Die fehlende Erforderlichkeit der stationären Behandlung infolge eines Verstoßes gegen das Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V (hier: Coil-Implantation) greife nicht durch, da nicht innerhalb der Frist des § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V ein MDK-Prüfverfahren eingeleitet wurde

L 11 KR 236/20 | Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2022

Ein Patient wurde wegen einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit homogenem Lungenemphysem stationär behandelt, wobei  jeweils zehn Nitinolspiralen zur Lungenvolumenreduktion, sogenannte Coils, implantiert wurden. Die Klinik stellte unter Zugrundelegung der Diagnosis-Related-Group (DRG) E05C (andere große Eingriffe am Thorax ohne äußerst schwere CC, außer bei bösartiger Neubildung) einen Gesamtbetrag in Höhe von 18.961,54 € in Rechnung und brachte dabei die Prozedur OPS 5-339.8 (Lungenvolumenreduktion durch Einlage von Coils, je Nitinolspirale) in Ansatz. Diese Rechnung wurde vollständig von der Krankenkasse beglichen. Für eine weitere stationäre Behandlung stellte die Klinik wiederum unter Zugrundelegung der DRG E05C und der OPS 5-339.8 – einen Gesamtbetrag in Höhe von 19.171,96 € in Rechnung. Diesen Betrag zahlte die Krankenkasse auch vollständig. Ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) leitete die Krankenkasse nicht ein.

Knapp 4 Jahre später hat die Krankenkasse Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Erstattung der Rechnungsbeträge in Höhe von insgesamt 38.133,50 € begehrt. Bei den stationären Behandlungen handle es sich um eine experimentelle, dem Qualitätsgebot nicht entsprechende Behandlungsmethode außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung […]

Die Krankenkasse rügt die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung wegen eines Verstoßes gegen das Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V und damit in der Sache eine primäre Fehlbelegung. Damit handelt es sich bei der von der Krankenkasse nachträglich mehr als drei Jahre nach jeweiliger Abrechnung durch das Krankenhaus und Rechnungsausgleich durch die Krankenkasse vorgenommenen „Rechnungskorrektur“ nicht um eine sachlich-rechnerische Richtigstellung. Vielmehr unterfallen die streitigen Behandlungsfälle der Auffälligkeitsprüfung des § 275 Abs 1c SGB V aF. Eine solche hat die Krankenkasse jedoch weder fristgerecht eingeleitet noch ordnungsgemäß durchgeführt mit der Folge, dass die Krankenkasse und der MDK nach Ablauf der Frist auf die Daten beschränkt sind, die das Krankenhaus der Krankenkasse jeweils im Rahmen ihrer Informationsobliegenheit bei der Krankenhausaufnahme und zur Abrechnung zur Verfügung gestellt hat.  […]

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Vorliegend greife der Einwand der Krankenkasse der fehlenden Erforderlichkeit der stationären Behandlung infolge eines Verstoßes gegen das Qualitätsgebot nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht durch, da sie nicht innerhalb der Frist des § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V ein MDK-Prüfverfahren eingeleitet habe.

Die Berufung der Krankenkasse vor dem Landessozialgericht hatte keinen Erfolg.

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