Klinik-Neubau im Lübbecker Land: Bürgermeister sind mächtig angefressen

Espelkamp/Pr. Oldendorf/Hüllhorst. Die Kritik von Bürgern an den Neubau-Plänen der Mühlenkreiskliniken (MKK) im Lübbecker Land wird lauter. Am Donnerstag befasst sich der Kreistag während einer Sondersitzung mit dem möglichen Neubau eines Klinikums im Lübbecker Land. Zur Finanzierung des Kreisanteils wird vorgeschlagen, dass der Kreis ein Darlehen aufnimmt und dies von den Städten und Gemeinden über die Kreisumlage bezahlt wird. Welche Folgen das für die Steuerlast und die Handlungsfähigkeit ihrer Kommune hat, wie sie diesen Vorschlag des Kreises sehen – das wollte die NW von den sechs Bürgermeistern im Lübbecker Land wissen. Nach Bert Honsel (Rahden), Kai Abruszat (Stemwede) und Frank Haberbosch (Lübbecke) äußerten sich auch Henning Vieker (Espelkamp), Marko Steiner (Pr. Oldendorf) und Michael Kasche (Hüllhorst). "Vertrauensvolle Gespräche" erwartet Der Kreistag habe sich im vergangenen Jahr einstimmig für eine neue Struktur der Mühlenkreiskliniken mit zwei Neubauten ausgesprochen – einer für den Altkreis Lübbecke, und einer in Bad Oeynhausen, teilte Espelkamps Bürgermeister Henning Vieker mit. Im Vorlauf habe es einen intensiven Bürgerdialog zu Vorteilen und Nachteilen verschiedener Varianten gegeben. Vieles davon hätten die MKK online in Live-Streams und Präsentationen gezeigt. Vieker: &bdquo;Über eine seriöse Finanzierung dieses Gesamtprozesses werden wir in der kommunalen Familie vertrauensvoll sprechen.“ Zum Beispiel in den kommenden Tagen tagten dazu Gremien. &bdquo;Mir scheint aber wichtig, zu betonen, dass wir dies bei beiden Varianten (Sanierung und Neubau) tun müssen. Die Zahlen des Kreises zeigen sogar, dass in Summe eine Sanierungsvariante noch deutlich teurer wird als Neubauten.“ Risiken bei beiden Varianten Mögliche Kostenrisiken bzw. Preissteigerungen im Bau gebe es genauso für beide Varianten. &bdquo;Aus meiner Sicht ist die Kernfrage, ob wir alle vor Ort eine gute stationäre Gesundheitsversorgung wollen. Wenn ja wird uns das Geld kosten – unabhängig von der Variante Sanierung oder Neubau.“ Die Versorgung ist auch für Pr. Oldendorfs Bürgermeister Marko Steiner ein zentrales Thema. &bdquo;Sicher ist eine gute und wohnortnahe medizinische Versorgung der Menschen im Lübbecker Land von hoher Wichtigkeit und muss daher zukunftsfähig aufgestellt sein.“ In Bezug auf die Frage &bdquo;Sanierung oder Neubau“ lägen ihm lediglich die Informationen vor, die auch der NW öffentlich zugänglich seien, &bdquo;so dass ich mir in einer so wichtigen Frage kein Urteil darüber erlauben kann, welche der Varianten langfristig die richtige ist.“ Bezüglich der geplanten Baukosten könne er auch derzeit nur von den Beträgen ausgehen, die öffentlich kommuniziert worden seien. Was eine Erhöhung der Kreisumlage bedeutet Hierzu habe er in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses deutlich gemacht, dass sich eine Erhöhung der Kreisumlage um 3,59 Prozent, wie es von Seiten des Kreises skizziert wurde, zusätzliche Aufwendungen von rund 585.000 Euro für Pr. Oldendorf bedeuten würde, teilte Steiner mit. Im Haushaltsjahr 2022 würden damit die Aufwendungen für die Kreisumlage auf insgesamt 9,385 Millionen Euro bei einem Gesamthaushaltsvolumen von rund 28 Millionen Euro ansteigen. Steiner: &bdquo;Dabei ist anzumerken, dass die gesamten Erträge aus der Grund- und Gewerbesteuer in Höhe von geplanten 7.350.000 Euro bereits heute nicht ausreichen, um die Aufwendungen der Kreisumlage zu decken, sondern noch rund 1.500.000 Euro aus dem Gemeindeanteil der Umsatzsteuer herangezogen werden müssen.