Klinikum Braunschweig setzt bei der Behandlung von Schlaganfall-Patienten auf künstliche Intelligenz

03.07.2019
Leitender Oberarzt Mazen Abu-Mugheisib, Chefarzt Prof. Dr. Philipp Wiggermann und Funktionsoberarzt Cornelius Krusche (v.l.) werten die Ergebnisse der neuen Software aus.

Bildnachweis: Klinikum Braunschweig/Philipp Ziebart
Bildunterschrift: Mazen Abu-Mugheisib und Prof. Dr. Philipp Wigermann erläutern die Vorteile der neuen Software.

Bildnachweis: Klinikum Braunschweig/Philipp Ziebart

„Time is brain“ – dieser Ausspruch bringt auf den Punkt, worauf es bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten ankommt: Jede Sekunde zählt. Um im Wettlauf gegen die Zeit noch effizienter und schneller reagieren zu können, arbeiten Mediziner am Klinikum Braunschweig seit Kurzem mit einer wegweisenden neuen Software, gestützt durch künstliche Intelligenz (KI).

Für Prof. Dr. Philipp Wiggermann, Chefarzt des Instituts für Röntgendiagnostik und Nuklearmedizin, ist die Einführung der Software „Brainomix“ eine wertvolle Innovation in Sachen Diagnostik. Denn nur, wenn möglichst schnell erkannt wird, ob ein verstopftes Gefäß oder eine Blutung die Sauerstoffzufuhr der Nervenzellen im Gehirn eines Patienten beeinträchtigt, können medizinische Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Prof. Wiggermann erklärt: „Die neue Software liefert uns eine verlässliche Zweitmeinung.“ Diese Zweitmeinung zeigt sich auf dem Monitor als grauer Hirnscan mit farbig markierten Arealen. Für Mediziner werden auf diese Weise sowohl der Ort eines Gerinnsels als auch dessen Ausmaße erkennbar. Die künstliche Intelligenz „arbeitet“ auf der Basis von Erfahrungswerten. Praktisch heißt das: Die Software wurde so lange mit Hirnscans von Schlaganfall-Patienten gefüttert, bis sie die Bilder selbst bewerten konnte. Prof. Wiggermann macht deutlich: „Mit dieser Software sind wir schneller, besser und sicherer.“ Bereits jetzt lässt sich festhalten, dass die Mediziner am Klinikum Braunschweig mit der neuen Software in etwa 10 bis 15 Prozent der Fälle schneller befunden können. Prof. Wiggermann sagt: „Fakt ist: Unsere Befunde werden deutlich valider und reproduzierbarer und auch besser kommunizierbar an unsere klinischen Partner.“

Wie wichtig Schnelligkeit bei der Diagnose und Behandlung ist, weiß auch Mazen Abu-Mugheisib, Leitender Oberarzt der Neurologie: „Bereits innerhalb von wenigen Stunden sind irreversible Hirnschäden aufgetreten. Eine Rekanalisation, sprich die Auflösung oder Entfernung eines Blutgerinnsels ist dann nicht mehr möglich. Der Schlaganfall ist die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.“ Die neue Software unterstütze in großem Maße die enge Zusammenarbeit des Instituts für Röntgendiagnostik und die Neurologische Klinik/Stroke Unit bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten. Besonders bei der Erstdiagnostik und Akutphase besteht eine enge Verzahnung: Liegt ein Schlaganfall vor? Wie ist sein Ausmaß? Kann Gewebe gerettet werden? Was ist die Ursache? – Diese Fragen werden interdisziplinär geklärt und weitere Schritte eingeleitet.

Die Erfolge der neuen Software sollen in einem langfristig angelegten Projekt festgehalten und ausgewertet werden.

Zum Hintergrund: Wöchentlich werden 100 bis 150 Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall im Klinikum Braunschweig untersucht. Im Jahr 2018 wurden etwa 1800 Patientinnen und Patienten in der Neurologischen Klinik behandelt und 150 Thrombektomien (= Entfernung eines Blutgerinnsels) durchgeführt. Das Klinikum Braunschweig stellt eine wesentliche Säule bei der Behandlung von Schlaganfällen in der Region Braunschweig dar. Im Sinne einer bestmöglichen Versorgung besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Kliniken Wolfsburg, Wolfenbüttel, Salzgitter, Gifhorn und Peine. Zudem wird das Teleneurologische Netzwerk Braunschweig-Celle betrieben.