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Krankenhäuser: Teure Erfolgsgeschichte im Landkreis Weilheim-Schongau

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In Zukunft sollen die Ärzte pendeln. So sollen Ärzte aus Schongau auch Patienten im Weilheimer Krankenhaus (Foto) behandeln.
In Zukunft sollen die Ärzte pendeln. So sollen Ärzte aus Schongau auch Patienten im Weilheimer Krankenhaus (Foto) behandeln. © archiv ruder

Hinter den Beschäftigten der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH liegt ein schweres Jahr. Daran ließ Geschäftsführer Thomas Lippmann bei seinem Bericht im Kreistag keine Zweifel aufkommen. Und auch daran nicht, dass die GmbH dauerhaft auf Finanzspritzen des Landkreises angewiesen bleiben wird.

Landkreis – „An uns allen ist die Pandemie nicht spurlos vorbei gegangen“, sagte Lippmann zu Beginn seiner Ausführungen. Zunächst aber konzentrierte er sich darauf, den Kreisräten zu verdeutlichen, was bereits alles geschafft worden sei.

„Noch vor sieben Jahren“, sagte der Geschäftsführer, „war es undenkbar, dass ein Arzt von Weilheim nach Schongau pendelt und umgekehrt“. Das habe sich deutlich geändert: „Unser Ziel ist ein virtuelles Krankenhaus mit 400 Betten.“ Will meinen: Dem Patienten kann egal sein, ob er in Weilheim oder Schongau stationär behandelt wird, bei Bedarf kommen die Experten an den jeweiligen Standort.

Die Corona-Pandemie habe dieses Vorhaben allerdings behindert, räumte Lippmann ein. „Wir haben aus Schongau eine Covid-Schwerpunktklinik gemacht, damit wir in Weilheim die Regelversorgung aufrecht erhalten konnten.“ Er betonte in seinem Vortrag noch einmal, wie wichtig das sei: „Die anderen Erkrankungen lösen sich nicht einfach in Luft auf, weil gerade Corona herrscht.“ Man habe festgestellt, dass im vergangenen Jahr „viele aus purer Angst viel zu spät ins Krankenhaus gegangen sind“, so Lippmann. Die Konsequenz seien „sehr schwere Krankheitsverläufe“.

Das habe sich auch auf die Auslastung der beiden Krankenhäuser ausgewirkt. Im vergangenen Jahr habe man zwar rund 200 Covid-Patienten stationär behandelt. Allerdings sei die Fallzahl auf 13 850 zurückgegangen – rund 2700 weniger als noch 2019. Die seit 2014 stetig steigende Auslastungsquote der beiden Krankenhäuser sei von mehr als 80 Prozent wieder auf den Stand von 2014 – 66,7 Prozent – „abgestürzt“.

Lippmann: Kein Zynismus bei Umgang mit den Mitarbeitern

Dadurch sei auch der Zuschussbedarf des Landkreises deutlich gestiegen. Lippmann kündigte auf Nachfrage im Kreistag allerdings an, dass von den drei Millionen Euro Corona-Sonderzuschuss, die der Kreistag im Herbst im Nachtragshaushalt bewilligt hatte, wahrscheinlich nur die Hälfte benötigt werde. In diesem Zusammenhang verwies er noch einmal auf die Vorteile der kommunalen Trägerschaft und brachte verschiedene Beispiele. Die Asklepios-Klinik in Bad Tölz habe dieser Tage kurzerhand zahlreiche Pflegehelfer gefeuert, weil sie die Kosten dafür nicht mehr von den Kassen erstattet bekommen würde. Ein Krankenhaus in Meiningen habe allen Ernstes 5-Euro-Gutscheine als Prämie an seine Pflegekräfte verteilt, damit „die sich einen Herzenswunsch erfüllen können“, so Lippmann. Derartigen Zynismus sei den Mitarbeitern der Krankenhaus GmbH zum Glück fremd. Genau wie permanente Überlastung: „Wer bei uns frei hat, der hat frei und muss nicht die ganze Zeit auf sein Handy starren und befürchten, dass gleich der Anruf kommt, weil die Personaldecke zu dünn ist“, so der Geschäftsführer.

Das zahle sich aus: „Die Pflegekräfte kommen aus allen umliegenden Krankenhäusern zu uns und wollen hier arbeiten. Nicht nur, weil wir Tarif bezahlen, sondern, weil das Gesamtpaket passt.“

Lippmann lobt auch die Kooperation mit dem Klinikum „Rechts der Isar“ in München. „Die Zusammenarbeit ist für beide Seiten von großem Vorteil. Und wird immer weiter ausgebaut“, sagte er. So würden neuerdings Spezialisten aus München anreisen, wenn komplizierte Eingriffe nach Schlaganfällen nötig werden.

Robotertechnik als Erfolgsgeschichte

Ebenso weit vorn sieht Lippmann die Krankenhaus GmbH, wenn es um die Robotertechnik geht. 350 Mal sei der Mako-Roboter, den man 2019 angeschafft habe, bislang zum Einsatz gekommen. Der Da-Vinci-Roboter, der im vergangenen Jahr angeschafft wurde, habe bereits 100 Operationen absolviert und komme in Zukunft auch bei gynäkologischen Eingriffen zum Einsatz.