“ Bereits in den Jahren der Haushaltssicherung und auch danach wurden laut Steiner in Pr. Oldendorf kontinuierlich freiwillige Aufgaben auf den Prüfstand gestellt, etliche gestrichen oder optimiert und auf der Aufwandseite in fast allen Bereichen gespart. Pr. Oldendorfer haben Gesprächsbedarf &bdquo;Zur Zeit sehe ich daher keine Möglichkeit, eine so hohe Summe einzusparen oder über andere Ertragspositionen als der Grundsteuer zu refinanzieren“, merkte Steiner an. &bdquo;Unsere Hochrechnung hat dabei ergeben, dass falls der Betrag ausschließlich über die Grundsteuer B aufgebracht werden sollte, dann bei 772 von Hundert liegen müsste.“ Die Thematik wird nach Angaben des Bürgermeisters auch nochmals auf der Tagesordnung des Rates am 14. Juni stehen und dort diskutiert werden. Steiner: &bdquo;Ich hoffe sehr, dass für das neue Konzept der Mühlenkreiskliniken eine Finanzierung gefunden werden kann, die auch für die kreisangehörigen Kommunen tragbar ist.“ Wovon die Hüllhorster ausgehen Ob die Variante &bdquo;Sanierung statt Neubau“ überhaupt ernsthaft diskutiert wurde? &bdquo;Ich sehe den Kreis Minden-Lübbecke in der alleinigen Verantwortung, diese Varianten genau zu prüfen und abgewogen zu entscheiden“, sagt Hüllhorsts Bürgermeister Michael Kasche. Die Anmerkungen der früheren Chefärzte könne er nicht qualifiziert beurteilen. Michael Kasche geht davon aus, &bdquo;dass die Mehrheit der Kreistagsmitglieder sich final für einen Neubau entscheiden werden“. "In allen Bereichen werden die Kosten explodieren" Ob die bislang genannten Summen und ein Kreis-Anteil von 350 Millionen Euro überhaupt realistisch sind? Kasche dazu: &bdquo;Ich glaube, dass alle Projekte in dieser Zeit erheblich teurer werden. Ob Sanierung oder Neubau, in allen Bereichen werden die Kosten explodieren. Ein sorgfältiges weiteres Vorgehen ist dringend geboten, zumal bisher nur eine grobe Kostenschätzung vorliegt.“ Aus seiner Sicht müssten alle Beteiligten, also MKK, Kreis und Kommunen, die gewaltige Finanzierung stemmen, wobei die jeweiligen Leistungsfähigkeiten ausreichend berücksichtigt werden müssen, merkte er auf die Frage an, was er davon halte, dass der Kreis seinen Anteil ausschließlich über die Kreisumlage finanzieren will. Kreis-Kämmerer Jörg Schrader hatte in seinen Berechnungen ein Umlage-Plus von bis zu 3,59 Prozent genannt. Jeder Prozentpunkt mehr bei der Höhe der Kreisumlage belastet die Gemeinde Hüllhorst nach Angaben Kasches um rund 280.000 Euro. Bei rund 3,5 Prozent wäre das &bdquo;eine Mehrbelastung von rund einer Million jährlich, die wir generationenübergreifend tragen müssten“. "Hebesätze für Grundsteuer müssten erheblich steigen" Ob das Steuererhöhungen zur Folge hat und ob freiwillige Leistungen auf den Prüfstand gestellt beziehungsweisegestrichen werden? Mit dem Streichen von freiwilligen Leistungen werde man nicht weit kommen, merkte Kasche an. &bdquo;Eine belastbare Gegenfinanzierung sind nur die Grundsteuern A und B, da die Gewerbesteuereinnahmen stark schwanken können. Die Grundsteuerhebesätze müssten langfristig erheblich steigen.“ Den Informationsaustausch zwischen Kreis und Kommunen bewertet Kasche als &bdquo;in dieser schwierigen Situation grundsätzlich ausreichend“. Wichtig sei, dass alle Kommunen gleichzeitig informiert würden. &bdquo;Den Bürgermeistern könnte noch etwas mehr Gehör geschenkt werden.“ Kritischer Blick auf Doppelmandate Und was hält er von Doppelmandaten in Gemeinderat und Kreistag? Grundsätzlich vertreten Rats- und Kreistagsmitglieder die Interessen aus den jeweiligen Wahlbezirken, so Kasche. Doppelmandate führten &bdquo;zwangsweise zu Konfliktsituationen, die die Mandatsträger für sich lösen müssen. Ein Mehr an kommunaler Interessenvertretung würde ich mir aber wünschen. Ich habe leider den Eindruck, dass oftmals Kreisinteressen einen höheren Stellenwert haben als die kommunalen.“

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