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Vor dem Aus? Die Klinik für Innere Medizin mit 55 Betten in Kloster Lehnin.

© Andreas Klaer

Krankenhaus aus Kostengründen vor dem Aus: Klinikschließung in Lehnin trotz Coronakrise?

In Lehnin will der Krankenhaus-Träger Diakonissenhaus die Innere Medizin mit 50 Betten am Klinikum aufgeben. Gespräche zur Schließung laufen.

Von Enrico Bellin

Kloster Lehnin - Acht Corona-Patienten könnten im Ernstfall in Isoliereinheiten im Lehniner Krankenhaus behandelt werden. Am Luise-Henrietten-Stift, das vom Evangelischen Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin betrieben wird, werden zudem Abstriche für Coronatests genommen. Und doch: Dem Krankenhaus, welches der Grundversorgung dient, droht das Aus. Aus Kostengründen will das Diakonissenhaus den Krankenhausbetrieb mit seinen 55 Betten einstellen, auch die Rettungsstelle soll geschlossen werden. Im Gegenzug soll die Reha-Klinik vor Ort von 70 auf 100 Betten aufgestockt werden. Die Palliativmedizin mit bis zu 15 Betten soll am Standort erhalten bleiben. Zuerst hatte darüber die „Märkische Allgemeine Zeitung“ berichtet.

Klinik-Aus schon seit Dezember 2019 in der Diskussion

Das Diakonissenhaus hatte die Entscheidung bereits im Dezember 2019 verkündet und damit begründet, dass das Krankenhaus anders als die Reha-Klinik einen mit rund 10 000 Einwohnern sehr eingeschränkten Einzugsbereich habe, „der es nicht erlaubt, die hohen Vorhaltekosten zu refinanzieren“, hieß es in der Pressemitteilung. Mit den Krankenhäusern in Bad Belzig, Brandenburg/Havel und Potsdam gebe es ausreichend Alternativen in der Nähe. Wie Alexander Schulz, Sprecher des Diakonissenhauses, auf PNN-Anfrage sagte, laufen derzeit die Gespräche mit Krankenkassen und dem Gesundheitsministerium zur geplanten Schließung. Wie lange diese dauern werden, konnte Schulz nicht sagen. Auch blieb auf Nachfrage offen, ob die derzeitige Pandemie, die bei der Verkündung der Schließung im Dezember nicht absehbar war, etwas an der grundlegenden Einschätzung des Diakonissenhauses ändert.

Ministerium sieht eine Gefährdung bei der Versorgung

Auch das Brandenburgische Gesundheitsministerium, welches vor Ausbruch der Coronakrise die Versorgung der Bevölkerung trotz Krankenhausschließung nicht gefährdet sah, äußerte sich nicht dazu, ob sich die Lage angesichts steigender Infektions- und Todeszahlen durch die Pandemie verändert hat. „Die Notfallversorgung erfolgte in Lehnin bisher in stark eingeschränktem Maße“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. So gibt es am Klinikum etwa keine Chirurgie. Für Operationen wurden Patienten in andere Krankenhäuser verlegt. „Die beabsichtige Umstrukturierung gefährdet nicht die regionale Gesundheitsversorgung“, so das Ministerium weiter.

Das Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum soll die Patientenversorgung mit übernehmen.
Das Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum soll die Patientenversorgung mit übernehmen.

© Christophe Gateau/dpa

Die angestrebte Umstrukturierung mit Ausbau der Reha-Klinik sei zudem förderfähig, es könnten Mittel aus dem Strukturfonds fließen. Das Ministerium weist darauf hin, dass gleich vier Kliniken im Umfeld alle wichtigen Disziplinen der Notfallversorgung anbieten: Die Häuser in Brandenburg/Havel, Bad Belzig, Ludwigsfelde und Potsdam seien in Fahrzeiten von 29 bis 37 Minuten erreichbar. „Die wohnortnahe regionale Versorgung wäre weiterhin gesichert. Und vor allem gäbe es so eine Zukunft für den Gesundheitsstandort Lehnin“, so Ministeriumssprecher Tobias Arbinger.

Schließungstermin noch unklar

Wann genau die Schließung der Inneren Medizin erfolgen soll, ist derzeit unklar. Offen ist auch, wie vor Ort mit der Unsicherheit umgegangen wird: Eine entsprechende Anfrage der PNN blieb bis Dienstagabend unbeantwortet. Ärzte und Pflegedirektion waren telefonisch nicht erreichbar beziehungsweise wollten sich nicht äußern. Immerhin: Um seinen Arbeitsplatz muss wohl kein Arzt oder Pfleger fürchten, allen Beschäftigten ist laut Diakonie-Sprecher Alexander Schulz eine Arbeitsplatzgarantie gegeben worden. Allerdings werden sie womöglich an andere Standorte versetzt.

Die Vernetzung von Ärzten vor Ort soll verbessert werden.
Die Vernetzung von Ärzten vor Ort soll verbessert werden.

© Patrick Pleul/dpa

Anfang März hatte auch die Gemeinde Lehnin zu gemeinsamen Gesprächen mit dem Diakonissenhaus und niedergelassenen Ärzten sowie Kreis- und Landtagsabgeordneten geladen. Ergebnis: Es soll eine engere Kooperation zwischen Diakonissenhaus und Ärzten geben. Bürgermeister Uwe Brückner (parteilos) hofft laut einer Pressemitteilung, „dass es gemeinsam gelingen wird, den Gesundheitsstandort Lehnin weiter zu entwickeln und ein medizinisches Netzwerk zum Wohle der Patienten aufzubauen.“

Allerdings: Die Arbeit am Netzwerk ist derzeit zum Erliegen gekommen, da sowohl Ärzte als auch Gemeinde aktuell mit der Bewältigung der Pandemie ausgelastet sind. Das bestätigte Gemeindesprecher René Paul-Peters den PNN auf Nachfrage. Natürlich sei es schade, den Klinikstandort zu verlieren. Als Kommune habe man aber keine anderen Möglichkeiten, den Verlust abzufedern, als die Bildung eines Netzwerkes zu unterstützen – wenn das denn wieder möglich ist.

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