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Landesregierung Schwere Vorwürfe gegen Grimm-Benne: Stürzt Ministerin über Ameos?

Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) wälzt Kosten in einem Rechtsstreit, den sie gegen den Krankenhausbetreiber Ameos verloren hat, auf den Steuerzahler ab. In einem Gutachten wird nun der Vorwurf der Anstiftung oder Beihilfe zur Untreue erhoben.

Von Michael Bock 21.07.2021, 11:00
Petra Grimm-Benne (SPD), Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt, spricht während der Impf-Debatte zu den Abgeordneten. 
Petra Grimm-Benne (SPD), Ministerin für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt, spricht während der Impf-Debatte zu den Abgeordneten.  ZB

Magdeburg. Ameos hat die Strafrechtskanzlei Meyer-Lohkamp & Pragal in Hamburg eingeschaltet. Diese kommt in einem 21-seitigen Gutachten zu dem schwerwiegenden Befund, Petra Grimm-Benne habe sich „wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Untreue strafbar gemacht“. In Regierungskreisen wird die Angelegenheit als brisant angesehen.

Zum Hintergrund: Grimm-Benne hatte im Januar 2020 bei einem Neujahrsempfang der SPD im Burgenlandkreis wahrheitswidrig behauptet, die Ameos-Gruppe transferiere jährlich opulente Gewinne ins Ausland. Ameos wehrte sich und bekam vor dem Oberlandesgericht Naumburg Recht. Gegen ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft wurde Grimm-Benne diese Behauptung untersagt.  

Im Kern geht es jetzt um die Frage, ob Grimm-Benne diese Behauptung als Privatperson oder als Ministerin erhob. Das Sozialministerium vertritt die Auffassung, dass sie als Ministerin gesprochen habe, denn: „Eine Teilnahme erfolgte auf Einladung und Ankündigung in der Funktion eines Regierungsamtes.“   Dem aber widersprach bereits im März 2020 das Landgericht Halle. Bei der Behauptung Grimm-Bennes handele es sich um eine Äußerung, „die dem persönlichen Bereich zuzuordnen ist, nicht aber ihrem Regierungsamt“. Die Äußerung habe „keine Stellungnahme der Regierung oder auch nur ihres Ministeriums zu einem Sachverhalt“ betroffen. „Vielmehr betraf diese Streitigkeiten in einem Privatrechtsverhältnis, an dem der Staat in keiner Weise beteiligt ist.“ Das Landgericht bestätigte somit, dass Grimm-Benne die Behauptung als Privatperson getätigt hatte.

Die SPD-Politikerin focht diesen Beschluss nicht an. Er ist rechtskräftig.  Grimm-Benne wurde nach dem verlorenen Rechtsstreit verpflichtet, den Klägern (Ameos) exakt 4973,63 Euro nebst Zinsen für deren Anwaltskosten zu erstatten. Doch nicht sie persönlich, sondern das Land zahlte die Summe am 7. Januar dieses Jahres.

Drei Monate später, am 6. April, überwies Ameos das Geld zurück. Vorstandschef Axel Paeger teilte Grimm-Benne mit, der Krankenhausbetreiber könne die vom Land geleistete Zahlung „aus Gründen unserer Compliance-Richtlinien nicht annehmen“. Mit Compliance-Regeln nicht vereinbarSolche Richtlinien sind interne Unternehmensregeln. Diese sollen sicherstellen, dass das Unternehmen integer agiert.

Der Begriff Compliance bedeutet im engeren Sinn die Einhaltung von Gesetz und Recht durch ein Unternehmen und dessen Mitarbeiter. Paeger verwies auf das Gutachten der Hamburger Strafrechtler. Die Kostenübernahme durch das Land erfülle „in der Person der unmittelbar verantwortlichen Amtsträger der Landeskasse den Tatbestand der Untreue zulasten des Landes“, steht darin. Da Grimm-Bennes Äußerung als Privatperson erfolgt sei, sei die Kostenübernahme durch das Land unzulässig gewesen. Die SPD-Politikerin habe sich wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Untreue strafbar gemacht, da sie die Kostenübernahme veranlasst habe.  

Axel Paeger forderte die SPD-Politikerin auf, selbst die Rechnung zu begleichen. Der Brief wurde Grimm-Benne per Gerichtsvollzieher zugestellt. Doch am 22. April teilte Sozial-Staatssekretärin Beate Bröker (SPD) Paeger mit, sie habe veranlasst, „dass der Ihnen geschuldete Betrag erneut angewiesen wird“.

Bei einer abermaligen Rückführung gehe sie davon aus, dass diese dem Landeshaushalt zugeführt werden solle. Paeger antwortete wenige Tage später, die angewiesenen Beträge hätten den Landeshaushalt „nie verlassen dürfen“. Missachtung von GerichtsbeschlüssenDie internen Richtlinien würden nicht erlauben, Zahlungen anzunehmen, „die aus einer Missachtung von Gerichtsbeschlüssen hervorgehen. Wir erwarten zwingend, dass Frau Grimm-Benne sich – wie jeder andere Staatsbürger – an das von ihr anerkannte Gerichtsurteil hält und es umsetzt, indem sie die Kostenrechnung als Privatperson begleicht.“

Derzeit laufen in Sachsen-Anhalt Koalitionsverhandlungen. Petra Grimm-Benne möchte  auch in der neuen Regierung  Sozialministerin bleiben.