Hannover - Ende Juni will der Landtag das Niedersächsische Krankenhausgesetzes beschließen. Nach Angaben der Regierungfraktionen SPD und CDU handelt es sich um das „bundesweit modernste Krankenhausgesetz“. Es stelle die Weichen für eine landesweit gleichwertige Versorgungsqualität, auskömmliche Personalausstattung und effiziente Nutzung von Ressourcen. Nach Angaben von Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) werden damit die Vorschläge der Enquetekommission zur Sicherheit der ambulanten und stationären Versorgung in Niedersachsen „eins zu eins“ umgesetzt.
Was sind die wichtigsten Punkte des Gesetzes ?
Niedersachsens KrankenhausLandschaft soll künftig in acht Versorgungsregionen gegliedert werden: Nord, Nordwest, Oldenburg, Osnabrück, Lüneburg, Hannover, Braunschweig und Süd. Die Krankenhäuser gliedern sich künftig je nach Leistungsstruktur in die drei Versorgungsstufen Grund- und Regelversorgung, Schwerpunktkliniken und Maximalversorger. Unabhängig davon soll es auch Fachkrankenhäuser, etwa für Jugendpsychiatrie, geben. Die Grundversorger sollen für jeden Patienten innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein, etwa bei medizinischen Notfällen. Für die Schwerpunktversorger, zu denen auch Fachabteilungen wie Kardiologie und Geburtshilfe zählen sollen, ist eine Erreichbarkeit von 45 Minuten vorgesehen. Die Maximalversorger sollen mindestens 600 Betten vorhalten.
Wird es zur Schließung von Kliniken kommen ?
Nein, sagt Ministerin Behrens. Denn die Träger seien meist Kommunen, Stiftungen oder Gesellschaften – und nicht das Land. Mit Georgsheil (Kreis Aurich), Soltau/Walsrode und Diepholz entstehen gerade drei neue Zentralkliniken, für die hohe Millionenbeträge fällig werden. Dem Land geht es laut Behrens um eine bessere Vernetzung der Kliniken und eine fachgerechte Versorgung. Aktuell hat Niedersachsen 169 Krankenhäuser mit insgesamt rund 40 000 Betten. Dagegen sagte der CDU-Sozialpolitiker Volker Meyer noch im Januar, 30 bis 40 Krankenhäuser in Niedersachsen stünden vor der Schließung.
Werden ländliche Regionen abgehängt ?
Das Land will die ambulante und stationäre Versorgung besser verzahnen. Im Gesetz steht eine Klausel, um „Regionale Gesundheitszentren“ in strukturschwachen Regionen einrichten zu können. Dort soll es Fachärzte und Betten für stationäre Aufenthalte von wenigen Tagen geben. Nach Informationen dieser Zeitung sind bereits die Standorte Ankum (Kreis Osnabrück) und Bad Gandersheim (Kreis Northeim) im Gespräch. Pikant: Der SPD-Gesundheitsexperte Uwe Schwarz ist in der Region Landtagsabgeordneter; seine Frau Franziska Schwarz ist Bürgermeisterin von Bad Gandersheim. Für die Start der regionalen Zentren will das Land zwei Millionen Euro bereitstellen.
Was ändert sich noch mit dem neuen Gesetz ?
Erstmals hat das Land laut Behrens offiziell die Aufsicht für die Krankenhäuser. Zudem sind alle Kliniken verpflichtet, am „Ivena“-Programm teilzunehmen. Das System zeigt die Behandlungs- und Bettenkapazitäten der regionalen Krankenhäuser an. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen Rettungsdienst und den weiterversorgenden Kliniken zu verbessern und damit Zeitverzögerungen während der Behandlung von Notfallpatienten zu minimieren. Zum Hintergrund: Während der Pandemie hatten sich viele Kliniken bei „Ivena“ abgemeldet. Außerdem muss jedes Krankenhaus künftig einen „Demenz-Beauftragten“ benennen.
Wie bewerten Fachleute das Krankenhausgesetz ?
Von einem „interessanten, guten Gesetz“ spricht Prof. Dr. Volker Amelung, Professor für internationale Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Er mahnt, stärker die Perspektive der Patienten zu berücksichtigen, die die Trennung von ambulantem und stationären Bereich für überholt halten. Als Treiber des Strukturwandels im Gesundheitswesens bezeichnet Amelung unter anderem die Qualität, den Personalmangel und das „grüne“ Hospital. Künftig würde es mehr Patienten geben, die gleichzeitig unter mehreren Krankheiten litten. Darauf müssten Klinikstrukturen abgestellt sein.