Durch die Investition von mehr als 50 Millionen Euro in die Sanierung und Modernisierung der beiden Krankenhäuser in den vergangenen Jahren sei man jetzt „konkurrenzfähig und gut aufgestellt“. Als nächstes müsse man „die Digitalisierung in den Krankenhäusern massiv vorantreiben“, sagte Lippmann, räumte aber auch ein, dass „das nur bei einer entsprechenden Finanzierung der Eigenanteile möglich sein wird“. Auf Nachfrage der Kreisräte räumte er ein: „Wenn wir das heutige Angebot aufrecht erhalten wollen, werden die Kosten auf Dauer kaum sinken.“ Das einzige echte Einsparpotenzial sei der Verzicht auf den Tarif des öffentlichen Dienstes, aber „dann sind wir nicht mehr weit entfernt von der Fünf-Euro-Dankesprämie aus dem Meininger Krankenhaus“.

Scharfe Kritik an permanentem Besucherstopp in den Krankenhäusern

Kreisrat Franz Reßle (ÖDP/Schongau) kritisierte in der anschließenden Debatte vor allem den Besuchsstopp in den beiden Krankenhäusern. „Da war eine Frau, die 16 Tage lang von ihren Angehörigen nicht besucht werden konnte, obwohl alle negative Corona-Tests vorweisen konnten. Das ist unmenschlich!“, sagte er.

Landrätin Andrea Jochner-Weiß versuchte noch, das Thema als „Einzelfall“ aus der Debatte zu nehmen, Geschäftsführer Lippmann antwortete dennoch: „In beiden Häusern gilt ein Besuchsstopp. Ausnahmen gibt es nur bei Palliativpatienten – damit sich die Angehörigen verabschieden können. Die Entscheidung über die Aufhebung des Besuchsstopps liegt bei der ärztlichen Leitung, nicht bei der Geschäftsführung.“ Er warnte aber: „Wir stecken mitten in der dritten Welle und haben es mit einer aggressiven, hochansteckenden Virusmutation zu tun.“

Der Unmut wird größer: Krankenhaus-Zuschuss in der Haushaltsdebatte

Rund zehn Millionen Euro pro Jahr sind im Kreishaushalt eingeplant, um das Defizit der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH auszugleichen. Weitere fünf Millionen Euro sind für nötige Investitionen einkalkuliert. Summen, die den Kreishaushalt stark belasten, was zu kritischen Worten in der Haushaltsdebatte führte.

„Eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung ist uns wichtig“, sagte Katharina von Platen (Grüne/Penzberg) in der Debatte. Die große Politik mache „kleine Krankenhäuser vorsätzlich unwirtschaftlich“. Allerdings würden die Landkreise Landsberg am Lech und Starnberg zeigen, „dass man kommunale Krankenhäuser auch wirtschaftlich betreiben könne“.

Susann Enders (Freie Wähler/Weilheim) meinte, die Investitionen in die Krankenhaus GmbH seien notwendig gewesen, um konkurrenzfähig zu sein“. Nun gelte es aber, „mit dem Vorhandenen zu wirtschaften“. Die Anschaffung des ersten OP-Roboters sei „gut und richtig“ gewesen. Doch „dann wurde zu unserem Unverständnis noch ein zweiter angeschafft und wir Freien Wähler möchten klarstellen: Einen dritten Operationsroboter können wir uns, selbst wenn er noch so toll ist, einfach nicht mehr leisten.“

Armin Jabs (BfP/Penzberg) stellte die Frage, „wie lange wir uns diese Zuschüsse noch leisten können – fünf Jahre? Zehn Jahre?“ Bei der Finanzplanung für die kommenden Jahre sei bei den Krankenhaus-Zuschüssen „keinerlei Willen zur Einsparung erkennbar“.

Rüdiger Imgart (AfD/Weilheim) sagte zum Thema Krankenhaus: „Die Corona-Pandemie ist nur für einen Teil des Defizits verantwortlich. Wenn wir uns Dinge nicht mehr leisten können, gehören sie auf den Prüfstand.“

Noch deutlicher wurde der ehemalige Landrat Friedrich Zeller (SPD/Schongau): „Mir fehlt die Strategie zur Krankenhaus-Politik im Landkreis. Millionen fließen über Jahre ohne dezidiertes und nachvollziehbares Konzept“. Die vom Kreistag geforderte Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zur millionenteuren Anschaffung der OP-Roboter sei bis heute nicht erfolgt: „Wir brauchen keine blutigen OP-Bilder und keine Werbefilmchen, sondern Konzepte“, so Zeller.

Dass die Opposition im Kreistag gegen die hohen jährlichen Zuschüsse für die Krankenhaus GmbH argumentiert, ist nicht sonderlich überraschend. Dass aber auch von Seiten der CSU kein deutliches Bekenntnis erkennbar abseits der Zustimmung zu Haushalt und Finanzplanung zu hören war, schon.

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