Lea Spormann

Seit geraumer Zeit ist es beschlossene Sache: Ab 2020 wird es die drei Ausbildungsberufe Kinderkrankenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger und Altenpfleger, so wie wir sie kennen nicht mehr geben. Statt dessen wird es eine generalisierte Ausbildung geben, die sich Pflegefachmann nennt.

Berufe sollen attraktiver werden

Der Grund für diese Entscheidung ist, das Pflegeberufe attraktiver gestaltet werden sollen, um den Fachkräftemangel nach und nach zu beheben. Die Ausbildung wird weiterhin drei Jahre dauern und 2100 Stunden Theorie und 2500 Stunden Praxis beinhalten. Das neue und attraktive an dieser Ausbildungsform ist, dass die Schüler sich nach der Ausbildung nicht nur für einen Pflegeberuf bewerben können, sonder für alle drei und damit auch schnell ihr Berufsfeld wechseln können. Wer jedoch schon weiß, dass er sich nur für einen Bereich interessiert, hat immer noch die Möglichkeit sich im dritten Lehrjahr für einen Fachbereich zu spezialisieren, sofern die Schule dies zulässt. Doch diese generalisierte Ausbildung bereitet vielen Einrichtungen noch Sorgen. Viele Kooperationen und schulische Umstellungen kommen auf sie zu und das in sehr kurzer Zeit.

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Arbeitsagentur sieht Vorteile

Dietmar Sink ist Berufsberater bei der Arbeitsagentur in Villingen-Schwenningen und steht dem neuen Ausbildungsberuf recht offen gegenüber. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass durch die breite Fächerung an Themen mehr Jugendliche Interesse an dem Beruf zeigen“, sagt er. Dennoch möchte er keine Prognose abgeben und denkt das man abwarten müsse, wie es sich tatsächlich entwickele. „Ich denke, dass ein breiteres Spektrum ist nie schlecht ist. Man muss auch mal über den Tellerrand hinausblicken“, sagt Sink. Seiner Meinung nach würde auch die Qualität der Pflege erhalten bleiben, da man das meiste sowieso erst nach der Ausbildung lernen würde.

 

Einer der ersten Patienten mit Zungenschrittmacher im Schwarzwald-Baar Klinikum: Michael Ottiger (links) aus Niedereschach kurz nach der ...
Einer der ersten Patienten mit Zungenschrittmacher im Schwarzwald-Baar Klinikum: Michael Ottiger (links) aus Niedereschach kurz nach der Operation mit PD Dr. med. habil. Christian Mozet (Mitte), Direktor der HNO-Klinik, und PD Dr. med. habil. Miloš Fischer (rechts), Leitender Oberarzt der HNO-Klinik. | Bild: Schwarzwald-Baar-Klinikum

Auch Arne Holthuis, Pflegedirektor im Schwarzwald-Baar Klinikum, ist ähnlicher Meinung wie der Berufsberater. Auch er glaubt, dass die breite Fächerung durchaus Vorteile mit sich bringt. „Momentan haben wir rund 50 Prozent an Bewerbern, die sich für die Kinderkrankenpflege bewerben. Doch diese können wir natürlich nicht alle annehmen“, erzählt er. Der Vorteil, den die generalistische Ausbildung bieten würde, wäre, dass das Klinikun mehr Schüler annehmen könnte, die sich dann später für diese Richtung entscheiden.

Sinkt der Qualitätsstandard?

