Der Anspruch auf Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung umfasste im Jahr 2013 auch eine Plasmapherese (Zusatzentgelt ZE36.02), wenn diese dazu diente, eine barrierefreie Transplantation zu ermöglichen

L 11 KR 2111/19 | Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12.10.2020

Der Anspruch der Versicherten auf umfasste auch die am 14.09.2013 vorgenommene Plasmapherese. Die Apherese ist ein Verfahren der Blutreinigung außerhalb des Körpers, bei dem das Blut in seine zellulären und plasmatischen Komponenten (rote Blutzellen, weiße Blutzellen, Blutplättchen und Plasma) getrennt wird und Teile davon aus dem Blut entfernt werden. Der medizinische Nutzen der Plasmapherese ist hier vor dem Hintergrund der konkreten gesundheitlichen Situation der Versicherten zu beurteilen. Die Versicherte hatte sich für eine entschieden, obwohl ein Spenderorgan für eine sog barrierefreie Transplantation nicht zur Verfügung stand. Eine barrierefreie Transplantation ist durch eine Blutgruppenverträglichkeit und die Abwesenheit von Antikörpern gegen HLA-Merkmale des Spenders gekennzeichnet. Die letztgenannte Voraussetzung war im Falle der Versicherten nicht erfüllt. Die Versicherte wies donor-spezifische IgG-Anti-HLA-Antikörper gegen ein HLA-Merkmal des Ehemanns auf. Dies entnimmt der Senat dem MDK-Gutachten vom 27.01.2020. Da auch bei der hier vorhandenen HLA-Inkompatibilität eine Lebendnierentransplantation medizinisch möglich war, musste sich die Versicherte nicht darauf verweisen lassen, statt einer Transplantation eine Dialyse in Anspruch zu nehmen und möglicherweise jahrelang auf eine passende Spenderniere zu warten. Die Nierentransplantation stellt die beste Behandlung einer terminalen dar. Die Überlebensraten, die Gesundheit und die Lebensqualität transplantierter sind deutlich besser als die von Dialysepatienten. Zudem herrscht in Deutschland ein großer Mangel an Spenderorganen. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des MDK vom 27.01.2020. Deshalb hat die alle Leistungen zu erbringen, die bei einer Transplantation bei vorhandener immunologischer Barriere medizinisch notwendig sind.

Ziel der im des Beklagten vom 27.08. bis 16.09.2013 durchgeführten stationären Behandlung, deren Notwendigkeit von der Klägerin inzwischen anerkannt wird, war nach dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K., dem sich der Senat anschließt, die Beseitigung eines Risikos einer akuten und chronischen Abstoßung eines Nierentransplantats durch Elimination von Antikörpern und dadurch die Aufhebung einer immunologischen Barriere und die Minimierung der Risiken aus der komplexen Behandlung mit Sicherstellung eines bestmöglichen Gesundheitszustands punktgenau zum festgelegten Zeitpunkt der Transplantation. Beide Ziele entsprechen dem des § 12 SGB V.

Ob die vom Beklagten durchgeführte Plasmapherese im Behandlungsjahr 2013 unabhängig von der konkret zu beurteilenden Transplantation auch dem Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V entsprach, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach der genannten Vorschrift haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Nach § 2 Abs 1a SGB V können jedoch Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. […]

Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg

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