Landesregierung: Bis zu 100.000 Ungeimpfte im Gesundheitssektor in NRW

Bielefeld/Düsseldorf. Die Dienstpläne für März müssten eigentlich schon stehen, doch verlässliche Planung ist für Krankenhäuser derzeit nur schwer möglich. Da ab dem 15. März in Deutschland die Corona-Impfpflicht im Gesundheitswesen gilt, wissen Arbeitgeber nicht, wie viele Mitarbeiter sie dann noch einsetzen können. Das Gesundheitsministerium schätzt, dass bis zu 100.000 Beschäftigte im Gesundheitswesen in NRW bislang nicht immunisiert sind. Offen lässt das Ministerium, wie es auf diese hohe Zahl kommt, denn die Impfquote in vielen Einrichtungen liegt bei über 90 Prozent. Zudem rechnet das Ministerium nicht vor Sommer damit, dass Gesundheitsämter Tätigkeitsverbote für Ungeimpfte im Gesundheitssektor aussprechen. Während in der Allgemeinbevölkerung in Deutschland bislang 84,6 Prozent der Erwachsenen über einen vollständigen Impfschutz verfügen, liegt die Impfquote in den Kliniken in NRW laut der Krankenhausgesellschaft bei 95 Prozent. Auch in OWL engagiert sich das Personal in Krankenhäusern mit einer hohen Impfbereitschaft, wie die drei folgenden Beispiele eindrücklich zeigen: Im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB) sind 94 Prozent der 5.000 Beschäftigten geimpft, im Klinikum Lippe 95 Prozent der 3.000 Mitarbeiter und in den drei Häusern der Katholischen Hospitalvereinigung Ostwestfalen (KHO), dem Verbund des Franziskus Hospitals Bielefeld, des Mathilden Hospitals Herford und des Sankt Vinzenz Hospitals Rheda-Wiedenbrück, 95 Prozent der 1.700 Mitarbeiter. In Kliniken entstehen derzeit Schatten-Dienstpläne Doch hinter den fehlenden vier bis sechs Prozent stehen allein bei den drei großen Klinikträgern in OWL etwa 545 Mitarbeiter, die ab dem 15. März eigentlich nicht mehr im Gesundheitswesen tätig sein dürfen. &bdquo;Doch die Ausgestaltung des Gesetzes ist unausgegoren, sodass uns die Planungssicherheit fehlt, da wir nicht wissen, wie wir mit ungeimpften Mitarbeitern bis zu einer Entscheidung des Gesundheitsamtes umgehen dürfen oder müssen“, moniert der Vorsitzende Geschäftsführer des EvKB, Mathias Kreft. Zudem sei unklar, wie schnell Gesundheitsämter Tätigkeitsverbote aussprechen werden. &bdquo;Deshalb entstehen in der Folge nun Schatten-Dienstpläne, um alle Eventualitäten ausgleichen zu können.“Mit Versorgungsengpässen rechnet Kreft trotzdem nicht. &bdquo;Wir können den Versorgungsauftrag aufgrund der vorbildlichen Impfquote weiter erfüllen. Doch die Motivation der Mitarbeiter wird immer schwieriger, wenn die Politik über Lockerungen der Einschränkungen diskutiert, während für sie, nicht aber für die Allgemeinbevölkerung, eine Impfpflicht gilt.“ Kreft befürchtet, dass Beschäftigte deshalb in Berufe ohne Impfpflicht abwandern werden. Klinikchef warnt vor einer Aussetzung der Impfpflicht Im EvKB hofft die Geschäftsführung deshalb, dass die Impfquote bis zum 15. März noch weiter steigen wird. &bdquo;Es gibt Anfragen für den neuen Corona-Impfstoff von Novavax, deshalb möchten wir möglichst schnell Impftermine anbieten.“ Das plant auch die KHO Ostwestfalen. &bdquo;Vielleicht können so noch einige Ungeimpfte überzeugt werden. Doch klar ist auch, dass alle, die bis zum 15. März als vollständig geimpft gelten möchten, längst die erste Impfung erhalten haben müssen“, sagt Geschäftsführer Georg Rüter.Rüter warnt vor einer Aussetzung und Verwässerung der Impfpflicht. &bdquo;Die Durchimpfung der Belegschaft ist die einzige Möglichkeit, um Mitarbeiter und damit letztlich die Krankenhäuser zu schützen und langfristig robust für die Pandemie aufzustellen.“ Das gelte auch für mögliche Schäden durch Mitverschulden. &bdquo;Wenn beispielsweise Ungeimpfte das Virus in die Klinik tragen und dadurch Patienten zu Schaden kommen.“ "Krankenhäuser können der Gesellschaft etwas zurückgeben" Zudem sieht Rüter in der Impfpflicht auch die Möglichkeit für Krankenhäuser, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. &bdquo;Die Bevölkerung lebt seit zwei Jahren mit massiven Einschränkungen. Insbesondere die Lockdowns haben Kinder und Jugendliche massiv belastet. All das wird mit dem Schutz der Krankenhäuser begründet, um eine Überlastung zu vermeiden. Nun ist die Zeit gekommen, dass die Kliniken der Bevölkerung danken, indem sie alles für den Schutz ihrer Patienten tun und sich impfen lassen.“Laut Rüter sollten sich ungeimpfte Mitarbeiter im Gesundheitswesen fragen, ob sie in dem Beruf richtig sind. Der Klinikchef hat deshalb all seine 82 ungeimpften Mitarbeiter mehrfach persönlich angeschrieben, um sie über die Einführung der Impflicht sowie die Folgen zu informieren, aber auch, um sie auf Impftermine hinzuweisen. &bdquo;Wir haben auch alle Kooperationsunternehmen informiert, denn auch für Handwerker und andere Berufsgruppen, die künftig noch in Kliniken arbeiten möchten, gilt die Impfpflicht.“"Niemand weiß, was im Herbst auf uns zukommt" Rüter hofft, dass die Einrichtungen im Gesundheitswesen in NRW ab dem 15. März zusammenstehen und die Impfpflicht konsequent anwenden werden. &bdquo;Das ist für jede Klinik wichtig, um den Patienten deutlich zu signalisieren, dass sie bestmöglich geschützt werden. Zudem weiß niemand, was im dritten Herbst der Pandemie auf uns zukommen wird.“ Sowohl Rüter, als auch Kreft hoffen deshalb, dass das Gesundheitsministerium möglichst schnell für Rechtssicherheit sorgt.Wann sie damit rechnen können, ist laut eines Ministeriumssprechers jedoch noch unklar. Fest steht bislang lediglich, dass Arbeitgeber im Gesundheitswesen ungeimpftes Personal an die Gesundheitsämter melden müssen, die dann jeden Fall prüfen müssen, bevor sie Tätigkeits- oder Betretungsverbote aussprechen können. Nach Angaben des Sprechers geht das Ministerium davon aus, dass mit Verboten nicht vor Sommer zu rechnen ist und bis zu einer Entscheidung ungeimpftes Personal weiter beschäftigt werden darf. Unklar bleibt jedoch nach wie vor, ob Arbeitgeber ungeimpfte Mitarbeiter freistellen dürfen.

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