1. Startseite
  2. Lokales
  3. Rotenburg / Bebra

Hersfeld-Rotenburg: Erstes Todesopfer der Personaluntergrenze in der Pflege?

KommentareDrucken

Gibt es ein erstes Todesopfer wegen des Personaluntergrenzen-Gesetzes für Kliniken? In Hersfeld-Rotenburg ist jetzt ein Schwerkranker im Rettungswagen gestorben, weil die nahegelegenen Kliniken die Stationen abgemeldet hatten.
Gibt es ein erstes Todesopfer wegen des Personaluntergrenzen-Gesetzes für Kliniken? In Hersfeld-Rotenburg ist jetzt ein Schwerkranker im Rettungswagen gestorben, weil die nahegelegenen Kliniken die Stationen abgemeldet hatten. © Nicolas Armer/dpa

Offenbar im Zusammenhang mit den neuen Pflegepersonaluntergrenzen in Krankenhäusern ist es im osthessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg zu einem Todesfall gekommen.

Update, 24.01.2020, 15.31 Uhr: Am Freitagnachmittag meldete sich die Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Hersfeld-Rotenburg, Elke Künholz, noch einmal in einer Pressemitteilung zu Wort und schrieb, dass sie bedauere, dass bei ihrer Rede ein falscher Eindruck entstanden sei.

„Im ländlichen Raum können die derzeitigen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen zu einer Verknappung der Ressourcen führen. Es besteht gerade im Bereich der Intensivmedizin eine besondere Herausforderung“, so Künholz. 

Hersfeld-Rotenburg: Wenn sich eine Klinikstation abmeldet, kann das zu Risiken führen

Wenn sich zum Beispiel eine Intensivstation einer Klinik abmelde und daher eine andere geeignete Klinik angefahren werden müsse, könne dies zu Risiken führen. „Es kann sein, dass in der von mir frei vorgetragenen Rede die Sachzusammenhänge nicht konkret genug voneinander abgegrenzt worden sind.“

Hersfeld-Rotenburg: Erste Kreisbeigeordnete wollte auf die knappen Intensivressourcen aufmerksam machen

Ihre Intention sei es gewesen, auf die knappen Intensivressourcen hinzuweisen. Einen konkreten Zusammenhang zwischen der Versorgungssituation und der Pflegepersonaluntergrenzenverordnung habe sie nicht herstellen wollen.

Update, 24.01.2020, 11.17 Uhr: Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg soll kürzlich ein Patient im Rettungswagen gestorben sein. Der Grund: Die nächstgelegenen Kliniken konnten den schwerkranken Mann nicht aufnehmen - die hatten an dem Tag die Personaluntergrenze nicht erfüllt und deshalb konnten die Stationen keinen weiteren Patienten aufnehmen. 

Von dem Vorfall berichtete die Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Hersfeld-Rotenburg, Elke Künholz, beim Neujahrsempfang in Alheim. 

Hersfeld-Rotenburg: Stationen abgemeldet - Schwerkranker Patient stirbt im Rettungswagen

Ein Rettungsarzt habe ihr berichtet, dass ein Schwerkranker im Rettungswagen gestorben sei. Die zuständigen Stationen der beiden nächstgelegenen Kliniken seien abgemeldet gewesen, da sie zu diesem Zeitpunkt die Personaluntergrenzen nicht erfüllen konnten. Auf dem Weg in eine weiter entfernte Klinik starb der Mann. Nähere Angaben machte Künholz nicht.

Aus der Kreisverwaltung heißt es auf Nachfrage, dass man dazu derzeit nichts sagen könne. Werner Hampe, Sprecher des Klinikums Hersfeld-Rotenburg, sagt: "Dazu kann ich nichts sagen."

Hersfeld-Rotenburg: Medizinischer Geschäftsführer mit heftiger Kritik an den Personaluntergrenzen

Dr. Tobias Hermann, medizinischer Geschäftsführer des Klinikums Hersfeld-Rotenburg, hatte noch in der vergangenen Woche davor gewarnt, dass die Untergrenzen Menschenleben gefährden könnten. Konkret bezeichnet er die Untergrenzen beim Personal als  "absurd".

Kritik: Personaluntergrenzen sind dem Patientenaufkommen nicht angepasst

Konkret bemängelte er, dass die Personaluntergrenzen für die Stationen starr seien und nicht dem tatsächlichen Patientenaufkommen angepasst werden könnten. „Wenn auf einer Station nach den Vorgaben drei Pflegekräfte anwesend sein müssen, ihre Patienten aber so fit sind, dass sie kaum Betreuung brauchen, und in einem anderen Bereich aber schwer kranke Menschen besonders viel Pflege benötigen, dürfen wir keinen der drei rüberschicken. Das ist absurd", sagte Hermann der HNA*.

Personaluntergrenzen gelten seit dem 01.01.2019 und wurden bereits verschärft

Seit dem 01.01.2019 müssen Krankenhäuser in Deutschland für die Unfallchirurgie, Intensivmedizin, Geriatrie und Kardiologie eine bestimmte Anzahl von Pflegekräften vorweisen. Seit diesem Jahr sind die Vorgaben für die vier Bereiche verschärft geworden und vier neue dazugekommen: Herzchirurgie, Neurologie sowie neurologische Schlaganfalleinheit und neurologische Frührehabilitation.

Die Vorgaben führten laut Hermann wegen des Fachkräftemangels dazu, dass Krankenhäuser erst Betten abmelden und dann Abteilungen schließen müssten.

Personaluntergrenzen - so erklärte Bundesgesundheitsminister Spahn damals das Gesetz

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, auf dessen Initiative das Gesetz in Gang kam, beklagte im Sommer in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (DPA) das Scheitern der Verhandlungen zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen. 

Die waren von der Bundesregierung beauftragt, eine Mindestausstattung für pflegeintensive Klinikbereiche auszuhandeln. „Dieses Versagen der Selbstverwaltung erfordert unser Handeln zum Schutz der Patienten und Pflegekräfte“, erklärte Spahn damals der DPA.

*hna.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digtal-Redaktionsnetzwerkes.

Auch interessant

Kommentare