Sepsis

800.000 Euro Schmerzensgeld nach Behandlungsfehler

Lebenslang wird ein junger Patient nach einem groben Behandlungsfehler im Klinikum Emden beeinträchtigt sein. Ein Pfleger hatte zu spät einen Arzt gerufen. Die Schmerzensgeldhöhe hat ein historisches Ausmaß.

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Das Klinikum Emden muss wegen eines  groben Behandlungsfehlers tief in die Schmerzensgeldtasche greifen.

Das Klinikum Emden muss wegen eines groben Behandlungsfehlers tief in die Schmerzensgeldtasche greifen.

© Eric Hasseler

Oldenburg/Emden. Das Krankenhaus im ostfriesischen Emden muss einem 14-jährigen Jugendlichen wegen eines Behandlungsfehlers 800.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. So hat kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg geurteilt.

Da die Klinik nach Angaben des Gerichts keine Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen will, ist das Urteil rechtskräftig.

Keinen Arzt hinzugezogen

Der als grob gewertete Behandlungsfehler geschah bereits 2011. Das damals fünfjährige Kind wurde mit Schüttelfrost und Fieber von seiner Mutter ins Krankenhaus Emden gebracht. Obwohl sich sein Zustand über Nacht verschlimmerte, zog der zuständige Pfleger keinen Arzt hinzu, berichtet die Sprecherin und Richterin am OLG, Bettina von Teichman und Logischen.

Zum Schichtwechsel am nächsten Morgen stellte man fest, dass das Kind bereits großflächig Nekrosen entwickelt hatte. Die daraufhin erstellte Diagnose lautete: Blutvergiftung aufgrund eine Meningokokken-Infektion.

Das Schmerzensgeld sei eines der höchsten in der deutschen Rechtsgeschichte, so die Sprecherin. Der Senat begründete die hohe Summe mit den enormen Schmerzen, die das Kind bis heute unter anderem durch zahlreiche Operationen habe aushalten müssen. Das Kind hat beide Unterschenkel verloren, eine Kniescheibe musste entfernt werden.

Höhe des Schmerzensgeldes bahnbrechend?

Wachstumsbedingt wurden fast 20 Operationen der Stümpfe vorgenommen. Der Junge wird sein gesamtes Leben auf den Rollstuhl angewiesen sein. Große Teile der Körperoberfläche sollen durch Nekrosen dauerhaft entstellt sein, heißt es. Zahlreiche weitere Operationen stünden noch an. „Die Lebensqualität des Kindes wird über seine gesamte Lebenszeit hin drastisch beeinträchtigt bleiben“, so die Gerichtssprecherin.

„Wir freuen uns, mit diesem Verfahren auch die Fortschreibung der Rechtsprechung zur Höhe des Schmerzensgeldes in Deutschland vorangebracht zu haben“, erklärte Dr. Burkhard Remmers, Fachanwalt für Medizinrecht aus Papenburg. „Der Kläger erhält jetzt eine wirklich angemessene Entschädigung.“ Das Krankenhaus wollte zu dem Fall nicht Stellung nehmen, drückte aber sein Bedauern aus. (cben)

Landgericht Oldenburg, Az. 5 U 196/19

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