Erfurt. Die Corona-Pandemie hat viele Krankenhäuser in Thüringen stark unter Druck gesetzt – personell wie finanziell. Die Lehren daraus sollen sich in der künftigen Krankenhausplanung niederschlagen.

Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) will Lehren aus der Corona-Pandemie für die künftige Krankenhausstruktur in Thüringen ziehen. Das betreffe nicht nur die Sicherung eines flächendeckenden Kliniknetzes, sondern auch eine engere Kooperation der Häuser bei der Patientenversorgung, sagte Werner der Deutschen Presse-Agentur. „Es hat sich gezeigt, dass alle Klinikstandorte in Thüringen notwendig sind - und dass sie miteinander kooperieren müssen.“ Sie plädierte zugleich für eine Umstellung der Krankenhausfinanzierung. Auch die Techniker Krankenkasse sieht hier Änderungsbedarf.

Die Kasse hält auch strukturelle Änderungen für nötig. Das sei keine Forderung nach Klinikschließungen, stellte TK-Landeschef Guido Dressel klar. „Wir brauchen jeden Standort für die medizinische Versorgung. Die Frage ist, ob jeder Standort auch ein klassisches Krankenhaus sein muss.“ Denkbar seien sie auch als Zentren, in denen niedergelassene Ärzte ambulante Operationen ausführen könnten. Immer mehr Eingriffe bedürften heutzutage nicht mehr eines stationären Aufenthalts, sondern könnten ambulant erfolgen. Zentrales Problem seien in solch strukturellen Fragen die komplizierte politischen Bedingungen im von einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung geführten Thüringen. „Ich vermisse da den politischen Willen“, sagte Dressel.

Werner: Krankenhäuser müssen finanziell besser für Ernstfälle aufgestellt werden

Nach Einschätzung von Werner hat sich bei der Versorgung von Covid-19-Patienten in Thüringen ein abgestuftes Konzept mit spezialisierten Schwerpunktkliniken als Kern bewährt. „Die Patienten sind gut betreut und bei Bedarf verlegt worden, dabei haben die Kliniken einander sehr gut unterstützt.“ Bis auf Einzelfälle auf dem bisherigen Pandemie-Höhepunkt, als Covid-19-Kranke auch in andere Bundesländer verlegt werden mussten, hätten die Kapazitäten in Thüringen ausgereicht.

Die Pandemie habe aber auch gezeigt, dass die Häuser finanziell besser für derartige Ernstfälle aufgestellt werden müssen. Klinikbehandlungen werden derzeit mit einheitlichen Fallpauschalen für bestimmte Diagnosen vergütet. Werner bevorzugt die Finanzierung von Strukturen, also vorgehaltener Ausrüstung und Betten. Sie verwies darauf, dass es zu Pandemiebeginn an Schutzausrüstung und Beatmungsplätzen gemangelt habe.

Auch Dressel kann sich eine „Vorhaltepauschale“ vorstellen. Während der Pandemie hatten die Krankenhäuser in Thüringen Ausfälle in Millionenhöhe durch die Absage finanziell fest einkalkulierter planbarer Operationen, die teilweise durch Ausgleichszahlungen des Bundes kompensiert wurden.

Aktueller Krankenhausplan wegen Corona verlängert

Bereits vor der Pandemie seien zudem Grundversorger nicht ausreichend finanziert worden, sagte Werner. „Das hat dazu geführt, dass auch kleine Häuser Spezialbehandlungen anbieten, um mehr Geld zu bekommen.“ Dressel verwies darauf, dass auch die Spitzenmedizin etwa an Universitätskliniken derzeit nicht auskömmlich finanziert werde.

Beide sehen bei der Weichenstellung für eine andere Krankenhausfinanzierung den Bund in der Pflicht. „Da müssen wir abwarten, was die Bundestagswahl bringt“, sagte Werner. Dies ist nach ihren Angaben auch einer der Gründe, warum die Landesregierung die fälligen Neuplanungen zur künftigen Krankenhausstruktur um ein Jahr verschiebt. Der aktuelle Krankenhausplan, der Klinikstandorte und Fachabteilungen festlegt, sollte eigentlich Ende 2022 auslaufen. Er wird nun bis Ende 2023 verlängert.

Das habe der zuständige Krankenhausplanungsausschuss mit Vertretern von Land, Krankenkassen, Klinikbetreibern und Ärzten angesichts der Corona-Pandemie einstimmig beschlossen, sagte Werner. Eine Rolle habe dabei auch gespielt, dass die Datenbasis – etwa Behandlungszahlen – aus den Corona-Jahren nicht repräsentativ für den normalen Krankenhausbetrieb seien. Vor der Pandemie hatten die rund 40 Thüringer Akutkrankenhäuser jährlich annähernd 600.000 Patienten behandelt.