Die Gabe von Apherese-Thrombozyten-Konzentraten (ATK) (ZE147) im Rahmen einer Herztransplantation ist medizinisch erforderlich unter dem Aspekt des Goldstandards und des Infektionsschutzes

S 2 KR 1333/19, S 2 KR 369/20, S 2 KR 1684/19 |  Sozialgericht Detmold, Urteil vom 01.09. – Urteilsbegründung

Dass die Gabe von Thrombozytenkonzentraten erforderlich war, ist zwischen den Beteiligten zum einen unstreitig und zum anderen für das Gericht im Lichte der Schwere der Herzoperation der Patientin überzeugend. Bei der durchgeführten Operation handelt es sich sogar um eine , also den größten kardiologischen Eingriff überhaupt.

Dass dabei die Gabe von ATK statt PTK medizinisch erforderlich war, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus gleich zwei, jeweils für sich schon tragenden Gründen, nämlich dem Aspekt des Goldstandards und dem Aspekt des Infektionsschutzes.

Zum einen ist die Gleichwertigkeit der PTK gegenüber ATK nicht nachgewiesen und zum anderen besteht eine höhere Spenderexposition, die zum einen für den individuellen nach Möglichkeit zu vermeiden ist und die zum anderen auch noch die erzielten Erfolge der Transfusionsmedizin zur Meidung von Infektionen mittels erhöhten Aufwandes bei der der Gabe von Blutpräparaten im Rahmen des Patient-Blood-Managements generell statistisch wieder aufzehrt.

Das Sachverständigengutachten spricht zur Überzeugung der Kammer dafür, dass der behandelnde Arzt und Operateur vor Ort die Entscheidung, ob ATK oder PTK einzusetzen sind, unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls als Ausdruck seiner Therapieverantwortung treffen muss, wobei der gegenwärtige Goldstandard der ATK grundsätzlich zu beachten ist. Vorstellbar sind dabei beispielsweise Aspekte wie die Verfügbarkeit der ATK, die Dringlichkeit der Operation, die Frage, ob im Einzelfall die Substitution des Serums durch eine additive Lösung einen Vorteil bringen könnte oder ob ein ganz junges PTK-Konzentrat besser als ein etwas älteres ATK-Konzentrat sein könnte. Und auch der konkrete Zustand des Patienten einschließlich der Frage einer ggfs. erforderlichen Immunsuppression anlässlich der Operation, insbesondere bei einer Transplantation, dürfte in die medizinische Abwägung des Arztes beispielhaft einzustellen sein.

Für verbindliche Vorgaben aus Kostengründen an den behandelnden Arzt und Operateur fehlt es insoweit derzeit an klaren Erkenntnissen, wann die PTK hinsichtlich der gewünschten Wirkung und hinsichtlich der unerwünschten Nebenwirkung der Gabe von Spenderthrombozyten insbesondere im Bereich unbekannter viraler Infektionen gleichwertig sind. Derzeit sind die ATK der unwiderlegte Goldstandard. Der Anwendungsbereich der ATK darf nicht nur auf die Personengruppe, bei der ohnehin schon eine Alloimmunisierung gegen HLA und/oder plättchenspezifische Antigene vorliegt, beschränkt werden. […]

Quelle: Sozialgerichtsbarkeit

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