Unsicher ist Holthuis jedoch, was die Qualitätssicherung des Pflegeberufes angeht. „Die Befürchtung, das die Qualität der Pflege durch die Breite aber weniger Tiefe Ausbildung sinkt, haben gerade viele, vor allem im Bereich der Kinderkrankenpflege. Ob die Qualität der Pflege erhalten bleiben wird, werden wir sehen, wenn wir es ausprobieren“, sagt Holthuis. Seiner Meinung nach liegt es da auch viel an den Einrichtungen, die die Schüler wirklich auffangen müssen und ihnen ein gutes Wissen ermöglichen können. Jochen Behret, der Schulleiter der Pflegeschule am Schwarzwald-Baar Klinikum ergänzt: „Wir wissen nicht, wie die Schüler die vielen Zweige vernetzen können und natürlich schwingt Sorge mit.“ Ob der neue Ausbildungsberuf den Fachkräftemangel behebt, können beide nicht sagen. „Alleinig wird das vermutlich nicht reichen, um mehr Jugendliche dafür zu interessieren, aber es ist ein wesentlicher Teil davon“, sagt Arne Holthuis.

Wenig Zeit zur Umstellung

Eine weitere Herausforderung wird vor allem sein, dass viel mehr Auszubildende an das Klinikum kommen werden. Da in der neuen Ausbildung insgesamt neun verschiedene Felder der Pflege abgedeckt werden müssen. Daher hat das Klinikum bereits jetzt 30 Kooperationen mit verschiedenen Einrichtungen in der Region begonnen, damit Auszubildende alle Arbeitsfelder wie beispielsweise in einer Psychiatrie oder Pflegeheim absolvieren können. „Im Krankenhaus führen wir die neue Ausbildung schon am 1. April 2020 ein, andere jedoch erst in Richtung Herbst“, erzählt Arne Holthuis. Doch die Zeit drängt, denn die Schulen und Einrichtungen haben nur anderthalb Jahre Zeit gehabt, sich auf die Umstellung einzustellen. „Wir haben recht wenig Zeit, um uns auf diese neue Ausbildungsart einzustellen“, empfindet er. Das Krankenhaus prüft derzeit, ob die Möglichkeit besteht, die Spezialisierung im Bereich Kinderkrankenpflege anzubieten. Den Zweig Altenpflege wird es dort nicht geben. „Wir durchleben gerade eine heftige Umstellung. Aber ich glaube: Wenn es fertig ist, wird es gut werden. Denn dadurch können wir den Jugendlichen mehr Flexibilität bieten“, sagt Jochen Behret.

„Der Beruf kann attraktiver werden“

Fünf Fragen an Beate Rodgers, Leiterin eines ambulanten Pflegedienstes in St. Georgen.

Beate Rodgers.
Beate Rodgers. | Bild: privat

Werden die Pflegeberufe durch die generalisierte Ausbildung attraktiver?

Ich denke schon, weil die Ausbildung vielseitiger wird. Die Auszubildenden lernen das gesamte Pflegegebiet kennen und nicht nur einen Teil davon. Es heißt ja dann auch Pflegefachmann/-frau.

Lässt sich der Fachkräftemangel mit der generalisierten Ausbildung beheben?

Die Ausbildung kann schon dazu beitragen, dass der Beruf insgesamt attraktiver wird. Das braucht allerdings Zeit und geht nicht von heute auf morgen.

Leidet die Qualität der Ausbildung durch die Generalisierung?

Es ist so, dass man in drei Jahren drei Bereiche erlernt. Zuvor waren es in drei Jahren nur ein Bereich. Da wird vielleicht das eine oder andere Gebiet oberflächlicher abgehandelt. Aber bisher gibt es weder genaue Lernpläne, noch eine Prüfungsordnung, die die genauen Inhalte beschreibt.

Welche Maßnahmen eignen sich, um den Pflegeberuf attraktiv zu machen?

Einerseits eine bessere Bezahlung. Viel wichtiger ist jedoch, genügend Fachkräfte zu haben, um verlässliche Dienstpläne zu schreiben und die Arbeitsbelastung gering zu halten.

Wie sieht die Situation auf dem Arbeitsmarkt derzeit aus?

Viel geändert hat sich noch nicht. Der Fachkräftemarkt ist leergefegt. Vor allem fehlen Fachkräfte, die wirklich kompetent und gut ausgebildet sind.

Fragen: Lea Spormann