Geriater warnen: Öffnung der Zusatzweiterbildung gefährdet Versorgungsqualität
DGG und Bundesverband Geriatrie kritisieren Ärztetags-Beschluss zur Geriatrie-Weiterbildung ohne fachärztliche Eingrenzung
Der Beschluss des 128. Deutschen Ärztetags, die Zusatzweiterbildung Geriatrie künftig ohne Begrenzung auf bestimmte fachärztliche Grundqualifikationen zu ermöglichen, stößt auf deutliche Kritik. Sowohl die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) als auch der Bundesverband Geriatrie warnen vor einer Aufweichung fachlicher Standards und einem drohenden Qualitätsverlust in der Versorgung hochaltriger, multimorbider Patient:innen.
Geriatrie braucht internistisch-neurologische Kompetenz
In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisieren die DGG-Präsidenten Prof. Markus Gosch, Prof. Michael Denkinger und Prof. Rainer Wirth insbesondere, dass künftig auch Fachärzt:innen für Orthopädie und Unfallchirurgie die Zusatzbezeichnung Geriatrie erwerben können sollen – ohne spezifisches Wissen aus Innerer Medizin, Neurologie, Allgemeinmedizin oder Psychiatrie. „Ein Basisfacharzt ohne diese Kernkompetenzen kann keine qualitativ hochwertige geriatrische Versorgung anbieten“, betonen die Experten. Die Entscheidung sei ohne Einbindung der Fachgesellschaften und Verbände getroffen worden.
Der Ärztetag begründete die Entscheidung mit dem zunehmenden Versorgungsbedarf geriatrischer Patient:innen, insbesondere im Bereich der Alterstraumatologie. Prognosen zufolge wird die Zahl der hüftgelenksnahen Frakturen bis 2032 auf etwa 250.000 Fälle pro Jahr steigen – fast doppelt so viele wie heute.
Die DGG widerspricht jedoch der Schlussfolgerung: „Die evidenzbasierte Geriatrie ist stets an internistisch oder neurologisch qualifizierte Ärzt:innen gebunden – oder an ein eigenständiges Fachgebiet Geriatrie, wie es international bereits existiert“, so Gosch.
Geriatrie ist Teamarbeit – kein Solofach
Besonderes Augenmerk legt die DGG auf die Teamstruktur geriatrischer Versorgung: In strukturierten, interdisziplinären geriatrischen Einheiten – etwa beim orthogeriatrischen Co-Management – würden nachweislich die besten Behandlungsergebnisse erzielt. Ein Alleingang durch Orthopäd:innen ohne geriatrische Grundausbildung laufe diesem Modell jedoch zuwider und könnte die Versorgung gefährden, warnt der Verband.