Amberg
17.08.2022 - 17:38 Uhr
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Amberger Klinikum hofft auf Inflationsausgleich: OB Cerny nimmt den Bund in die Pflicht

Preissteigerungen und explodierende Energiekosten. Die Inflation trifft das Amberger Klinikum. Oberbürgermeister Michael Cerny hat sich in einem Brief an Bundestagsabgeordnete Susanne Hierl gewandt. Die Erfolgschancen sind ungewiss.

Dass Politiker derselben Partei und aus derselben Region meist einen guten Draht zueinander haben, dürfte kein Geheimnis sein. Dass die auch hier spürbaren Folgekosten des russischen Angriffskriegs solche Personen noch enger zusammenschweißen, zeigte sich am Mittwoch bei einem Ortstermin vor dem Amberger Klinikum. Wie Oberbürgermeister Cerny nun mitteilte, hat er sich in einem Brief an die für den Bundestagswahlkreis Amberg zuständige Abgeordnete Susanne Hierl gewandt. Thema: Inflationsausgleich für das Klinikum. "Ich habe ihr den Brief geschrieben, um zum Ausdruck zu bringen, dass wir hier mehr Unterstützung aus Berlin brauchen." Neben Hierl war auch Klinikumsvorstand Manfred Wendl bei dem Treffen dabei. Cerny sagte zu Beginn: "Uns ist wichtig, um Verständnis für da Thema zu bitten. Klar brauchen alle mehr Geld, aber unser Klinikum braucht es massiv. Gerade bleibt beständig eine Lücke zurück."

Derzeitiges Budget reicht nicht

Was mit dieser "Lücke" gemeint ist, das erklärte Klinikvorstand Wendl. Demnach habe es das Klinikum St. Marien mit enormen Preissteigerungen in den Bereichen der Sachkosten, im Personalsektor und insbesondere bei der Energie zu tun. Anders als in der Privatwirtschaft können Krankenhäuser ihre Mehrkosten nicht einfach weitergeben, sondern sind abhängig vom sogenannten Landesbasisfallwert. Worum es sich dabei handelt, erklärte Wendl wie folgt: "Auf Basis dieses Werts werden alle unsere Preise abgerechnet. Der Landesbasisfallwert wird von Jahr zu Jahr neu verhandelt. Dabei gibt es Bundesrahmenvorgaben, wie weit dieser Wert steigen darf." Problematisch daran ist vor allem, dass die Steigerung des Budgets von einem Orientierungswert abhängt, der vom Statistischen Bundesamt festgelegt, aber immer für das Folgejahr auf Grundlage des vergangen Jahres berechnet wird. Wendel: "Das hat bisher immer gut funktioniert, weil wir relativ gleichmäßige Preissteigerungsraten hatten. Nur hängen die für heuer um die 2,3 Prozent festgelegten Steigerungen vom vergangenen Jahr ab. Das reicht heuer schon bei Weitem nicht mehr aus."

Auch für das kommende Jahr sei nach jetzigem Stand davon auszugehen, dass die "Veränderungsrate deutlich weniger steigen wird als die tatsächliche Preissteigerung". "Das bringt viele Krankenhäuser in die Bredouille. Gerade im Energiekostenbereich trifft es sie massiv".

Auf das Klinikum in Amberg komme allein aufgrund der Energiekosten beim Gas eine Verdopplung zu. "Da ist der Strom noch vollkommen außen vorgelassen. Wir brauchen unbedingt Hilfe", sagte Wendl. Hinzu kämen andere Bereiche, in denen es teurer wird. "Beim medizinischen Verbrauchsmaterial sind wir teilweise mit zehn Prozent und mehr Preissteigerung konfrontiert. In den vergangenen Jahren waren es höchstens mal zwei Prozent oder gleichbleibende Preise."

Antrag der CDU/CSU-Fraktion

Bundestagsabgeordnete Hierl (CSU) betonte, dass ihr klar sei, dass Krankenhäuser vor einer besonderen Herausforderung stünden. "Die Kliniken müssen mit dem Geld arbeiten, das da ist." Ihre Fraktion der CDU/CSU im Bundestag hat bereits im Juni einen Antrag mit dem etwas sperrigen Titel "Soforthilfeprogramm für Krankenhäuser zur Abfederung unvorhersehbarer inflationsbedingter Kostensteigerungen" gestellt. "Wir haben eine Aktion gestartet, bei der es darum geht, dass die Mehrkosten für Krankenhäuser und Kliniken zumindest ein wenig abgefedert werden", erklärte Hierl. Was sie sich wünscht, ist eine Expertenanhörung im Bundestag, bei der Impulse gegeben werden, "was nötig ist und wie man so etwas ausgestalten könnte". Der Antrag sei bereits in den Ausschüssen angekommen und könnte im besten Fall vielleicht schon in der zweiten Sitzungswoche behandelt werden.

