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Krankenhausreform

Sächsischer Krankenhaustag: „Zufallssterben der Kliniken hat begonnen“

Auch Sachsens Kliniken fordern von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dass sie in den Reformprozess einbezogen werden.

Auch Sachsens Kliniken fordern von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dass sie in den Reformprozess einbezogen werden.

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Leipzig. Der Sächsische Krankenhaustag hat ein deutliches Signal an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gesendet. Vertreter von Kliniken wie auch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stellten am Donnerstag in Leipzig klar: Reformen müssen sein, es braucht aber dringend mehr Dialog und Geld, um die nächsten Jahre zu überstehen. „Die Politik muss jetzt handeln“, sagte Friedrich München, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen (KGS).

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Klinikchefs aus dem Freistaat forderten erneut einen Ausgleich für Inflation und Tarifsteigerungen. Es brauche Planungs- und Investitionssicherheit. Auch die weitere Ausbildung von Fachkräften koste Geld, erklärte Martin Jonas, Geschäftsführer des Klinikums Chemnitz. Moderne Technik sei ebenfalls nur mit auskömmlicher Finanzierung möglich, so Katrin Volkel-Lutz, Pflegedirektorin am Diakonissenkrankenhaus Leipzig.

Podiumsdiskussion beim Sächsischen Krankenhaustag in der Kongresshalle Leipzig (von links): Professor Henriette Neumeyer (Deutsche Krankenhausgesellschaft), Rainer Striebel (AOK  Sachsen und Thüringen), Friedrich München (Krankenhausgesellschaft Sachsen), Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Professor Boris Augurzky (Klinik-Kommission von Karl Lauterbach), Dirk Köcher (Städtisches Klinikum Dresden) und Thomas Lemke (Sana-Kliniken AG).

Podiumsdiskussion beim Sächsischen Krankenhaustag in der Kongresshalle Leipzig (von links): Professor Henriette Neumeyer (Deutsche Krankenhausgesellschaft), Rainer Striebel (AOK Sachsen und Thüringen), Friedrich München (Krankenhausgesellschaft Sachsen), Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, Professor Boris Augurzky (Klinik-Kommission von Karl Lauterbach), Dirk Köcher (Städtisches Klinikum Dresden) und Thomas Lemke (Sana-Kliniken AG).

„Versorgung ist schon jetzt bedroht“

„Das Zufallssterben der Krankenhäuser hat begonnen – die Versorgung ist schon jetzt bedroht“, so Henriette Neumeyer, Vize-Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft. „Wir sind selbst ein Patient“, stellte Iris Minde, Vize-Vorsitzende der KGS und Geschäftsführerin des Klinikums St. Georg in Leipzig, klar. „Uns muss geholfen werden – wenn Lauterbach nichts tut, ist das unterlassene Hilfeleistung“, erklärte Minde. „Ich bin wütend, dass wir unverschuldet in so eine Situation geraten sind.“ Natürlich könne nicht alles bleiben, wie es ist, sagte Dirk Köcher, Kaufmännischer Direktor des Städtischen Klinikums Dresden. „Wir alle sehen den Bedarf einer Reform, es geht um den Weg dorthin“, so der Vorsitzende im mitteldeutschen Landesverband der Krankenhausdirektoren Deutschlands.

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Die derzeitigen Reformpläne des Bundesgesundheitsministers seien geprägt von „maximaler Intransparenz und Planlosigkeit“, erklärte Henriette Neumeyer. „Lauterbach kann nicht zuhören“, erklärte Ministerpräsident Kretschmer. „Ich habe das Gefühl, dass das, was man ihm sagt, nicht reflektiert wird.“ Auch Thomas Lemke, Vorstandschef der Sana-Kliniken AG, wurde deutlich: Das Ziel des Ministers sei keine regionalbezogene Gesundheitsversorgung, „sondern eine staatlich-zentralistische, planwirtschaftlich organisierte Versorgung von Berlin aus“.

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Kretschmer fordert Inflationsausgleich

Kretschmer sprach von einer „unverantwortlichen Gesundheitspolitik“ des Bundes. „Wir müssen jetzt den Inflationsausgleich bekommen“, sagte er Richtung Berlin. Der Freistaat sei bereit, sich finanziell an einer strukturierten und planvollen Reform zu beteiligen. Der Regierungschef signalisierte zudem, dass Investitionen in Sachsens Krankenhäuser in den kommenden zehn Jahren Priorität hätten. Die Finanzierung von Gebäuden, Technik und Anlagen gehört allerdings ohnehin zu den Pflichtaufgaben der Bundesländer – sie sind dieser in der Vergangenheit aber unzureichend nachgekommen.

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Professor Boris Augurzky, Mitglied in Lauterbachs Krankenhauskommission, warf einen Blick in die Zukunft. Er legte eine Analyse vor, nach der im Freistaat durch Ambulantisierung und Schwerpunktbildung 67 von 82 Klinik-Standorten übrig bleiben würden. Ein mutiges Statement, fand Manja Rügen, Referatsleiterin für Krankenhauswesen in Sachsens Gesundheitsministerium.

Modellprojekte im Landkreis Görlitz

Wie es mit den einzelnen Kliniken im Freistaat weitergeht, bleibt vorerst unklar. Allerdings preschen einige Häuser aus der finanziellen Not heraus vor: KGS-Geschäftsführer München verwies im LVZ-Gespräch auf Modellprojekte an den Kliniken Weißwasser und Zittau/Ebersbach im Landkreis Görlitz, die zu Gesundheitszentren mit deutlich reduzierter Bettenzahl, Notfallversorgung am Tag sowie ambulanter hausärztlicher, chirurgischer und internistischer Versorgung umgebaut werden sollen. Das Ziel: die schwer angeschlagenen Krankenhäuser zumindest als Gesundheitsstandorte sichern.

LVZ

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