 1 KR 39/20 R>) und der PrüfvV 2016 (Fälle 5 <B 1 KR 33/20 R>, 7 <B 1 KR 37/20 R> und 9 <B 1 KR 42/20 R>) Vergütungsansprüche bzw Vergütungsnachforderungen ausschließen.

Landshuter Kommunalunternehmen für medizinische Versorgung ./. AOK Bayern - Die Gesundheitskasse
Das klagende Krankenhaus behandelte den bei der beklagten Krankenkasse Versicherten vollstationär vom 12.4. bis 14.4.2016 und berechnete hierfür zunächst 5289,40 Euro auf der Grundlage der DRG F12G. Zu dieser gelangte es, indem es ua OPS 5-377.2 (Schrittmacher, Zweikammersystem, mit einer Schrittmachersonde) kodierte. Die Krankenkasse beauftragte den MDK mit der Überprüfung, ob das Überschreiten der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet sei, was dieser bejahte. Mit Schlussrechnung vom 25.1.2017 änderte das Krankenhaus seine ursprüngliche Abrechnung und forderte auf der Grundlage der DRG F01G vergeblich die Zahlung weiterer 5371,36 Euro. Es kodierte hierfür OPS 5-377.50 (Defibrillator mit Einkammer-Stimulation, ohne atriale Detektion) anstelle von OPS 5-377.2.

Das SG hat der Klage auf Zahlung von 5371,36 Euro nebst Zinsen stattgegeben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dass die stationäre Behandlung des Versicherten richtigerweise unter Kodierung von OPS 5-377.50 nach DRG F01G abzurechnen sei, sei unstreitig. Die sich dadurch ergebende Nachforderung sei weder verjährt noch verwirkt und auch nicht nach § 7 Abs 5 Satz 2 PrüfvV 2014 ausgeschlossen. Die Vorschrift regele keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist.

Die beklagte Krankenkasse rügt mit ihrer Revision sinngemäß die Verletzung von § 17c Abs 2 KHG iVm § 7 Abs 5 PrüfvV 2014.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Landshut - S 6 KR 151/17, 26.06.2019
Bayerisches Landessozialgericht - L 4 KR 437/19, 13.08.2020

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 19/21.

Terminbericht

Der Senat hat in den Verfahren 3 <B 1 KR 24/20 R>, 4 <B 1 KR 32/20 R>, 6 <B 1 KR 34/20 R>, 7 <B 1 KR 37/20 R> und 8 <B 1 KR 39/20 R> entschieden, dass sowohl § 7 Abs 2 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) - Fassung 2014 - als auch § 7 Abs 5 PrüfvV - Fassung 2014 und 2016 - jeweils eine materielle Präklusionsregelung enthalten. Die Regelungen sind durch die Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs 2 KHG gedeckt. Sie ermächtigt die Parteien der PrüfvV, an die Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten im Prüfverfahren Rechtsfolgen zu knüpfen, die auch die Durchsetzbarkeit des Vergütungsanspruchs betreffen.

In den Fällen 3 <B 1 KR 24/20 R> und 4 <B 1 KR 32/20 R> ist der Vergütungsanspruch des Krankenhauses jeweils nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Krankenhaus vom MDK angeforderte Unterlagen nicht (fristgerecht) vorgelegt hat. § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV enthält keinen materiell-rechtlichen Ausschluss des Vergütungsanspruchs. Vielmehr darf danach der Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht mit Unterlagen begründet werden, die der MDK in einem ordnungsgemäßen Prüfverfahren angefordert hat, das Krankenhaus jedoch nicht innerhalb der Frist von 4 Wochen vorlegt. Die präkludierten Unterlagen sind als Beweismittel auch im nachfolgenden Gerichtsverfahren endgültig ausgeschlossen.

In den Fällen 6 <B 1 KR 34/20 R>, 7 <B 1 KR 37/20 R> und 8 <B 1 KR 39/20 R> waren die auf Änderungen der jeweiligen Datensätze gestützten Nachforderungen der klagenden Krankenhäuser nicht nach § 7 Abs 5 PrüfvV ausgeschlossen. Danach ist die Änderung des nach § 301 SGB V an die Krankenkasse übermittelten Datensatzes nach Ablauf der dort geregelten Änderungsmöglichkeiten grundsätzlich unzulässig, soweit er Gegenstand des Prüfverfahrens (gewesen) ist. Das gilt sowohl für Nachforderungen als auch bei gleichbleibendem oder vermindertem Rechnungsbetrag. Das Krankenhaus verliert insoweit das Recht, den Datensatz nach § 301 SGB V zu ändern. Eine Vergütungsforderung kann nicht auf neue - präkludierte - Daten gestützt werden. Denn Voraussetzung für die Fälligkeit des Nachforderungsanspruchs ist eine ordnungsgemäß korrigierte Abrechnung, die nur vorliegt, wenn die betreffenden Daten noch (rechtmäßig) übermittelt werden durften. § 7 Abs 5 PrüfvV erfasst jedoch nur Änderungen des Teils des Datensatzes, der Prüfgegenstand des konkreten MDK-Prüfverfahrens (gewesen) ist. Die Regelung schließt dagegen Datenänderungen nicht aus, die den nicht vom Prüfgegenstand erfassten Teil des Datensatzes betreffen. Mit nicht nach § 7 Abs 5 PrüfvV präkludierten Daten kann - soweit die Daten zutreffen - der Vergütungsanspruch innerhalb der Grenzen von Verwirkung und Verjährung weiterhin erfolgreich durchgesetzt werden. Der Regelungszweck des § 7 Abs 5 PrüfvV gebietet zudem eine teleologische Reduktion des zu weit gefassten Wortlauts: Die materielle Präklusion gilt nicht, wenn das Krankenhaus Daten nach § 301 SGB V gerade in Umsetzung des Prüfergebnisses des MDK korrigiert oder ergänzt. In den Fällen 6 <B 1 KR 34/20 R> und 7 <B 1 KR 37/20 R> durften die Krankenhäuser ihre Schlussrechnungen daher jeweils ändern und weitere Vergütung von der Krankenkasse nachfordern. Im Fall 8 <B 1 KR 39/20 R> konnte der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden.

6) 14.00 Uhr - B 1 KR 34/20 R - Landshuter Kommunalunternehmen für medizinische Versorgung ./. AOK Bayern - Die Gesundheitskasse

Die Revision der beklagten Krankenkasse hatte keinen Erfolg. Das LSG hat die Berufung der Krankenkasse gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Das Krankenhaus hat einen durchsetzbaren Anspruch auf weitere Krankenhausvergütung in Höhe von 5371,36 Euro.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 19/21.

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