Verhaltene Hoffnung auf Erfolg

Die Oppositionsstellung der Union könnte einen Erfolg des Antrags allerdings schwierig machen, wie Hierl hervorhob. "Ob das Aussicht auf Erfolg hat, das weiß ich heute leider nicht. Das ist eben das Spiel mit der Opposition. Meist ist das schwierig. Aber aus Erfahrung kann ich mittlerweile sagen, dass man, wenn man laut genug ist, auch etwas bewegen kann."

Darauf setzt auch Klinikchef Wendl. "Spätestens nach dem Jahreswechsel könnte auf viele Häuser noch mal ein Kostenschub zukommen, weil dann einige Verträge mit den Versorgern auslaufen."

OB über "Denke" der Regierung

So wie auch Hierl dämpfte Oberbürgermeister Michael Cerny die Erwartungen. Zwar würden Kliniken dual finanziert, was bedeutet, dass der Bund für die Deckung der Betriebskosten und der Freistaat für die Finanzierung der Investitionen zuständig ist. "Deshalb war und ist unsere Erwartungshaltung eigentlich, dass sich der Bund der Herausforderung stellt." Aber er äußerte gleichsam die Befürchtung, dass es im Gesundheitswesen so kommen könnte, dass eine Verringerung der Betriebskosten einer Verringerung der Betten gleichkommt. "Das war schon unter der alten Koalition so." Das würde ihm zufolge in der Praxis heißen, dass der Bund so viel Druck auf die Kliniken ausübt, bis einige aufgeben und sich dadurch die Bettenzahl reduziert und die Betriebskosten sinken. "Wir haben manchmal den Eindruck, dass genau das die Denke dahinter ist", sagte Cerny. Struktur- und gesundheitspolitisch sei das kein Weg, um sowohl reichen Regionen als auch solchen, die weniger Budget selbst aufbringen können, eine gleichwertige Chance auf medizinische Versorgung zu garantieren. "Da wird der Hebel angesetzt und so lange dran gedreht, bis manche aufgeben müssen."

Derzeit hat das Amberger Klinikum Cerny zufolge ein Budget von 140 Millionen Euro. "Wenn ich da eine Inflationsrate ansetze, die irgendwo bei fünf, sechs oder sieben Prozent liegt, und bekomme nur rund zwei Prozent mehr Geld, dann weiß man sofort, was das für eine Klinik dieser Größenordnung bedeutet, auch wenn die Pflegekosten rausgerechnet werden."

Risikovorsorgen treffen

Schließlich war auch die Risikovorsorge in Bezug auf einen möglichen Gasstopp Thema bei dem Treffen. Wie Cerny mitteilte, habe man kurzfristig noch einmal "80.000 Liter Öl für das Klinikum gebunkert". Insgesamt lagern in den Speichern derzeit rund 140.000 Liter Öl. Was für den Privathaushalt nach einer schier unvorstellbaren Menge klingt, ist für den Betrieb des Klinikums ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wendl: "Würde das Gas komplett wegfallen, würden wir mit dem Ölvorrat maximal sechs Wochen lang auskommen."

Info:

Das ist der Landesbasisfallwert für Kliniken

  • Richtschnur, wie viel Geld eine Klinik für ein Jahr zur Verfügung hat, um Ausgaben zu finanzieren.
  • Laut Manfred Wendl (Vorstand des Amberger Klinikums) handelt es sich dabei um einen „Grundpreis für eine durchschnittliche Krankenhausleistung“.
  • Der Landesbasisfallwert beinhaltet alle Ausgaben wie Energie, Sachkosten, ärztliche Dienste, Verwaltungsdienste, Küche und Lebensmittel.
  • Ausgenommen vom Landesbasisfallwert sind Pflegekosten am Bett, die anderweitig finanziert werden.
  • Die jährliche Steigerung des Landesbasisfallwerts ist bundesweit einheitlich geregelt anhand eines sogenannten Kostenorientierungswerts.
 
 

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