Der Landkreis Oberspreewald-Lausitz steht zu seinem Klinikum Niederlausitz. Daran lässt Landrat Siegurd Heinze (parteilos) am Montag keinen Zweifel. Dabei ist die neue Hiobsbotschaft für das wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen, das mit zwei Krankenhäusern in Senftenberg und Lauchhammer das größte Klinikum der Regelversorgung in Südbrandenburg betreibt, ganz frisch.

Die gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten des Klinikums Niederlausitz lehnen es ab, auf Lohnbestandteile wie die Jahressonderleistung und die nächste planmäßige Tarifsteigerung ab Oktober zu verzichten. Der vom Landkreis Oberspreewald-Lausitz als Gesellschafter und der Geschäftsführung angestrebte Notlagentarifvertrag ist vom Tisch. Das hat Ralf Franke, Gewerkschaftssekretär der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) am Montagmorgen bestätigt.

„Diese Tür ist zu“, konstatiert Landrat Heinze wenig später. Das sei „äußerst bedauerlich“. Denn der einzige Gesellschafter des Unternehmens und Klinikum-Geschäftsführer Uwe Böttcher hatten gehofft, über den Beitrag der Mitarbeiter bis zum Jahresende mit einer siebenstelligen Summe die Liquidität sichern zu können.

Die Krankenhäuser Senftenberg und Lauchhammer hatten im vergangenen Jahr ein Minus von etwa 4,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Einem Gutachten zufolge ist das Unternehmen deutlich zu schwach aufgestellt. Der Schuldendienst sei im Verhältnis zur Eigenkapitalquote viel zu hoch. Das Klinikum Niederlausitz braucht also Geld.

Jetzt ist in der Not der Kreistag am Zug. Die Abgeordneten sollen Mitte September ein Zwei-Millionen-Euro-Darlehen absegnen, mit dem der laufende Betrieb der Krankenhäuser bis zum Ende des Jahres notfalls sichergestellt werden kann. Das Geld soll nur eingesetzt werden, wenn alle anderen Möglichkeiten – wie Bankfinanzierungen – ausgeschöpft sein sollten, betont der Landrat.

Eine Erhöhung des Eigenkapitals und einen Zuschuss aus dem Kreishaushalt zum Ausgleich des Defizits lehnt der Landrat ab. Letzteres würde dem Oberspreewald-Lausitz-Kreis von der Kommunalaufsicht des Innenministeriums auch nicht genehmigt. Denn die Finanzlage des Kreises ist selbst angespannt. Siegurd Heinze setzt auf die „Sanierung des Klinikums aus eigener Kraft“ – und ist sich mit Geschäftsführer Uwe Böttcher darüber in der Not auch einig.

Die Eigentherapie für einen Neustart des Klinikums Niederlausitz soll durch externen Sachverstand auf den Weg gebracht werden. Strukturen und organisatorische Entwicklung der Krankenhäuser kommen auf den Prüfstand, sagt der Landrat. „Ich werbe auch bei den Kreistagsabgeordneten darum, dass die Fraktionen von ihrem Recht und der Möglichkeit Gebrauch machen, mehr Leute mit Expertise für den Aufsichtsrat vorzuschlagen. Wir brauchen mehr Fachlichkeit“, sagt der Landrat.

Sollte die Analyse durch Dritte den eigenen Sanierungsplan für das Klinikum durchkreuzen, sei über Kooperationen, eine Fusion oder neue Partnerschaften mit Beteiligungen an der derzeit hundertprozentigen Kreis-Tochter zu sprechen.

Die Forderung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) nach einer sieben Millionen Euro schweren Finanzspritze des Landkreises als Gesellschafter, mit der der bereits erwirtschaftete und der für das laufende Geschäftsjahr noch erwartete Verlust ausgeglichen werden sollten, lehnt der Landrat als unrealistisch „und zu kurzfristig“ gedacht ab. Verdi hatte von diesem „nennenswerten Betrag zur Stärkung des Klinikums“ grundsätzlich abhängig gemacht, an den Verhandlungstisch über einen Notlagentarif zu treten.

Die Verdi-Mitglieder unter den Beschäftigten aber hatten dazu das letzte Wort: Das am Montag ausgezählte Ergebnis der schriftlichen Abstimmung ist eindeutig. 74 Prozent der Verdi-Mitglieder haben sich beteiligt. Davon haben 98 Prozent gegen Verhandlungen über einen Notlagentarif gestimmt. Damit haben sich 73 Prozent der in der Klinik beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder gegen einen Beitrag der Mitarbeiter zur Sanierung des Unternehmens entschieden. Der Organisationsgrad der Beschäftigten im Unternehmen liegt bei etwa 20 Prozent.

Die rigorose Ablehnung der Beschäftigten zum Aderlass für das Klinikum kommt nicht unerwartet. Die Argumente der Klinikum-Mitarbeiter liegen offen: Sie haben die wirtschaftliche Schieflage nicht verschuldet. In den unteren Entgeltgruppen liegen die Löhne des Krankenhauspersonals unter dem Vergabe-Mindestlohn im Land Brandenburg.

Das heißt: Das Klinikum und auch der Landkreis Oberspreewald-Lausitz, direkt und mittelbar Arbeitgeber der Krankenhaus-Beschäftigten, zahlen den eigenen Leuten weniger, als sie Kraft Gesetzes für Dienstleister ausgeben müssen – so sie Leistungen wie beispielsweise die Reinigung ausschreiben würden. Jede Firma, die sich um kommunale Aufträge bewirbt, muss ihren Beschäftigten also mehr Geld für deren Arbeit zahlen.

Die nichtärztlichen Klinikum-Mitarbeiter verdienen in der Pflege bis zu acht Prozent weniger als im Brandenburg-Durchschnitt. In diesem Minus-Bereich liegen – gemessen am Landesmittel – laut Gutachten auch die Gesamtausgaben für das Personal des Unternehmens.

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