Krankenkasse kann nach Ablauf der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV ihre Leistungsentscheidung nicht verändern (hier: Verschiebung des mitgeteilten Fehlbelegungszeitraums)

S 38 KR 219/18 | Dresden, Urteil vom 24.06.2020 rechtskräftig  

Die Krankenkasse ist mit dem Einwand der Fehlbelegung in dem Zeitraum 19.01.2017 23.01.2017 gem. § 8 Satz 3 und 4 PrüfvV ausgeschlossen. Vorliegend hat die Kasse mit ihrer Leistungsentscheidung eine Fehlbelegung für den Zeitraum vom 19.12.2016 bis 23.12.2016 und damit die Kürzung dieser vier Tage des streitigen stationären Aufenthalts geltend gemacht. Sie hat erstmals im Klageverfahren und damit weit nach Ablauf der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV geltend gemacht, den Zeitraum vom 19.01.2017 bis 23.01.2017 kürzen zu wollen. Ein Ausnahmefall, der es der Kasse erlauben würde, ihre Leistungsentscheidung vom 10.07.2017 zu berichtigen, liegt nicht vor. Sinn und Zweck von § 8 PrüfvV ist es, das abzuschließen, sei es mit einer fristgerechten abschließenden Entscheidung der Krankenkasse unter Mitteilung der wesentlichen Gründe, sei es durch Ablauf der Frist von neun Monaten nach Übermittlung der nach § 6 Abs. 3 PrüfvV. Ebenso wie das Krankenhaus bei Versäumung der Vierwochenfrist in § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV nur Anspruch auf den unstreitigen Rechnungsbetrag hat und gem. § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV geänderte Datensätze nur innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens übermitteln kann, ist die Krankenkasse nach Ablauf der Neunmonatsfrist in § 8 Satz 3 PrüfvV mit einer Kürzung des Rechnungsbetrages bzw. dem Nachschieben von Gründen ausgeschlossen. Dem gebotenen prüfrechtlichen Beschleunigungsgebot würde es widersprechen, wenn die Krankenkasse eine mitgeteilte Leistungsentscheidung nach Ablauf der Frist verändern könnte. Eine wesentliche Veränderung liegt auch in einer Verschiebung des mitgeteilten Fehlbelegungszeitraums, der am Anfang, am Ende oder in der Mitte einer stationären Krankenhausbehandlung liegen kann. Eine Korrektur oder Berichtigung der Leistungsentscheidung und der wesentlichen Gründe ist nach Ablauf der Neunmonatsfrist nach Ansicht der Kammer aufgrund des dargestellten Zwecks der Vorschrift nur in engen Grenzen unter den folgenden Voraussetzungen möglich:

  1. Die Unrichtigkeit muss sich allein aus der vorliegenden Leistungsentscheidung ergeben. Ergibt sich die Unrichtigkeit erst unter Zuhilfenahme weiterer Unterlagen, etwa der Patientenakte oder der Epikrise, so ist eine Korrektur ausgeschlossen.
  2. Die Unrichtigkeit muss offensichtlich sein, d. h. sie muss auf der Hand liegen. Es muss auch für einen verständigen Außenstehenden objektiv klar erkennbar sein, dass die Krankenkasse anstelle des Erklärten etwas anderes erklären wollte.
  3. Es muss sich aus der Mitteilung der Leistungsentscheidung eindeutig ergeben, welche Entscheidung die Krankenkasse anstelle der mitgeteilten treffen und wie sie sie begründen wollte.

    Als Beispiele für eine zulässige Berichtigung sieht die Kammer z. B. kleinere Unrichtigkeiten in der Nennung von Daten, bei denen der Leser ohne Weiteres erkennen kann, dass es sich um einen unbeabsichtigten Zahlendreher oder Ähnliches handelt (Beispiel: „91.01.2017 bis 23.01.2017“ oder „19.01.2017 bis 23.01.2016“).

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit

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